Dritthäufigste Todesursache in Deutschland

Sepsis - die unterschätze Gefahr

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Die Sepsis, besser bekannt als Blutvergiftung, ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Bei Kindern sogar die zweithäufigste. Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 95.000 Menschen daran.

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Bei aktuell knapp über 300.000 Fällen endet damit etwa jede dritte Sepsis tödlich. Das wäre vermeidbar, wenn die Sepsis rechtzeitig erkannt und behandelt wird.

So verläuft eine Sepsis

Eine Sepsis kann durch jede Entzündung im Körper ausgelöst werden, zum Beispiel wenn sich eine Wunde entzündet. Oft beginnen Blutvergiftungen mit einer Lungenentzündung.

Normalerweise hält das körpereigene Immunsystem die Erkrankung in Schach. Doch manchmal schaffen es einige Erreger in den Blutkreislauf und werden so im ganzen Körper verteilt. Sie können sich überall festsetzen: etwa in den Nieren oder in den Herzklappen. Sie vermehren sich meist explosionsartig und das Immunsystem reagiert mit einer Entzündung im ganzen Körper. Auch in den lebenswichtigen Organen.

Intensivstation mit zwei Patienten in ihren Betten und vielen technischen Hilfsmitteln neben den Betten (Foto: SWR)
Wer mit einer Sepsis kämpft, braucht in vielen Fällen intensivmedizinische Betreuung.

Die Nieren fallen oft zuerst aus. Statt zu fließen, gerinnt das Blut. Zellen bekommen keinen Sauerstoff mehr und sterben ab. Sichtbar wird das zum Beispiel an den Fingerspitzen, die nicht mehr durchblutet werden.

Doch das Gewebe in den Organen ist genauso zerstört. Es folgt der septische Schock mit multiplem Organversagen. Über 40 Prozent der Patienten mit solch einem schweren Verlauf sterben bei uns in Deutschland daran.

Besonders gefährdet sind Menschen mit geschwächtem Abwehrsystem, zum Beispiel frisch Operierte, chronisch Kranke wie Diabetiker oder auch alte Menschen.

Deshalb ist die Sepsis so gefährlich

Bei einer Sepsis können in schlimmen Fällen innerhalb kürzester Zeit die wichtigsten Organe gleichzeitig versagen. Das führt letztendlich zum Tod, wenn die Sepsis nicht rechtzeitig erkannt wird. Und das ist leider häufig der Fall. Inzwischen weiß man, dass etwa achtzig Prozent der Patienten überleben, wenn sie innerhalb der ersten Stunde behandelt werden. Mit jeder Stunde, die verstreicht, sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um sieben Prozent.

Weltkarte, Grafik mit Prozentangaben zur Sterberate bei Sepsis-Erkrankten im Vergleich. (Foto: SWR)
In Deutschland ist die Sterberate bei schwer Sepsis-Erkrankten vergleichsweise hoch.

Die Sterberate bei schweren Sepsis-Fällen ist in Deutschland mit über 40 Prozent deutlich höher als in anderen Industrienationen. In England liegt sie bei 32, in den USA bei nur 23 und in Australien sogar nur bei 18 Prozent.

Dann besteht der Verdacht auf eine Sepsis

Eine Sepsis hat keine eindeutigen Symptome. Das macht es schwer, sie zu erkennen. Trotzdem rät die Deutsche Sepsishilfe, sofort einen Arzt aufzusuchen, wenn folgende Symptome auftreten:

Sie...

  • bekommen Schüttelfrost und Fieber
  • fühlen sich extrem krank
  • bekommen rote Stellen oder Flecken auf der Haut
  • sind schläfrig oder sogar verwirrt
  • sie atmen schwer und bekommen kaum Luft
  • und fühlen sich, als müssten Sie sterben

Das kann vor einer Sepsis schützen

Bei manchen kann schon eine einfache Impfung sinnvoll sein. Nicht gegen die Sepsis, aber gegen Erreger, die Entzündungen hervorrufen. Denn gegen die Sepsis gibt es keinen Impfstoff, aber gegen die Erkrankungen, die eine Sepsis auslösen können.

Dazu gehört zum Beispiel die Pneumokokkenimpfung, die für Patienten insbesondere über sechzig empfohlen wird, oder auch die Impfung gegen die Influenza.

Das einzige, was wirklich schützt, ist die Sepsis so früh wie möglich zu erkennen und die Erreger gezielt zu behandeln. An der Universitätsmedizin Mainz wird seit Mai 2020 ein neues computerbasiertes Diagnoseverfahren eingesetzt, mit dem Blutproben in weniger als 24 Stunden auf etwa 1.000 mögliche Erreger getestet werden können.

Und in Jena haben Forscher einen Chip entwickelt, der den Urin eines Patienten untersucht. Das könnte den zeitraubenden Bluttest ersetzen. So könnte die Bestimmung der Sepsis-verursachenden Erreger im Körper von Tagen auf wenige Stunden verkürzt werden. Noch wird die Methode getestet.

Fazit

Medizin Blutvergiftung – Unterschätzte Lebensgefahr?

Ein vereiterter Zahn, ein banaler Infekt mit Halskratzen oder eine Schnittwunde am Finger genügen, schon gelangen Keime in den Körper. Was harmlos beginnt, kann sich binnen Stunden zu einer tödlichen Blutvergiftung entwickeln. Denn selbst Ärzte erkennen eine Sepsis oft nicht.

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