Konservendosen im Regal eines Supermarktes:Schädliches Bisphenol kann aus der Dosenbeschichtung in den Inhalt übergehen, warnt Stiftung Warentest. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / imageBROKER | Manfred Bail)

Schädliches Bisphenol in der Dosenbeschichtung

Stiftung Warentest: Gefährlicher Stoff in fast allen Lebensmittel-Konserven

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Tobias Koch
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SWR-Wirtschaftsredakteurin Petra Thiele (Foto: Dirk Bannert)

Suppen, Eintöpfe, Thunfisch, Kokosmilch: In 51 von 58 Konserven stellte die Stiftung Warentest Bisphenol A fest. Dies könne langfristig die Gesundheit gefährden, so die Tester.

51 oder 14 Produkte deutlich bis stark belastet

Das große Problem bei dem Test waren die beiden unterschiedlichen Grenzwerte von den Lebensmittel-Sicherheitsbehörden der EU und der Bundesrepublik. Da sie sehr weit auseinander gehen, entschied sich die Stiftung Warentest auch für zwei Bewertungen: Gemäß dem niedrigeren und damit strengeren EU-Richtwert sind somit alle 51 Produkte, in denen die Stiftung Warentest Bisphenol A nachweisen konnte, stark belastet. Nach dem höheren deutschen Wert sind "nur" 14 Produkte aus der Untersuchung deutlich bis stark belastet. 

"Für Fachleute ist ein wissenschaftlicher Disput üblich. Für Verbraucher ist es ein Dilemma. Mit welchem (Tagesdosis-)Wert sich Risiken besser abschätzen lassen, muss weiter erforscht werden."

Bisphenol kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen

Bisphenol A - kurz BPA genannt - kann von der Beschichtung der Konservendosen auf den Inhalt übergehen. Die chemische Verbindung kann das Hormonsystem von Menschen und Umweltorganismen beeinflussen und so eine schädigende Wirkung haben. BPA steht auch im Verdacht, die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen. Außerdem wird der Chemikalie vorgeworfen, dass sie sich negativ auf die Leber, die Nieren und unser Immunsystem auswirken könnte. Darauf deuten zumindest Tierversuche hin, die sind aber nicht unumstritten in der Fachwelt. Unklar ist auch noch, ab welcher Menge der Stoff schädlich ist. Einigkeit herrscht aber darin, dass wir so wenig wie möglich davon aufnehmen sollten. Weil man eben viele Gefahren noch nicht komplett abschätzen kann.

„Belastete Produkte einmal zu essen, ist unproblematisch. Auf Dauer ist es aber ein Risiko“,

Suppen und Eintöpfe besonders belastet

Am meisten Bisphenol fanden die Prüfer der Stiftung Warentest in Suppen und Eintöpfen. Das ist doppelt schlecht, denn da sind meistens auch große Portionen drin, sprich: Davon nehmen wir auch mehr zu uns. In Tomaten und Mischgemüse waren die Mengen vergleichsweise gering. Überhaupt nicht belastet war die Test-Dose mit Gemüse (Erbsen sehr fein mit Möhren) von Penny. Die Ausnahme-Produktgruppe: In keiner der sechs getesteten Kondensmilch-Dosen konnte die Stiftung Warentest BPA finden.

Verbraucher kann beim Kauf auf Zusatzstoffe achten

Die EU berät momentan über ein Verbot des Stoffs in Lebensmittelverpackungen. Bis dahin können wir beim Kauf auf die Aufschrift „Bisphenol frei“ achten. In der Konservendose darf dann gar kein Bisphenol enthalten sein. Die Auswahl dürfte dann aber gleich deutlich geringer werden. Eine andere Möglichkeit: Auf Verpackungsalternativen ausweichen, beispielsweise Gemüse tiefgekühlt, Tomaten im Glas oder Kokosmilch im Karton (wie auch andere Milch) kaufen. 

Mehrere Behörden streiten über die Aussagekraft der BPA-Studien

Der derzeitige Richtwert des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) liegt um das Tausendfache höher als der Richtwert der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa). Genau: 2023 hat die Europäische Behörde die "tolerable tägliche Aufnahmemenge (Tolerable Daily Intake) bis zu der kein Gesundheitsrisiko durch eine BPA-Menge zu erwarten ist, um das 20.000fache gesenkt." Grund dafür war die Auswertung verschiedener Studien. Diese Studien werden aber von deutscher Seite anders beurteilt. So kritisiert die Bundesbehörde die Auswahl und methodische Mängel. Fraglich sei, ob die Ergebnisse bei Mäusen sich auch auf den Menschen übertragen lassen könnten. Auch die Europäische Arzneimittelagentur (Ema) und der Ausschuss für Toxität (FSA) teilen die Kritik an den Studien. Die Stellungnahmen sind veröffentlicht.

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