Tchibo-Logo leuchtet im Dunkeln. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance I Patrick Seeger)

Marktcheck checkt Tchibo

Tchibo: Wie gut sind Kaffee & Non-Food-Artikel?

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AUTOR/IN
Moritz Hartnagel
ONLINEFASSUNG
Margareta Holzreiter

Tchibo hat es vom Kaffeeverkäufer zu einem der größten deutschen Konsumgüterunternehmen gebracht. Doch wie gut sind Produkte und Arbeitsbedingungen?

Tchibo wirbt mit dem Slogan „Jede Woche eine neue Welt“. Und tatsächlich versucht Tchibo, die Kundschaft wöchentlich mit einem neuen Sortiment zu überraschen. Wir stellen Kaffeeprodukte und Non-Food-Artikel auf den Prüfstand.

Wir checken Tchibo in vier Kategorien:

Check 1: Wie gut ist die Qualität von Kaffee & Co?

Tchibos Textilien sind beliebt und auch für das große Angebot an teils skurrilen Non-Food-Produkten wie Bananenschneidern oder Butterstempeln ist das Hamburger Unternehmen bekannt. Aber wie steht es um die Qualität des Kernprodukts Kaffee?

Kaffee: Hebt Tchibo sich geschmacklich hervor?

Der Verkaufsschlager von Tchibo ist die „Feine Milde“. Kann die sich bei einer Blindverkostung gegen die Konkurrenz durchsetzen? Wir lassen folgende fünf milde, gemahlene Kaffees (Preise: Stand August 2022) antreten:

  • Tchibo Feine Milde, 6,99€ / Pfund
  • Jacobs Auslese Mild & Sanft, 5,79€ / Pfund
  • Dallmayr prodomo naturmild, 7,99€ / Pfund
  • Lidl bellarom Fein und mild, 4,59€ / Pfund
  • Bio Gepa Organico, 10,99€ / Pfund
Kaffeepackung der Sorte Feine Milde von Tchibo. (Foto: SWR)
Die Feine Milde ist Tchibos bekannteste Kaffeesorte.

Alle fünf Kaffees bereiten wir mit einer French Press zu. Verkosten lassen wir die Kaffees von zwei Kaffee-Experten: Michael Gliss, Deutschlands erstem Diplom-Kaffeesommelier, und Nana Holthaus-Vehse, Meister Barista aus München. Komplettiert wird die Runde durch Marjam Faravash – sie trinkt schon seit Jahren Tchibo-Kaffee. Ob ihr der Kaffee auch in einer Blindverkostung am besten schmeckt?

Am wenigsten überzeugt waren unsere Kaffee-Trinker von Dallmayr und Lidl. Etwas besser schnitten der Jacobs-Kaffee und der Bio-Kaffee ab. Klarer Favorit der Runde ist Tchibo. Und auch Tchibo-Fan Marjam Faravash hat den Tchibo-Kaffee zielsicher als ihren Lieblingskaffee identifiziert.

Barista macht mit Milchschaum ein Muster auf dem Kaffee. (Foto: SWR)
Der Kaffee von Tchibo konnte in der Blindverkostung überzeugen.

Non-Food-Artikel: Lohnt sich der Kauf?

Tchibo hat neben Kaffee auch diverse – oft originelle bis skurrile – Non-Food-Artikel im Programm, zur Zeit unserer Dreharbeiten 2021 vor allem Reiseartikel. Wir lassen vier Produkte von einer Familie im Camping-Urlaub ausprobieren:

  • Fliegenwedler, 9,99€
  • Sonnenliege, 119€
  • Fahrbarer Tischkicker mit Kühlbox, 229€
  • WLAN to go Router, 39,99€
Ein Tischkicker steht auf der Wiese. (Foto: SWR)
Der Tchibo-Tischkicker verfügt über ein integriertes Getränkekühlfach.

Der Fliegenwedler ist ein batteriebetriebener Tisch-Ventilator, der Wespen und Mücken beim Essen vertreiben soll. Unsere Testfamilie hat das Gerät eine knappe Woche lang in ihrem Campingurlaub ausprobiert und sagt, das Gerät habe tatsächlich Insekten verscheucht, der Fliegenwedler sei außerdem leise und robust – es sei aber kein Gerät, das man unbedingt bräuchte.

Die Liege mit verstellbarem Sonnendach und Fußablage hat der Familie sehr gut gefallen. Auch mit den turnenden Kindern habe sie sich als robust erwiesen. Der fahrbare Tischkicker hat im Inneren eine Box, in der man Getränke mit Eiswürfeln kühlen kann, sowie einen Flaschenöffner. Die Testfamilie meinte dazu, der Kicker sei ein nettes Gimmick, allerdings mit 229€ etwas überteuert.

Der WLAN to go Router wird von Tchibo speziell für den Campingurlaub beworben – zum Beispiel, um die Kinder via WLAN bei Regenwetter mit Filmen zu unterhalten. Das habe auch gut funktioniert, nur die versprochene Schnelleinrichtung habe mit anderthalb Stunden länger gedauert als erwartet. Das lag aber vor allem daran, dass die SIM-Karte im Router über einen Videocall freigeschaltet werden musste, was sich aufgrund des schlechten Handyempfangs auf dem Campingplatz als schwierig herausgestellt hat. Besser wäre es gewesen, die Einrichtung vor dem Urlaub zu Hause zu erledigen oder direkt in der Tchibo-Filiale, so das Feedback der Camper.

Check 2: Wie verführt Tchibo die Kunden zum Kauf?

Originelle Artikel wie eine Backform mit Probierstück oder ein Kaffeebecher-Halter fürs Fahrrad sollen zum Spontankauf verführen. Greifen also viele Tchibo-Kunden und Kundinnen spontan zu Artikeln im Tchibo-Regal, ohne den Kauf vorher geplant zu haben?

Mehrere Non-Food-Artikel von Tchibo liegen verpackt auf einem Tisch. (Foto: SWR)
Tchibo bietet ein großes Sortiment aus Non-Food-Artikeln an.

Wir stellen uns vor eine Mainzer Tchibo-Filiale und befragen 50 Personen, die mit einem Einkauf herauskommen. Wir wollen wissen, ob sie ihren Einkauf geplant hatten oder ob es sich um einen Spontankauf handelt. Das Ergebnis: 64% der Einkäufe waren Spontankäufe. Besonders raffiniert: Oft gehen Kunden zu Tchibo, um Kaffee zu kaufen, kommen dann aber noch mit weiteren Produkten aus der Filiale.

Und das Angebot lockt nicht nur in den Tchibo-eigenen Filialen: Tchibo hat auch in vielen Supermärkten ein eigenes Regal – Fachleute nennen das Shop-in-Shop-Konzept. Darüber macht Tchibo mehr als 50 Prozent des Umsatzes. So gibt es allein in Stuttgart 40 Tchibo-Standorte – ein Großteil davon macht das Shop-In-Shop-Konzept aus.

Check 3: Wie nachhaltig ist der Kaffeeanbau?

Kaffee, das Produkt, mit dem Tchibo einst gestartet ist, ist bis heute das meistverkaufte Erzeugnis des Unternehmens. Brasilien ist das wichtigste Kaffeeanbau-Land für Tchibo. Gemeinsam mit einem brasilianischen Agrarwissenschaftler haben wir dort eine Plantage besucht, um uns ein Urteil von den Anbaubedingungen zu machen. Anonym äußerte der Agrarexperte Kritik an den großflächigen Monokulturen und dem mangelhaften Bodenschutz.

Außerdem mangelt es an Transparenz: Wir dürfen nicht mit den Saisonarbeitern sprechen und erfahren auch keine Namen der eingesetzten Pestizide.

Auf einer Kaffeeplantage wird Kaffee mit einer großen Maschine geerntet. (Foto: SWR)
Auf Brasiliens Plantagen wird Kaffee häufig maschinell geerntet.

Die von uns besuchte Kaffee-Plantage ist zwar mit dem UTZ-Label zertifiziert, Tchibo kauft aber nur einen Teil der Kaffeebohnen aus zertifiziertem Anbau ein. Wie Tchibo das begründet und warum gerade das Engagement von Tchibo große Auswirkungen auf den gesamten Kaffee-Markt haben könnte, erklären wir in diesem Artikel. Dort sind auch unsere Bewertungen der Anbaubedingungen detaillierter ausgeführt:

Check 4: Wie fair sind die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche?

Gisela Burckhardt, die sich bei der Kampagne für saubere Kleidung und dem Bündnis für nachhaltige Textilien engagiert, war schon mehrfach in Bangladesch und hat dort Textilmanufakturen besucht, die deutsche Firmen beliefern. Von dem Gewerkschaftsführer Amirul Haque Amin aus Dhaka lässt sie sich über Arbeitsbedingungen in der Manufaktur AKH informieren, die auch für Tchibo Textilien fertigt.

Ein BH hängt auf einem Bügel in einem Tchibo-Regal. (Foto: SWR)
Tchibo wurde in der Vergangenheit für die Arbeitsbedingungen in der Textilproduktion kritisiert.

In Sachen Transparenz ist Tchibo hier vorbildlich: In einer öffentlich einsehbaren Excel-Tabelle listet das Unternehmen alle Non-Food-Produzenten auf, die Tchibo beliefern, darunter auch AKH.

Doch der Erfahrungsbericht, den wir von einem Mitarbeiter hören, klingt nicht gut. Der Arbeitsdruck in den Fabriken sei seit der Corona-Pandemie gestiegen, die Arbeiterinnen müssten massiv Überstunden machen und würden zum Teil auch mit Ohrfeigen geschlagen oder an den Haaren gezogen. Gisela Burckhardt ist erschüttert über diesen Bericht: „Da sieht man auch, dass sie die Frauen, die Näherinnen, nicht wie Menschen behandeln, sondern sie behandeln sie eigentlich wie Dreck oder auch wie kleine Kinder, die man rumschubsen kann, die man anbrüllen kann, die man eben auch schlagen kann. Da merkt man einfach, es gibt keinerlei Wertschätzung für die einzelne Person – und so kann man halt nicht mit Näherinnen umgehen.“

Wir konfrontieren Tchibo mit der Kritik. Die bei Tchibo für Unternehmensverantwortung zuständige Direktorin Nanda Bergstein sagt uns im Interview, das Verhalten sei absolut inakzeptabel und Tchibo würde der Sache nachgehen.

Der vollständige Check der Tchibo-Textilien, in dem wir einen Sport-BH, eine Yoga-Hose und ein Top aus der Tchibo-Kollektion „Fit im Park“ geprüft und mit Markenprodukten von Adidas und Nike verglichen haben, ist in diesem Artikel zusammengefasst:

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