Virtuelle Spuren im Internet

Wie im Todesfall der digitale Nachlass geregelt wird

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Profile bei Facebook und Co., abgeschlossene Abos bei Online-Zeitungen oder die letzte Bestellung vom Online-Versandhändler: Was passiert mit all den Daten und Verträgen im Internet, wenn man stirbt?

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In der realen Welt regelt meist ein Testament die letzten Angelegenheiten. Im Internet sind die Gesetze nicht ganz so klar. Aber auch hier gibt es inzwischen einen Weg, so etwas Ähnliches wie ein Testament zu erstellen, den digitalen Nachlass.  

Von Onlinebanking bis Zeitungsabo – ein Überblick ist wichtig 

Alles, was man jemals im Netz erstellt oder abgeschlossen hat, gehört zum digitalen Nachlass. Und um den sollte man sich schon zu Lebzeiten kümmern. Für die Hinterbliebenen wird es sonst schwierig, die digitalen Spuren des Verstorbenen nachzuvollziehen.

Jennifer Kaiser von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz (Foto: SWR)
Beim digitalen Nachlass geht es um Geld, weiß Jennifer Kaiser von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

"Es ist natürlich besser für die Erben, dass sie sich gerade bei den Dauerschuldverhältnissen darum kümmern, dass die rechtzeitig aufgelöst werden, weil sie ja sonst in die Rechnungspflichten aus diesem Vertrag eintreten. Das heißt, die  Erben sind auch dafür verantwortlich, dass die monatlichen Zahlungen weiter geleistet werden."

Auch deshalb ist es wichtig, sich schon zu Lebzeiten einen Überblick über alle Onlineaktivitäten zu machen. Dabei kann ein Blick ins Email-Postfach helfen. Denn: Wer sich online irgendwo anmeldet, ein Abo abschließt oder etwas kauft, hinterlegt in der Regel seine Email-Adresse beim jeweiligen Vertragspartner. Für die Regelung des digitalen Nachlasses ist das praktisch, denn so kann man im Postfach sehen, mit welchen Vertragspartnern man schon Kontakt hatte.

Es lohnt sich, dabei auch in gelöschte, gesendete und ältere Mails zu schauen und den Spam-Ordner zu öffnen. Dort können sich noch alte Verträge verstecken, die man eventuell vergessen hat.   

Den digitalen Nachlass richtig angehen 

Wenn man sich einen Überblick verschafft hat, sollte man alle gefundenen Konten, Verträge, Abos, Daten, etc. in eine Liste eintragen - mit Anmeldedaten und Passwort. Auch die Zugänge zu allen Email-Konten sollten auf die Liste.

"Die Liste sollte dann an einem sicheren Ort verwahrt werden, weil da höchst sensible Daten hinterlegt sind. Alle Zugangsdaten zu allen Onlinekonten sind da hinterlegt. Es empfiehlt sich hier ein Tresor oder ein Bankschließfach. Und ich muss natürlich die Person, die ich mit meinem digitalen Nachlass bevollmächtigen möchte, natürlich informieren, wo sie die gut versteckte Liste dann auch findet."

Zudem sollte man auf der Liste festhalten, was mit den Konten, Daten und Verträgen passieren soll. So kann man Fotos und Dateien zum Beispiel auch an ganz bestimmte Personen vererben.

Laptop-Bildschirm mit einem Facebook-Account (Foto: SWR)
Soziale Netzwerke wie Facebook bieten an, die Accounts eines Verstorbenen auf einen sogenannten "Gedenkaccount" umzustellen.

Auch diesen Wunsch kann man im digitalen Nachlass festhalten: auf der Facebookseite des Toten erscheint bei einem Gedenkaccout Geburts- und Todesdatum und es ist nicht mehr möglich, etwas auf der Seite zu posten.

Sonderregelungen bestehen bei digital erworbenen Büchern, Filmen oder Videospielen – die kann man nämlich nicht so einfach wie ihre analogen Gegenstücke weitervererben. In der Regel bezahlt man beim Kauf eines digitalen Produkts nur für das Nutzungsrecht für sich selbst. Dieses Recht verfällt mit dem Tod. Sollten die Angehörigen die Zugangsdaten für digital erworbene Bücher und Filme haben, können sie sie abrufen. Dem Hersteller ist es aber freigestellt, diesen Zugang zu sperren.

 Der digitale Nachlassverwalter – eine Vertrauensperson 

Neben einem Dokument, das Konten, Passwörter, etc. auflistet, wird noch ein digitaler Nachlassverwalter benötigt. Das sollte eine Vertrauensperson sein. Der digitale Nachlassverwalter muss wissen, wo er die Liste mit den Zugangsdaten findet. Zudem benötigt er eine eigenhändig unterschriebene Vollmacht.

Hierbei ist entscheidend: Die Vollmacht muss über den Tod hinaus gelten. Nur dann hat der digitale Nachlassverwalter die Möglichkeit, sich auch nach dem Ableben um alles zu kümmern. Die Vollmacht kann übrigens zu Lebzeiten auch jederzeit widerrufen werden, sollte sich die Vertrauensperson ändern.   

Wenn der digitale Nachlass nicht geregelt ist, haben Angehörige Probleme 

Wenn der digitale Nachlass nicht zu Lebzeiten des Verstorbenen geregelt wurde, sollten sich Angehörige als erstes um laufende Online-Verträge und Bestellungen kümmern. Denn: Wie im realen Leben werden auch im digitalen alle Schulden des Verstorbenen an die Erben weitervererbt. Wenn Abos und Verträge dann weit über den Tod hinaus weiter bestehen, kann das für diese teuer werden.  

Email-Konten werden in der Regel nach einigen Jahren Untätigkeit vom Anbieter gelöscht. Wenn Angehörige hierzu jedoch Zugangsdaten vorliegen, kann dies schneller geschehen und auch eventuell wichtige Informationen aus den Postfächern von den Erben gesichtert werden.

Viele Menschen haben zudem eine Menge Fotos und Videos virtuell gespeichert. Für die Hinterbliebenen könnten das ja schöne Erinnerungen sein. Es lohnt sich also, auch über diese Art von Daten und deren Verbleib nach dem Tod nachzudenken bzw. auch hier die Zugänge für die Hinterbliebenen zu sichern.

Oft zahlt man für einen Speicherplatz in einer sogenannten "Cloud". Werden über längere Zeit keine Zahlungen geleistet, werden alle gespeicherten Daten gelöscht. 

Herr bleiben über die eigenen Daten

Nicht nur im realen Leben, auch im digitalen gilt: Vorsorge bereits zu Lebzeiten entlastet im Todesfall die Angehörigen. Und wer seinen digitalen Nachlass selbst regelt, kann sich sicher sein, dass seine Daten nicht in falsche Hände geraten.

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SWR Fernsehen