Gutes Grün und schlechtes Rot

Nährwertkennzeichnung mit dem Nutri-Score

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Frankreich, Belgien und Portugal haben es schon lange. Für Bundes-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner ist es ein Meilenstein in der Ernährungspolitik, gestern vorgestellt bei einer Pressekonferenz. Die Rede ist von Nutri-Score, einem Kennzeichnungssystem für Lebensmittel.

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Seit langem fordern Verbraucherschützer die Einführung dieses Systems, immer wieder waren Frau Klöckner und ihr Ministerium in der Kritik, nicht schnell und entschieden genug zu handeln. Doch seit gestern ist klar:

Welche Kennzeichnungen gibt es bisher?

  1. Die Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher möchte sich gesund ernähren.
  2. Beim Einkaufen im Supermarkt ist jedoch schwer zu beurteilen, was die Zusammensetzung der Nährwerte bedeutet und ob beziehungsweise welche Joghurts, Fertigpizzen oder Müslis eher gesund oder ungesund sind.
  3. Eine farbliche Nährwertkennzeichnung auf der Produktvorderseite hilft Verbrauchern, gesündere Alternativen auf einen Blick zu erkennen.

Im Jahr 2016 wurde die Nährwertkennzeichnung durch die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) EU-weit vereinheitlicht. Seitdem müssen Hersteller auf der Rückseite von verarbeiteten Lebensmitteln in einer Tabelle angeben, wie viel Zucker, Fett oder Salz pro 100 Gramm oder 100 Milliliter enthalten sind.

Wie diese Werte zu interpretieren sind, bleibt unklar. Mitgliedstaaten können daher ergänzend freiwillige Nährwertkennzeichnungssysteme empfehlen.

Verbraucherinformationen - Kleingedrucktes auf der Rückseite einer Yogurt-Packung (Foto: SWR)
Nicht zur schnellen Orientierung geeeignet: Verbraucherinformationen im Kleingedruckten auf Verpackungen.

Wie funktioniert der Nutri-Score?

Der Nutri-Score nimmt eine Gesamtbewertung des Lebensmittels vor, indem er positive und negative Nähwerteigenschaften des Produkts verrechnet, zum Beispiel den Gehalt an Zucker, Fett und Salz gegen empfehlenswerte Bestandteile wie Ballaststoffe oder Proteine.

Nutri-Score Tabelle (Foto: SWR)
Die Nährwertkennzeichnung der Lebensmittel wird auf einer fünfstufigen Farbskala dargestellt: Von "A2" auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes "C" bis zu einem roten "E" für die ungünstigste. Das zutreffende Feld wird optisch hervorgehoben.

Neben Frankreich sind bereits in Luxemburg, Belgien, Portugal, Spanien und der Schweiz Produkte mit dieser Nährwertkennzeichnung auf dem Markt.

  • Für Verbraucherinnen und Verbraucher muss auf einen Blick der Zucker-, Fett- und Salzgehalt von Lebensmitteln erkennbar und vergleichbar sein.
  • Mit Nutri-Score, der ampelfarbenen Nährwertkennzeichnung aus Frankreich, wird beim Einkauf die gesündere Wahl erleichtert, das ist wissenschaftlich erwiesen.
  • Deshalb setzen sich auch Ärzte, Krankenkassen und Verbraucherschützer schon lange für Nutri-Score ein.

Warum hat sich die Ministerin jetzt erst für den Nutri-Score entschieden?

In Deutschland gelten laut Ernährungsministerium 47 Prozent der Frauen, 62 Prozent der Männer und 15 Prozent der Kinder als übergewichtig. Eine bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln ist also überfällig.

Landwirtschaftsministerin Juli Klöckner präsentiert die Lebensmittelkennzeeichnung Nutri-Score (Foto: SWR)
Landwirtschaftsministerin Juli Klöckner präsentiert die Lebensmittelkennzeeichnung Nutri-Score

Bei vielen Verbrauchern sei der Wunsch nach Transparenz und mehr Sicherheit bei Kaufentscheidungen groß, sagte Bundesernährungsministerin Julia Klöckner gestern:

  • Nachdem das Ministerium zunächst ein eigenes Kennzeichnungssystem zusammen mit dem Max-Rubner-Institut entwickelt hatte, gab es im Sommer eine Verbraucherbefragung in Auftrag.
  • Dort kam das vom Ministerium entwickelte System aber nur auf 28 Prozent Zustimmung von Seiten der 1.600 repräsentativ ausgewählten Teilnehmer,
  • 57 Prozent sprachen sich hingegen für den Nutri-Score aus.

Diesem Votum folgte nun nach langem Streit um die Einführung einer Nährwertampel auch die Bundesernährungsministerin Klöckner.

Verschiedene Lebensmittel mit Nutri-Score-Bewertungen (Foto: SWR)
Schöne neue Lebensmittelkennzeichnung - Verbraucherinformationen zunächst nur auf freiwilliger Basis.

Die kritische Ernährungs- und Verbraucher-Organisation "foodwatch" begrüßte dies, forderte indes Handel und alle Hersteller zum Mitmachen auf und kritisierte, dass die Kennzeichnung weiter freiwillig bleibe.

Wieso wird die Kennzeichnung nicht gleich verpflichtend?

Die Bundesernährungsministerin will nun schnell eine Verordnung auf den Weg bringen, die den Rechtsrahmen für eine freiwillige Verwendung des Logos auf der Packungs-Vorderseite schafft. Diese muss dann von der EU-Kommission gebilligt werden.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hält darüber hinaus ein Werbeverbot für speziell an Kinder gerichtete Lebensmittel für nötig sowie ein Verbot dafür, an Schulen zuckerhaltige Getränke zu verkaufen.

Die im Lebensmittelverband e.V. organisierten Lebensmittelproduzenten bezweifeln, ob bewertende Systeme wie der Nutri-Score geeignet für eine vereinfachte Nährwertkennzeichnung seien. Ihre Kritik: Eine sinnvolle Bewertung könne nur mit einem Blick auf das gesamte Ernährungsverhalten am Tag, nicht aber für ein einzelnes Produkt erfolgen.

Bleibt also abzuwarten, wie viele Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie den Nutri-Score tatsächlich auf ihre Produkte drucken werden.

Fazit

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SWR Fernsehen