Styroporplatten zur Wärmedämmung an Gebäuden liegen vor einem eingerüsteten Mehrfamilienhaus.

Beitrag zur Energiewende

Energiesparen: Wann sich Wärmedämmung bei Gebäuden rechnet

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Stephanie Geißler
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Andreas Reinhardt
Bild von Wirtschaftsredakteur Andreas Reinhardt

Egal ob Neubau oder bestehende Gebäude, wer das Haus innen oder außen mit Dämmplatten einpackt, spart bei der Heizung und den Nebenkosten. Doch wieviel Dämmung ist sinnvoll und wann rechnet sich das?

Unterm Strich sind sich die meisten Expertinnen und Experten einig: Dächer, Geschossdecken oder Außenwände zu dämmen, gilt als ein Mosaikstein von mehreren in der Energiewende – neben neuen Fenstern und effizienten Heizungen.

Energie sparen durch Wärmedämmung

Volker Kienzlen von der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg sagt, selbstverständlich gebe es im Einzelfall immer Ausnahmen - grundsätzlich sei die Energieeffizienz von Dämmmaßnahmen aber bauphysikalisch unstrittig.

Vor rund zehn Jahren wurde das "Aktionsprogramm Klimaschutz 2020" beschlossen – damit wurden die staatlichen Fördermittel für Wärmedämmung aufgestockt und die steuerlichen Anreize vergrößert. Damals gab es viel Verunsicherung, die Rede war vom "Dämmwahn". Es gab Vorbehalte zum Beispiel wegen der Brennbarkeit der styroporbasierten Dämmstoffe, wegen Schimmelbildung und auch grundsätzlich gegenüber dem Energie-Einsparpotenzial von gedämmten Häusern.

Lobbyarbeit gegen die Wärmedämmung

Hans Weinreuter, Physiker und Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, sagt, Vorurteile gegen das Dämmen seien ihm in seinen 30 Jahren Berufsleben immer wieder begegnet – er weist in diesem Zusammenhang auch auf die aggressive Lobbyarbeit verschiedener Branchen hin.

Die Öl- und Gasindustrie etwa habe logischerweise wenig Interesse daran, dass ganz Deutschland weniger Energie verbraucht und habe entsprechend Stimmung gemacht gegen Maßnahmen wie das Dämmen.

Befürworter wärmedämmender Maßnahmen

Umgekehrt habe aber auch die Dämmstoff-Industrie mitgemischt und das Einsparpotenzial ihrer Produkte bisweilen übertrieben. Auch komme es auf die Kompetenz des individuellen Energieberaters an, so Weinreuter, der ausrechnet, wie ein bestimmtes Gebäude optimal gedämmt werden kann und wieviel damit eingespart werden könne.

"Je schlechter die Ausgangssituation, desto größer ist der Einspareffekt einer Dämmung und desto eher lohnt sie sich."

Monitoring entfällt wegen Fachkräftemangel

Weinreuter würde sich mehr Qualitätssicherung wünschen, nachdem eine Dämmmaßnahme umgesetzt wurde: "Was zu wenig stattfindet, ist das Monitoring – also hinterher nachschauen, ob das, was prognostiziert wurde, auch erreicht worden ist." Aber dafür fehle es auch vielfach an Personal – man könne ja schon froh sein, wenn man Handwerker findet für die eigentlichen Maßnahmen.

Bundesbauministerin Geywitz denkt an Umweltbilanz des Dämmens

Klara Geywitz kritisiert, dass vor allem bei der Produktion von Dämmstoffen auch CO2 entsteht. Das stimmt zwar, aber es gibt schließlich unterschiedliche Arten von Dämmstoffen.

Laut der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz gilt, dass sämtliche Dämmmaterialien während ihrer Nutzungsphase am Gebäude ein Vielfaches von der Energie einsparen, die für ihre Produktion eingesetzt wird. Die "Umweltbilanz" sei also bei jeder Dämmstoffsorte - über die Jahre gerechnet - positiv.

Nachwachsende Dämmstoffe: Vor- und Nachteile

Wenn man alle Faktoren mit einrechnet – also Herstellung, Energieersparnis während der Nutzungsphase und auch die Entsorgung – dann schneiden die so genannten nachwachsenden Dämmstoffe, also Schafwolle oder Baumwolle, am besten ab.

Allerdings, so die Verbraucherzentrale, solle man sich vor einer pauschalen Schwarz-Weiß-Malerei hüten, denn gerade die Anbaubedingungen von Baumwolle oder auch die langen Transportwege von Schafwolle aus Neuseeland seien teilweise auch kritisch zu bewerten.

Hinzu komme, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, gebe es schlichtweg nicht genug naturnahe Dämmstoffe. Daher sei es vertretbar, auch mit Styropor zu dämmen, nicht zuletzt auch aus Kostengründen.

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Wann sich die Wärmedämmung rechnet

Ab wann sich der finanzielle Aufwand für die Dämmung lohnt, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt von unterschiedlichen Faktoren ab.

  • Dämmung innen: Dachboden und Kellerdecke

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz geht davon aus, dass in den meisten Fällen die Dämmung der oberen und unteren Geschossdecke Sinn macht.

Das heißt also: Speicherboden und Kellerdecke dämmen, was sich beides relativ unkompliziert und kostengünstig umsetzen lässt. Die Voraussetzung dafür: Sowohl Speicher als auch Keller sind unbeheizt und sollen das auch bleiben.

Dasselbe gilt für sämtliche warme Rohrleitungen der Heizung und Warmwasserbereitung im unbeheizten Bereich.

  • Dämmung außen: Fassade und Dach

Wesentlich aufwändiger und auch teurer ist es, die Außenwände und das Dach zu dämmen sowie neue Fenstern einzubauen. Das ist dann sinnvoll, wenn man sowieso vorhat, einen einzelnen Gebäudeteil oder sogar das ganze Haus zu modernisieren.

Welche Rolle spielt das Alter des Gebäudes?

Die Energieberatung der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz sagt, wirtschaftlich am interessantesten seien Energiesparmaßnahmen an Häusern, die vor 1977 gebaut wurden – das trifft auf rund die Hälfte der Häuser in Deutschland zu.

Aber auch bei den neueren Häusern lohne es sich oft - vor allem, wenn man die Förderung mit einrechnet, die der Staat zuschießt.

Unklar ist, wie sich in der Zukunft die Energiepreise entwickeln. Je teurer Energie wird, desto mehr lohnt es sich zu dämmen, denn so macht man sich ein Stück unabhängiger von Preissteigerungen.

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