Mein Leben als Bestatter und Balletttänzer

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EIN FILM VON
Jörn Michaely (Redaktion, Kamera, Schnitt).

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„Ich hasse so Standardklauseln wie 'Mein Beileid'. Da ist eine stille Umarmung viel mehr wert.“

Dass Mathias Bestatter werden würde, war für ihn schon immer klar. Der Tod wurde in seiner Familie nie verschwiegen. Seine Mutter Barbara Franze ist Krankenschwester und hat selbst immer wieder mit dem Thema zu tun, sein Bruder arbeitet in der Tumordiagnostik an der Uniklinik in Mainz. Aber weil Mathias nach seiner Schulzeit zu jung für die Bestatterausbildung war und noch keinen Führerschein hatte, machte er zunächst eine Ausbildung zur Restaurantfachkraft in einem Hotel in Zell. Der Umgang mit Menschen war das, was er daran mochte.

Das ist es auch, was Mathias spannend am Bestatter-Dasein findet: Mit Menschen zu arbeiten, das Kümmern um Angehörige, der sensible Umgang, das Trösten. Auch, wenn das bedeutet, dass Mathias oft auf Abruf verfügbar sein muss: Es könnte schließlich jederzeit jemand sterben. Regelmäßig hat er lange, anstrengende Arbeitstage.

Bestatter und Balletttanzer – für Mathias genau das Richtige

„Es gibt keine zwei Mathias’se, sondern nur einen.“, sagt Mathias. Denn das ruhige Leben als Bestatter im schwarzen Anzug und das lebendige Tanzen auf der Bühne ist für ihn kein Widerspruch – es ergänzt sich.

Mathias trägt ein Urne. (Foto: SWR)
Am Bestatter-Beruf mag Mathias die Arbeit mit den Menschen, das Kümmern um Angehörige, den sensiblen Umgang. Bild in Detailansicht öffnen
Urne mit Blumenschmuck. (Foto: SWR)
Mathias wirbt für einen offenen Umgang mit dem Tod. Bild in Detailansicht öffnen

Der 24-Jährige lebt mit seinen Eltern im Stadteil Barl in Zell an der Mosel. Wenn er aus dem Haus geht, dauert es nicht lang, bis er Menschen auf der Straße trifft, die ihn freudig umarmen. Dass Mathias viele Menschen in seiner Heimat kennt, kann aber auch Schattenseiten haben: Wenn er jemanden beerdigen muss, dem er schonmal begegnet ist, ist das für ihn immer ein besonders bewegendes Ereignis.

„Man nimmt genauso die Fremden wie Freunde in den Arm. Und ich duze jeden.“, sagt er.

Zum Ausgleich tanzt Mathias in seiner Freizeit Ballett. Im Tanz kann er sich ausdrücken und er bekommt das Gefühl, frei und ganz bei sich zu sein. Seine Ballettlehrerin Isa Schössler erinnert sich, dass Mathias früher recht schüchtern war und erst durch das Tanzen auf der Bühne selbstbewusster wurde.

Manchmal bestattet Mathias Menschen, die er kennt.

Für die Ausbildung musste Mathias nach Trier ziehen. Seine Heimat hat er währenddessen vermisst. Deswegen war es für ihn klar, dass er anschließend nochmal zurückkommen würde. Am liebsten hält er sich in den Weinbergen der „Zeller schwarzen Katz“ auf. Dort gibt es den Aussichtspunkt „Weinbergskino“, wo er einen besonderen Blick auf sein Dorf hat. Dort kommt Mathias zur Ruhe und kann seine Sorgen und den Alltagsstress zurücklassen.

Wenn er die Chance hätte, noch mal vorne zu beginnen, würde Mathias sein bisheriges Leben nicht noch mal so leben. Er würde mehr darauf achten, sich mehr Zeit zu lassen für seine Freunde und seine Familie. Und er würde sich mehr auf die Momente in seinem Leben konzentrieren, in denen er sich zurücklehnen und fallen lassen kann – in seiner Heimat Zell an der Mosel.

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Jörn Michaely (Redaktion, Kamera, Schnitt).