"Grundrauschen der Ausgrenzung"

Rassismus ist zum bitteren Alltag geworden

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Ob im Job, beim Einkaufen oder im Urlaub: Die Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes stellt in ihrem aktuellen Jahresbericht fest, dass Rassismus und Diskriminierung für viele in Deutschland Alltag ist.

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Der größte Anteil der berichteten Diskriminierungen geschieht im Beruf oder bei der Jobsuche (36 Prozent). Am zweithäufigsten (26 Prozent) ging es um Benachteiligungen bei Alltagsgeschäften wie der Wohnungssuche, beim Einkauf, in der Gastronomie oder bei Versicherungs- und Bankgeschäften.

Der kommissarische Leiter der Anti-Diskriminierungsstelle, Bernhard Franke, betonte, es gehe bei den Anfragen nicht um die extremen, die gewalttätigen Diskriminierungen, wie etwa bei den Taten von Halle und Hanau. Vielmehr belegten die Zahlen ein "Grundrauschen der Ausgrenzung": Da seien die "ganz selbstverständlichen, fast beiläufigen, nicht selten sogar unbewussten Versuche, Menschen auszusortieren", wegen Merkmalen, die angenommen oder ihnen zugeschrieben würden.

Dazu zählten Ausgrenzungen wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts oder einer Behinderung, in selteneren Fällen wurden Benachteiligungen aufgrund des Alters oder der Religion beklagt oder aufgrund der sexuellen Identität oder der Weltanschauung.

Was ist Rassismus?

Rassismus ist eine Gesinnung, Ideologie oder Wahrnehmung, nach der Menschen auf Grund äußerlicher Merkmale als Angehörige vermeintlicher "Rassen" kategorisiert und beurteilt werden. Es existieren zahlreiche Definitionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Der Begriff wurde in den 1920er- und 1930er-Jahre geprägt - als Reaktion auf die "Rassenkunde" oder "Rassenlehre"

Das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung ist eines der sieben Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen und richtet sich gegen jede rassistische Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Abstammung, nationaler und ethnischer Herkunft.

Dieser  völkerrechtliche Vertrag wurde 1965  von der UN-Generalversammlung verabschiedet .

Auch in Rheinland-Pfalz werden Menschen mit anderer Hautfarbe, Religion und Kultur diskriminiert.

 „Rassismus ist, wenn Menschen aufgrund von bestimmten Merkmalen zu Gruppen zusammengefasst werden und diesen Gruppen dann bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden. Es geht nicht nur um Eigenschaften, die zugeschrieben werden, es geht auch um eine Abwertung der Gruppen. Also wenn man bestimmte Aussagen trifft wie ‚Roma sind kriminell‘ oder ‚Muslimische Frauen, die Kopftuch tragen, sind unterwürfig‘ oder ‚Schwarze können gut tanzen‘, das ist eine positive Form von Rassismus, meint aber auch Rassismus.“

Alltagsrassismus kennt viele Varianten. Er ist tief in der Gesellschaft verwurzelt.       

Woher kommt Rassismus?

Seinen Ursprung hat der Rassismus in der Rassenlehre des 19. Jahrhunderts. Sie war Grundlage der Verbrechen der Kolonialzeit und ist wissenschaftlich schon lange widerlegt. 

Mit Demonstrationen will man ein Zeichen gegen Rassismus setzen.  (Foto: SWR)
Mit Demonstrationen will man ein Zeichen gegen Rassismus setzen.

„Die Rassenlehre kommt ja eigentlich aus der Biologie, meint die Unterscheidung aufgrund biologischer Merkmale in Gruppen und wurde einfach auf den Menschen übertragen. In der Kolonialzeit wurde dieses Prinzip sozusagen benutzt als Legitimation, Menschen auszubeuten und zu unterdrücken. Da ging es auch um die Hierarchie, also ‚weiße Menschen sind schwarzen Menschen überlegen‘ und das ist die Legitimation, sie auszubeuten und zu unterdrücken."

Wie äußert sich Rassismus heute?

Guido Wenzel  und Yunnus Houchti haben beide einen deutschen Pass. Sie werden sehr häufig von der Polizei kontrolliert, zum Beispiel am Mainzer Hauptbahnhof.

Guido Wenzel erzählt von diesen bitteren Erfahrungen:

„Der Unterschied, der da ist, ist einfach die Hautfarbe, die Haarfarbe, wir haben meistens dieselben Sachen an und machen dieselben Sachen. Also das ist rassistisch, weil einfach die Polizei das machen kann und das einfach nur aufgrund eines Vorurteils.“

Diese Praxis nennt sich racial profiling. Personenkontrollen nach äußeren Merkmalen ohne konkreten Verdacht sind eigentlich verboten. Trotzdem kommen sie immer wieder vor. Und viele weitere Diskriminierungen von Menschen mit nichtdeutschem Aussehen.

Welche Strategien gegen Rassismus gibt es?

Ganz wichtig ist Bildungsarbeit und Aufklärung. Wichtig sei auch, Solidarität den Betroffenen gegenüber zu zeigen und die Erfahrungen ernst zu nehmen und nicht zu bagatellisieren. Rassismus soll als 'Verletzung' wahrgenommen werden, weiß Nicole Broder.

Bildungsarbeit und Aufklärung sind wichtige Instrumente bei der Prävention.  (Foto: SWR)
Bildungsarbeit und Aufklärung sind wichtige Instrumente bei der Prävention.
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