Zwei Hände halten eine handvoll bunter Gummibärchen. Im Hintergrund ist weitere zuckerhaltige Fruchtgummi-Süßigkeiten zu sehen. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

DIY-Rezept zum Selbermachen

Gummibärchen: Das steckt in der Süßigkeit

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Julia Müller
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Anna Macho

Gummibärchen sind sehr beliebt! Ob selbstgemacht, vegan mit Geliermittel wie Pektin oder traditionell mit Gelatine aus Schlachtabfällen: Wie gehen Fruchtgummis nachhaltig?

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Fruchtgummis – die beliebteste Süßigkeit der Deutschen

Gummibärchen zählen zu den beliebtesten Süßigkeiten in Deutschland: 2022 wurden in Deutschland knapp 170.000 Tonnen Fruchtgummi und Lakritz verkauft, so viel wie von keiner anderen Süßigkeit. Fruchtgummi-Hersteller zählen außerdem zu den bekanntesten Marken Deutschlands. Bei einer Umfrage des SWRs 2020 landete Haribo bei der Bekanntheit auf Platz eins, sogar vor Milka und Ritter Sport. Katjes, ein Hersteller veganer Gummibärchen, landete auf Platz sieben.

Jeder Hersteller hat seine eigene Rezeptur zur Herstellung von Fruchtgummis. Grundsätzlich bestehen Gummibärchen aber aus Zucker, Geliermittel, Fruchtsäure, Aromen, Farbstoffen und Trennmitteln, welche verhindern, dass die einzelnen "Bären" zusammenkleben.

Gelatine: Geliermittel aus Schlachtabfällen

Gelatine dient als Geliermittel in verschiedenen Lebensmitteln, wie zum Beispiel in Tortenguss, Gelee, Pudding, Wurstwaren, Milchprodukten und sogar Arzneimitteln. Bei Fruchtgummis sorgt es für die besondere gummiartige Konsistenz.

"Gelatine ist im Prinzip nichts anderes als ein Eiweiß, das aus tierischem Bindegewebe hergestellt wird. Also beispielsweise aus der Haut, aber auch aus Knochen, Knorpeln und Sehnen von verschiedenen Tieren."

80 Prozent der Speisegelatine in Europa wird aus Schweineschwarte, 15 Prozent aus Rinderhaut und fünf Prozent aus Schweine- und Rinderknochen sowie Fisch hergestellt. Um Gelatine herzustellen, werden die Schlachtnebenprodukte eingekocht. Dabei werden Säuren und Basen verwendet, um das Protein Kollagen aus dem Bindegewebe zu lösen. Das Kollagen ist Hauptbestandteil der fertigen Gelatine.

Auf einer weißen Platte liegen verteilt Fleischabfälle und Schlachtnebenprodukte, wie Sehnen, Fleischabschnitte und Knorpel. (Foto: SWR)
Gelatine wird aus tierischem Bindegewebe hergestellt. Dafür werden Schlachtabfälle wie Sehnen, Knorpel und Knochen verschiedener Tiere eingekocht.

Durch die zugesetzten Säuren und Basen wird viel Wasser benötigt. Am Ende des Herstellungsprozesses muss das stark organisch belastete Abwasser gereinigt werden, damit Fettpartikel und Schwebeteilchen nicht in die Umwelt gelangen. Das ist dementsprechend sehr energieintensiv. Außerdem entstehen Geruchsbelästigungen, denn in den Anlagen werden schließlich Schlachtnebenprodukte verarbeitet. Das kann unangenehm riechen.

Einer der Hauptproduzenten für Gelatine ist Brasilien.  In erster Linie wird dort Regenwald gerodet, um der hohen Nachfrage nach Fleisch nachzukommen. Allerdings hängen Fleischproduktion und Gelatineherstellung zusammen, weil Gelatine aus Schlachtabfällen besteht. Und so trägt nicht zuletzt brasilianische Gelatine zur Regenwaldabholzung bei. Die Hauptfolgen der Regenwaldabholzung: Tiere verlieren ihren Lebensraum, CO2 wird freigesetzt, der lokale Wasserkreislauf gestört und indigene Völker aus ihrer Heimat vertrieben.

Es stapeln sich verschiedene Medikamentenverpackungen, in denen bunte Tabletten und Kapseln zu sehen sind. Für die Herstellung wird oft Gelatine aus Schlachtabfällen verwendet. (Foto: Adobe Stock)
Gelatine wird auch von der Pharmaindustrie zur Herstellung von Arzneikapseln und als Verdickungsmittel in flüssigen Arzneimitteln benutzt.

So werden vegane Gummibärchen hergestellt

Kalfany Süße Werbung ist einer der größten europäischen Bonbonhersteller, hat aber auch eine eigene Gummibärchenproduktion. Die veganen Fruchtgummis werden hier aus Pektin, einem veganen Geliermittel, Glukosesirup, Zucker und Wasser angerührt. Dazu kommen Fruchtsäfte, Aromen und Farbe. Nach eigenen Angaben stammen die Hauptrohstoffe aus Deutschland, Frankreich und Italien. Die Fruchtgummimasse wird anschließend in Förmchen gegossen, welche zuvor mit Stempeln in Maisstärke gedrückt wurden. Am Ende müssen die Süßigkeiten nur noch getrocknet und verpackt werden.

Rote, grüne und gelbe vegane Fruchtgummimasse wurde in eine große Platte mit Förmchen gegossen. Die Platte besteht aus weißer Maisstärke, in die die Formen gestempelt wurden. (Foto: SWR)
Die vegane Fruchtgummimasse wird in die Förmchen der sogenannten Puderkästen gegossen. Die Puderkästen sind Platten aus Maisstärke, in die zuvor die gewünschte Form gestempelt wurde.

Alternative Geliermittel: Pektin, Agar Agar und Johannisbrotkernmehl

Wie auch in der Gummibärchenproduktion werden häufig Pektine als Gelatineersatz genutzt. Die langkettigen Kohlenhydrate sind in praktisch allen pflanzlichen Lebensmitteln in den Zellwänden enthalten, besonders in Früchten. Industriell werden sie aus getrockneten Apfelresten, aus den Schalen von Zitrusfrüchten oder Zuckerrübenschnitzeln gewonnen. Zusammen mit Wasser, Zucker und Säure, zum Beispiel Fruchtsäuren, bildet das Pektin ein festes Gel und kann somit als Geliermittel für Süßwaren wie Fruchtgummis verwendet werden. Da Pektin häufig aus Äpfeln hergestellt wird, ist es oft regional.

Agar Agar, ebenfalls ein veganes Geliermittel, wird hingegen aus Algen gewonnen. Das Kohlenhydrat Agar Agar stammt aus den Zellwänden von Algen. Diese werden hauptsächlich in großen Aquakulturen in Ostasien angebaut. Die wachsende Nachfrage nach Algen erhöht den bereits großen Wasserverbrauch. Durch den Import entstehen zusätzliche CO2-Emissionen. Mittlerweile gibt es aber auch Agar Agar aus Algen, die in Spanien oder Marokko geerntet werden. Agar Agar muss erhitzt werden, um zu gelieren. Das pflanzliche Bindemittel wird dann beim Abkühlen schnell fest. Achtung: Nicht noch mal erhitzen, denn bei zu hohen Temperaturen (ab 80 Grad) wird Agar Agar erneut flüssig. 

Auf einem weißen Hintergrund liegen aufgeschnitte braune Caroben, die Hülsenfrüchte des Johannisbrotbaums. Die Samen sind zu sehen. Danaben steht eine Holzschale gefüllt mit Johannisbrotkernmehl, dass als Bindemittel eingesetzt werden kann. (Foto: Adobe Stock)
Aus den Samen der Caroben, das sind die Hülsenfrüchte des Johannisbrotbaums, kann Johannisbrotkernmehl hergestellt werden. Dieses wird in der Lebensmittelindustrie häufig als Bindemittel eingesetzt.

Auch Johannisbrotkernmehl wird häufig als Geliermittel eingesetzt. Es eignet sich sowohl zum Binden von kalten als auch von warmen Speisen. Hergestellt wird es aus Caroben, den Hülsenfrüchten des Johannisbrotbaums, welcher im östlichen Mittelmeergebiet beheimatet ist. Die Caroben sind etwa drei Zentimeter breit und bis zu 25 Zentimeter lang. Die Samen im Inneren werden fein vermahlen und ergeben das Johannisbrotkernmehl. Johannisbrotkernmehl ist geschmacksneutral und hat eine sehr gute Wasserbindefähigkeit. 

Weniger Tierleid, ​​​​​weniger Gestank und weniger ​​verunreinigtes Abwasser.​ Fällt Gelatine als Zutat weg, macht das die veganen Fruchtgummis nachhaltiger​​. Außerdem wird so der Markt für vegane Produkte und Geliermittel größer. Das schafft wiederum mehr Umweltbewusstsein in der Bevölkerung.

Zucker: Ungesunde Hauptzutat

Vegan oder nicht vegan: Fruchtgummis bestehen zu Zweidritteln aus Zucker, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin Hanna Kinalzik. Zucker versteckt sich auf Zutatenlisten hinter verschiedenen Begriffen. Dazu gehören zum Beispiel Rohrzucker, Dextrose, aber auch Fructose und Glucose. Die Glucose sorgt ​dafür, dass das Fruchtgummi sich im Mund ein bisschen fest und doch elastisch anfühlt. ​​

Eine Faustregel zum allgemeinen Zucker-Tagesbedarf besagt: Kinder sollten höchstens acht Würfelzucker pro Tag essen, Erwachsene maximal 16, erklärt Hanna Kinalzik. Aber aufgepasst: Diese Menge bezieht sich auf alle Lebensmittel, die man an einem Tag zu sich nimmt. Also auch auf versteckten Zucker in Produkten wie Softdrinks, Brot, Fruchtjoghurt oder 
Ketchup. 

Zur Einordnung: 100 Gramm Weißbrot enthalten zwei Würfelzucker, 100 Gramm Fruchtgummi durchschnittlich 14 Würfelzucker. Hanna Kinalzik rät deshalb, höchstens so viele Süßigkeiten am Tag zu essen, wie in den eigenen Handteller passen. Der hohe Zuckergehalt lässt sich aber auch meiden. Dazu kann auf selbst gemachte Fruchtgummis oder zuckerreduzierte Alternativen zurückgegriffen werden. 

Fruchtgummis mit Agar Agar selber machen – so gehts!

Zutatenliste:

  • Süßungsmittel (Zucker, Agavendicksaft oder Ahornsirup)
  • Geliermittel: Agar Agar Pulver
  • verschiedene Fruchtsäfte wie Traubensaft, Granatapfelsaft, Zitronensaft oder Maracujasaft für verschiedene Gummibärchensorten
  • Silikonform
  • Tipp: Für eine intensivere Farbe kann Fruchtpulver verwendet werden. Für eine grüne Farbe kann Matcha Pulver, für blaue Gummibärchen kann blaues Spirulina-Pulver genutzt werden.

Zubereitung:

  1. Alle Zutaten zusammen mischen und nach eigenem Geschmack süßen und färben.
  2. Die Mischung in einem Topf unter Rühren aufkochen, bis eine sirupartige Konsistenz entsteht. Dabei die Anweisungen auf der Agar-Agar-Verpackung beachten. Achtung: Nicht mehrmals und nicht bei zu hohen Temperaturen erhitzen, denn ab 80 Grad wird Agar Agar erneut flüssig.  
  3. Den Sirup zeitnah in die Silikonformen gießen, denn Agar Agar wird beim Abkühlen recht schnell dickflüssig.
  4. Bei Raumtemperatur brauchen die Gummibärchen etwa 20 Minuten, bis sie fest werden.
  5. Im Kühlschrank können die Fruchtgummis abgedeckt für drei bis fünf Tage aufbewahrt werden.
Aus einer Pipette zum Backen wird vegane Fruchtgummimasse in eine rote Silikonform gefüllt. (Foto: SWR)
Die festgewordenen Gummibärchen lassen sich nach dem Trocknen einfach aus der Silikonform lösen.

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