Es gibt viel zu tun? Warten wir's ab!

Was man gegen die "Aufschieberitis" tun kann

Stand

Wir alle kennen das Problem: Zu der einen oder anderen Aufgabe kann man sich einfach nicht aufraffen. Stattdessen wird Wäsche gewaschen, werden Fotos gecheckt oder Mails gelesen. Steuererklärungen und Papierkram werden laut Psychologen bei Erwachsenen besonders häufig aufgeschoben.

Video herunterladen (11,8 MB | MP4)

Aufschieberitis wird das genannt, oder im Fachbegriff „Prokrastination“. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz forschen zu diesem Thema und haben in ihrer jüngsten Studie nachgewiesen: Das typische Putzen wird mehr und mehr abgelöst durch die Ablenkung durch Smartphones und Internet. Und zunehmend zum Problem.

So äußert sich Prokrastination

Im Fachbegriff für diese Arbeitsstörung stecken die lateinischen Wörter "für" (pro) und "morgen" (crastination). Also - etwas auf morgen vertagen.

Mainzer Wissenschaftler haben mittels einer interdisziplinären Befragung zunächst die Verbreitung und Risikomerkmale für Prokrastination in der deutschen Bevölkerung untersucht. Befragt wurden rund 2.500 Personen im Alter von 14 bis 95 Jahren. Ein Ziel der Mainzer Forschung war es, eine Antwort darauf zu finden, warum Menschen Tätigkeiten aufschieben, wenn dies absehbar zu Stress und negativen gesundheitlichen Folgen führt? 

Professor Manfred Beutel von der Universitätsmedizin Mainz (Foto: SWR)
Professor Manfred Beutel von der Universitätsmedizin Mainz hat die Studie zur Prokrastination geleitet.


"Prokrastination ist nichts anderes als eine Vermeidungsstrategie. Man geht bestimmte Entscheidungen nicht an. Das können auch persönliche Entscheidungen sein. Wen man heiraten will, ob man Kinder bekommen will. Das nimmt erstmal eine Menge Stress weg. Prokrastinieren ist erstmal entlastend."

Das hilft aber nur kurzfristig. Laut einer Umfrage zu schlechten Angewohnheiten der Deutschen hat etwa jeder vierte Deutsche die Angewohnheit, wichtige Dinge aufzuschieben. Die Studien der Mainzer WissenschaftlerInnen belegen auch: junge Männer sind häufiger betroffen als junge Frauen. Ein reines Jugendproblem ist das Aufschieben aber nicht, zeigt die Studie.

Dann wird Prokrastination zum Problem

Bei manchen Personen nimmt das Aufschieben ein solches Ausmaß an, dass die Betroffenen erheblich darunter leiden und schwerwiegende negative Folgen drohen, etwa der Abbruch einer Ausbildung oder berufliches Scheitern. 

"Wir haben festgestellt, dass Prokrastinieren ganz schön stressig ist. Menschen leiden unter Schlafstörungen, sie leiden paradoxerweise unter Erschöpfung, verdienen weniger Geld, haben weniger Freunde und Bekannte und im Längerfristigen häufen sich die Probleme an. Das schmälert das Vertrauen in die eigene Person Probleme überhaupt handhaben zu können."

Das hilft gegen Prokrastination

Nicht nur für Studenten gilt: genaue Planung und Rituale. Wer täglich am gleichen Ort lernt oder arbeitet kommt einfacher in den Rhythmus. Strukturiertes Arbeiten ist lernbar, ebenso sich realistischer Ziele zu setzen, der Umgang mit Ablenkungsquellen und negativen Gefühlen. Oft hilft es Freunde oder Familie einzubeziehen oder wenn nötig auch professionelle Beratung von Psychologen in Anspruch zu nehmen.

Viele Psychologen haben Techniken gegen die Aufschieberitis entwickelt. Ein Klassiker ist die Pomodoro-Technik - also die Tomaten-Technik. Erfunden wurde sie von einem Italiener, der eine Küchenuhr nutzte. Die Methode basiert darauf, den Lernstoff in 25 Minuten-Einheiten einzuteilen. Denn so lange funktioniert die Konzentration am besten. Dann 5 Minuten Pause machen. Und nach vier Tomaten-Einheiten eine längere Pause.

Auch diverse Apps gibt es, mit denen man Zeitpläne erstellen und kontrollieren kann, ob man sich daran gehalten hat.

Handybildschirm zeigt Apps zur Vermeidung von Prokrastination. (Foto: SWR)
Es gibt diverse Apps, mit denen man Zeitpläne erstellen kann – und kontrollieren, ob man sich daran gehalten hat.
  • "SelfControl" blockiert ablenkende Seiten
  • "RescueTime" zeigt, welche Seiten wie lange auf dem Computer oder mobilen Geräten besucht werden
  • Es geht auch spielerisch: "Forest" lässt Bäume auf dem Handy wachsen, wenn man es 30 Minuten nicht verwendet.

Noch ein Tipp: am Ende des Tages rechtzeitig aufhören. Am besten, wenn man theoretisch sogar noch weiter machen könnte. Den Schreibtisch mit einem guten Gefühl verlassen und sich belohnen. So bekommen wir allmählich eine positive Einstellung zur Arbeit.

Fazit

Stand
AUTOR/IN
SWR Fernsehen