Unfälle, Entlaufen, Ruhestörung

Schäden und Lärm durch Tiere – wer haftet?

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Angelika Scheffler-Ronen
Sola Hülsewig

Die Milchkuh reißt aus und verursacht einen Unfall, die Katze zerkratzt das Parkett, der Wachhund bellt ständig: Die wichtigsten Haftungsfragen.

Wer haftet, wenn durch Tiere ein Unfall passiert?

Für Schäden, die durch ein Tier verursacht werden, haftet im Regelfall der Halter – und das sogar, wenn ihn gar keine Schuld trifft. Das Gesetzt geht davon aus, dass Tiere unberechenbar sind und deshalb eine Gefahr darstellen: Es gilt die sogenannte Gefährdungshaftung.

So muss laut einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Az.: 19 U 96/12) eine Hundehalterin für den Schaden haften, den ihr schlafender Hund verursacht hatte. Eine Frau stürzte über das Tier, das im Eingang eines Geschäfts lag und verletzte sich am Knie.

Im Raum Tübingen lief ein großer Hund plötzlich über einen Feldweg – eine Radfahrerin legte daraufhin eine Vollbremsung ein, stürzte und erlitt eine komplizierte und langwierige Knieverletzung. Obwohl nicht klar ist, ob sich Hund und Radfahrerin überhaupt berührten, sah das Landgericht Tübingen den Hund eindeutig als Ursache des Sturzes an; zudem habe Leinenpflicht bestanden. Der Hundehalter muss den gesamten Schaden zahlen, urteilte das Gericht (Az. 5 O 218/14).

Wer haftet, wenn Dritte das Tier hüten?

Auch wenn ein Dritter im Rahmen einer Gefälligkeit auf mein Haustier aufpasst und dieses einen Schaden verursacht, hafte ich als Halter – zumindest in den meisten Fällen. Unter gewissen Umständen kann jedoch auch der Tierhüter in der Pflicht sein, beispielsweise, wenn der Halter keine Tierhalterhaftpflichtversicherung abgeschlossen hat und der Hüter das Tier regelmäßig oder über einen langen Zeitraum betreut – sogar, wenn er dafür kein Geld bekommt. Auch der Tierhüter sollte sich deshalb um eine private Haftpflichtversicherung kümmern, die solche Schäden abdeckt. Auch wenn dem Tier selbst etwas zustößt sollte das von der Privathaftpflicht abgedeckt sein.

Wenn es sich um einen professionellen Tierbetreuer handelt, der für seine Dienstleistung bezahlt wird, sollte er sich um eine entsprechende Berufshaftpflichtversicherung kümmern.

Schäden durch Katzen und andere Kleintiere: Was zahlt die Haftpflichtversicherung?

Die private Haftpflichtversicherung übernimmt in der Regel Schäden, die durch Kleintiere, wie Katzen, Meerschweinchen oder Kaninchen entstehen – beispielsweise, wenn das Tier jemanden beißt.

Lesen Sie hier, worauf Sie bei Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung achten sollten.

Weißes Pferd rennt am Waldrand entlang. Wer haftet, wenn ein Haustier oder Nutztier einen Unfall verursacht oder ausreißt? (Foto: Unsplash/Helena Lopes)
Bei größeren Tieren zahlt die private Haftpflichtversicherung in der Regel nicht, hier empfielt sich eine Tierhalterhaftpflichtversicherung.

Wann brauche ich eine Tierhalterhaftpflichtversicherung?

Für größere Tiere, wie Hunde oder Pferde, braucht man eine spezielle Tierhalterhaftpflichtversicherung – die „normale“ Haftpflichtversicherung übernimmt entstandene Schäden in der Regel nur bei Kleintieren. Tierhalterhaftpflichtversicherungen gibt es schon für unter 50 Euro im Jahr. Für Hunde sind sie in manchen Bundesländern sogar Pflicht; im Südwesten nur bei als gefährlich eingestuften Kampfhunderassen.

Experten raten in jedem Fall zum Abschluss einer solchen Versicherung, auch wenn sie nicht vorgeschrieben ist.

Was übernimmt die Tierhalterhaftpflichtversicherung nicht?

Bei entlaufenen Hunden rücken manchmal Polizei und Feuerwehr aus. Die Einsatzkosten sind in der Regel nicht in der Versicherung inbegriffen.

Ein Ausschlussgrund ist außerdem, wenn der Hundehalter selbst oder Angehörige gebissen werden – die Versicherung zahlt nur die Ansprüche Dritter.

Auch bei vorsätzlichem Handeln zahlt die Tierhaftpflicht nicht: Hetzt jemand seinen Hund absichtlich auf mich, ist dies eine Straftat.

Schäden durch Tiere in der Mietwohnung

Wer muss zahlen, wenn beispielsweise der Hund das Parkett zerkratzt oder die Katze ihre Krallen am Treppengeländer wetzt? Der Knackpunkt bei dieser Frage ist, ob es sich bei den Schäden noch um eine vertragsgemäße Nutzung der Wohnung handelt. Der Vermieter kann nicht verlangen, dass die Wohnung nach mehreren Jahren noch aussieht, wie frisch renoviert; „normale“ Abnutzungsspuren sind hinzunehmen. Der Mieter sollte die Wohnung jedoch sorgfältig behandeln und im Rahmen seiner Möglichkeiten Schäden vorbeugen, beispielsweise, indem er Teppiche auslegt.

Vermieter – sofern sie Haustiere im Objekt erlauben – sollten ihre Mieter dazu verpflichten, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, die Schäden durch Haustiere abdeckt.

Mann auf Sofa hält sich die Ohren zu. Lärm durch Haustiere - was tun, wenn Tiere zu laut sind? (Foto: Colourbox)
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Wer haftet bei Schäden durch Nutztiere?

Wer für die Ausübung seines Berufs Nutztiere hält, haftet bei Schäden nur, wenn er seine Sorgfaltspflichten verletzt hat. Die Gefährdungshaftung gilt hier nicht.

Dennoch haben die meisten Betriebe mit Tieren eine Betriebshaftpflichtversicherung, die auch Schäden durch Nutztiere einschließt.

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Lärm durch Tiere – was ist zulässig?

Der Bundesgerichtshof hat sich mit einem Fall beschäftigt, in dem wiehernde und gegen die Stallwand tretende Pferde eine Nachbarin derart störten, dass sie nicht schlafen konnte. Obwohl die Dezibel-Grenzwerte nicht überschritten wurden, muss die Pferdehalterin laut Urteil dafür sorgen, dass der Lärm aufhört (BGH, Urt. v. 27.11.2020, Az. V ZR 121/19).

Der Grund: Das Gericht hat befunden, dass die Pferdehalterin mit der Errichtung eines offenen Stalles der gebotenen nachbarlichen Rücksichtnahme nicht nachgekommen sei. Grenzwerte sind außerdem nur durchschnittliche Richtwerte. Auch laute Einzelgeräusche können in erheblichem Maße störend sein. Wie groß die Belastung tatsächlich ist, muss im Einzelfall individuell ermittelt und entschieden werden.

Lärmbelästigung durch Hundegebell

Ein Fallbeispiel: Der Wachhund eines Autohändlers bellt ständig in der Nacht, weswegen eine Nachbarin nicht schlafen kann. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat entschieden, dass der Hund nachts so gehalten werden muss, dass sein Bellen die Nachbarin nicht stört (zum Beispiel im Gebäude). Dass das Tier als Wachhund gehalten wird, spiele keine Rolle, schließlich könne der Halter eine Alarmanlage installieren (8 K 3784/13).

Wie oft und wie lange darf ein Hund bellen?

Hierzu gibt es verschiedene Gerichtsurteile, die sich je nach Region unterscheiden. Als grober Richtwert gilt: Hund dürfen insgesamt nicht länger als 30 Minuten am Tag und nicht länger als 10 Minuten am Stück bellen. Mittags, abends und am Wochenende gibt es oft zusätzliche Ruhezeiten.

Lärm durch Tiere: Was kann ich tun, wenn ich mich gestört fühle?

Bei groben Verstößen gegen Ruhevorschriften kann die Polizei Bußgelder verhängen. Wer das Gefühl hat, Grenzwerte werden überschritten, kann bei der Gemeinde eine Lautstärke-Messung beantragen.

Auch mittels diverser Apps fürs Smartphone kann man messen, ob der Lärm die Dezibel-Grenzwerte überschreitet. Es ist in jedem Fall sinnvoll, ein Lärmprotokoll zu erstellen, um im Streitfall Indizien liefern zu können.

Als Mieter kann ich bei andauernden Lärm-Beeinträchtigungen möglicherweise die Miete mindern. Davor sollte der Mieter sich rechtlich beraten lassen.

Lesen Sie hier mehr zum Thema Lärmbelästigung durch Nachbarn und wie man sich wehren kann.

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