Eine Schüssel mit Kürbissuppe ist mit gerösteten Mehlwürmern dekoriert. Neben dem Teller stehen weitere Schälchen mit essbaren Insekten.

Heuschrecken, Grillen, Würmer & Co.

Insekten essen: Nachhaltiges Protein für Menschen und Tiere?

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AUTOR/IN
Karolin Huhn
ONLINEFASSUNG
Anna Macho

Sind Heuschrecken und Maden essbar? Und können die Insekten anstelle von Soja als Tierfutter für Schweine und Geflügel eingesetzt werden? 

Insekten als proteinhaltiges Lebensmittel
Im Handel kaum auffindbar  
Insekten oder Soja: Welches Futter für Nutztiere ist nachhaltiger?
Die Sache mit der Energie
Insektenzucht in Deutschland
So werden Insekten in der Farm gezüchtet
Tierschutz bei Insekten 

Insekten als proteinhaltiges Lebensmittel

Tatsächlich gehören Insekten für etwa zwei Milliarden Menschen weltweit zum alltäglichen Speiseplan. Insekten enthalten zwischen 35 und 61 Prozent Protein. Wesentlich mehr also als in Rind, Schwein oder Geflügel mit 20 bis 25 Prozent Protein steckt. Zudem sind Insekten eine gute Quelle für Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine und wichtige Mineralstoffe. Rund 2.000 essbare Insektenarten gibt es insgesamt. Aktuell sind in der EU allerdings nur vier zugelassen: Mehlkäfer, Hausgrillen, Wanderheuschecken und Buffalowürmer. Enthält ein Produkt Insekten, muss das klar in der Inhaltsstoffliste gekennzeichnet sein.

Im Handel kaum auffindbar  

Insektenprodukte im Handel zu finden ist allerdings schwierig. Im Internet ist die Auswahl an Lebensmitteln aus Insekten größer und es gibt auch deutsche Hersteller. Hinzukommt, dass die essbaren Insekten ziemlich teuer sind: So kostet beispielsweise eine 90 g Packung Insekten im Angebot 22,90 Euro.  

In Europa ekeln wir uns noch vor Insekten auf unseren Tellern: Nur jeder fünfte Deutsche würde die Krabbeltiere probieren. Ein Essen der Zukunft sind Insekten bei uns also noch lange nicht.  

Eine Nahaufnahme zeigt einen Taco mit Guacamole und gerösteten Insekten. Im Hintergrund sind Salat und Tomaten für die weitere Füllung zu sehen.
Für etwa 2 Milliarden Menschen weltweit, zum Beispiel in Thailand, Mexiko und Nigaeria, gehören Insekten zum alltäglichen Speiseplan.

Insekten oder Soja: Welches Futter für Nutztiere ist nachhaltiger?

Als Futter für Schweine und Geflügel haben Insekten allerdings Potential - vor allem Umwelt und Klima würden profitieren. 

"Aus meiner Perspektive sind Insekten als Futter für Nutztiere nachhaltig."

Denn: Der Platzbedarf bei der Insektenzucht ist wesentlich geringer als der bei Sojapflanzen. Fast 97 Prozent Ackerfläche pro erzeugtem Kilogramm Protein könnte man einsparen, wenn man Soja durch Insekten ersetzen würde. Auch der Wasserverbrauch würde sich stark verringern: Rund zehn Liter Wasser benötigt die Produktion eines Kilogramms Soja. Ein Kilo Insekten benötigt nur einen Liter Wasser. In Europa sind bisher Soldatenfliegen, Stubenfliegen, Getreideschimmelkäfer, Heimchen, Kurzflügelgrillen, Steppengrillen und Seidenspinner als Tierfutter zugelassen.

Die Sache mit der Energie

Sowohl in der Insektenzucht als auch in der Sojaproduktion muss viel Energie eingesetzt werden. Tierfutter aus Soja entsteht als Nebenprodukt bei der Verarbeitung der Sojabohnen zu Öl. Dafür müssen die Bohnen zerkleinert, erhitzt und gepresst werden. Die Insekten brauchen dafür viel Wärme, um sich fortpflanzen zu können, später müssen sie getrocknet werden. Beim Energieverbrauch schneiden Insekten also nicht besser ab als Soja. Trotzdem ist der CO2-Fußabdruck der Insekten deutlich kleiner. Die Produktion von einem Kilo Insektenprotein spart, im Vergleich zu einem Kilo Sojaprotein, rund 3.800 kg CO2 ein. Verfüttern wir Insektenprotein anstatt Sojaprotein, würde sich auch der ökologische Fußabdruck unseres Geflügel- und Schweinefleisches verkleinern. Doch im Moment ist Insektenmehl als Tierfutter noch sehr teuer: Es kostet fast 5 Euro mehr pro Kilo als Sojaschrot.

Insektenzucht in Deutschland

In Deutschland sind Insekten seit 2021 im Nutztierfutter erlaubt. Das meiste Insektenprotein stammt zurzeit aus den Niederlanden und Frankreich. Die Produktion in Deutschland steht noch am Anfang. Bisher sind nur zwei Zuchtbetriebe für Insekten in Deutschland zugelassen. In Pegau in Sachsen steht eine der größten Insektenfarmen in Deutschland, Madebymade. Auf der Farm von Madebymade gibt es über 3 Millionen Insekten, die als Larven verkauft oder zu Proteinmehl weiterverarbeitet werden. Hauptsächlich werden die Insekten als Futter für Haustiere genutzt.  

"Madebymade produziert tatsächlich momentan hauptsächlich für die Pet Food Industry. Grundlegend ist das Produkt allerdings auch für die Nutztiere geeignet."

Die Produktion der Insekten sei für Haus- und Nutztiere dieselbe, erklärt Kai Hempel. Soll das Futter aus Insekten an Nutztiere verfüttert werden, brauche man aber eine andere Zulassung als für Haustiere. Diese sei schwerer zu bekommen. 

"Auch wenn es europaweit bei sieben Insektenspezies eine Zulassung für Nutztierfutter gibt, ist es trotzdem auf Länderebene schwierig jemanden aus der Behörde zu finden, der der Zulassung zustimmt."

In Deutschland sind die einzelnen Bundesländer für die Zulassungen verantwortlich. Der Zulassungsprozess ist langwierig, denn die Politik ist noch sehr vorsichtig Insekten als Futtermittel für Nutztiere zu genehmigen. 

Übrigens: Ein offizielles Bio-Siegel für die Insektenzucht gibt es in Deutschland noch nicht. Der Bioverband Naturland hat 2022 aber Richtlinien zur ökologischen Zucht herausgegeben. 

So werden Insekten in der Farm gezüchtet

Besonders eignet sich die schwarze Soldatenfliege als Tierfutter. Zu Insektenmehl verarbeitet, enthält sie etwa 56 g Protein. Zum Vergleich: Soja kommt auf 45 g. In sogenannten Fliegen-Containern leben die Insekten in Schwärmen und Paaren sich. Lockstoffe an den Netzen führen die Fliegen zu ihren Eiablagen. Rund 400 bis 800 Eier legt jede weibliche Fliege ab, bevor sie stirbt. Damit sich die Fliegen wohl fühlen, muss die Temperatur in den Containern bei 30 Grad Celsius liegen.

Ein Aufzucht-Raum für die Schwarze Soldatenfliegen in der Insekten-Farm Madebymade von innen: Links und rechts stapeln sich Kisten mit Insekten unter warmem Rotlicht. Die Soldatenfliegen schwirren durch den Raum.
Ein Aufzucht-Raum für die Schwarze Soldatenfliegen in der Insekten-Farm Madebymade von innen.

Die Larven der Soldatenfliege brauchen fünf Tage, um zu schlüpfen. Das passiert in eigens entwickelten Eiablagen. In der Mast bekommen die Larven einen Brei aus Resten von Obst, Gemüse oder altem Brot. Hauptsächlich Reststoffe von lebensmittelproduzierenden Unternehmen, erklärt der Geschäftsführer von Madebymade, Kai Hempel. Das Besondere an Insekten im Vergleich zu anderen Tieren: Um ein Kilo Körpermasse aufzubauen, brauchen sie nur zwei Kilo Futter. Ein Schwein braucht das Vierfache seiner Körpermasse.

Ein Mitarbeiter der Insektenfarm Madebymade hält abgestorbene Larven der schwarzen Soldatenfliege als Tierfutter in der Hand.
Abgestorbene Larven der Schwarzen Soldatenfliege werden in der Insekten-Farm Madebymade zu Insektenmehl für Tierfutter weiterverarbeitet.

Nach acht bis zehn Tagen trennt ein Sieb die gemästeten Maden von ihren Ausscheidungen. Der pulvrige Kot wird als Naturdünger verkauft. Drei bis vier Tonnen Larven können hier täglich zu 1,5 Tonnen Insekten-Mehl weiterverarbeitet werden. Um alle Nutztiere in Deutschland mit Insektenprotein zu versorgen, bräuchte man über 8.000 Tonnen Insekten-Mehl. 

Tierschutz bei Insekten 

Ein Tierschutzgesetzt für Insekten gibt es noch nicht. Und bisher auch nur wenige Vorschriften, wie die Insekten gehalten werden müssen. Für die Tötung der Tiere gibt es aber eine Vorgabe: Sie muss mittels Temperaturschock erfolgen. Das kommt dem Tod in der Natur am nächsten. In der Insektenfarm von Madebymade sterben die Larven in etwas unter zehn Minuten in einem großen Ofen bei etwa 100 Grad Celsius. Laut derzeitigem Forschungsstand haben Insekten ein anderes Schmerz- oder Leidempfinden als Säugetiere. Ob das, was im Nervensystem von Insekten passiert, mit dem menschlichen Verständnis von Schmerz vergleichbar ist, lässt sich derzeit aber noch nicht beantworten, daran wird aktuell noch geforscht. 

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