Jedem stinkt’s mal

Blähungen: Ursachen, Hausmittel und Warnzeichen

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Von Autor/in Corinna Klee, Sola Hülsewig

Blähungen sind meistens harmlos – aber nicht immer. Was kann man gegen unangenehmes Pupsen tun? Bei welchen Symptomen sollte man zum Arzt?

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Inhalt:
Blähungen: Wie viel Pupsen ist normal?
Schmerzhafte Blähungen
Gründe für starke Blähungen
Die richtige Ernährung bei Blähungen
Was bringen Probiotika?
Blähungen durch Zucker und Süßstoffe
Blähungen durch Stress, Medikamente, Hormone
Wann sollte man zum Arzt?
Was hilft gegen Blähungen?

Wie entstehen Blähungen?

Beim Essen wird, zusammen mit der Nahrung, auch immer etwas Luft verschluckt. Nahrung und verschluckte Luft wandern zunächst in den Magen, wo die Magensäure beginnt, das Essen aufzulösen. Danach geht es weiter in den Dünndarm, in dem Verdauungssäfte aus der Bauchspeicheldrüse und Gallensaft das Essen weiter zerkleinern.

Im Dickdarm leben Bakterien, die daraus Fettsäuren und Vitamine herstellen. Dabei entstehen zusätzlich Gase, wie Kohlendioxid, Methan, und Schwefelwasserstoff. Ein Teil des Luft-Gas-Gemisches bahnt sich seinen Weg über die Darmschleimhaut in das Blut und wird über die Lunge ausgeatmet. Ein Teil geht durch den After hinaus: Man muss pupsen.

Blähungen: Wie viel Pupsen ist normal?

Gastroenterologe Prof. Jörg Albert beschäftigt sich am Klinikum Stuttgart mit Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts. Im Durchschnitt kämen pro Tag und Mensch etwa 20 bis 30 Darmwinde, so der Arzt. Das entspräche etwa 1 bis 1,5 Liter Flatulenz – und sei vollkommen normal.

Häufig verlaufen die Flatulenzen nahezu unbemerkt. Manchmal können sie aber auch unangenehm werden. „Blähungen betreffen sehr, sehr viele Menschen“, sagt der Experte. In 95% der Fälle könne man jedoch davon ausgehen, dass dem keine Erkrankung zugrunde liege.

Schmerzhafte Blähungen

Woran liegt es, dass Flatulenzen manchmal zwar geruchlich problematisch aber ansonsten nicht unangenehm sind – manchmal aber auch mit starken Schmerzen einhergehen? Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Menschen mit und ohne Beschwerden jeweils eine ganz ähnliche Menge, nämlich etwa 200 Milliliter Gas, im Darm hatten.

Offenbar unterscheide sich die Wahrnehmung der Darmtätigkeit individuell stark, so Prof. Albert. „Man spricht dann von einer gestörten Darm-Hirn-Achse der entsprechenden Reizübertragung ins Gehirn.“

Gründe für starke Blähungen

Starke Blähungen können unterschiedliche Gründe haben. So sorgt beispielsweise hastiges Essen und Trinken dafür, dass viel Luft verschluckt wird, die dann wieder raus muss. Kohlensäurehaltige Getränke haben einen ähnlichen Effekt.

„Insbesondere der Stickstoffanteil ist vom Körper nahezu nicht zu resorbieren und muss ausgeschieden werden. Das heißt, was man nicht durch Aufstoßen von sich gibt, wird den Weg durch den Dünndarm nehmen müssen. Fünf, sechs Meter Dünndarm, die zu durchwandern sind von dem Gas, können eben entsprechende Beschwerden machen“, erklärt Prof. Albert.

Aber auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten, wie Laktose-, Fructose oder Glutenintoleranz machen sich häufig durch Verdauungsbeschwerden, unter anderem Blähungen, bemerkbar.

Hülsenfrüchte, Zwiebeln, Salat: Diese Lebensmittel können blähen

Je nach Darmflora und Veranlagung reagiert der Verdauungstrakt unterschiedlich auf bestimmte Lebensmittel. Auf den Genuss dieser Lebensmittel reagieren besonders viele Menschen mit Blähungen:

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Die richtige Ernährung bei Blähungen

Bei obiger Liste sollte aber dennoch zwischen eher ungesunden Lebensmitteln, wie den letzten Punkten, und eigentlich gesunden Lebensmitteln, wie Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten, unterschieden werden. Während auf erstere aus Gesundheitssicht getrost verzichtet werden kann, haben letztere viele gesundheitliche Vorteile.

Wer sich vor der blähenden Wirkung von Hülsenfrüchten fürchtet, kann sich langsam an sie herantasten und zunächst kleine Mengen – zum Beispiel von roten Linsen – zu sich nehmen. Die Darmflora kann sich nämlich entsprechend umstellen, sodass mit der Zeit weniger Probleme auftreten.

Dasselbe gilt für Vollkornprodukte, die für Menschen, die sie selten essen, schwer verdaulich sein können. Gerade Ballaststoffe sind jedoch besonders wichtig für die allgemeine Gesundheit und wirken beispielsweise vorbeugend gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese aufgrund der Blähungen einfach wegzulassen sei keine gute Idee, sagt Prof. Dr. Patrick Michl, Gastroenterologe an der Uniklinik Heidelberg

Auch Proteine können die Darmflora überfordern, wenn sich die Zufuhr stark verändert. Generell sollte eine Ernährungsumstellung daher immer langsam erfolgen.

Probiotika für einen gesunden Darm?

Probiotika stehen im Ruf, für eine gesunde Darmflora zu sorgen. Beispielsweise nach der Einnahme von Antibiotika sollen sie dabei helfen, das Mikrobiom im Darm wieder aufzubauen. Die Studienlage zu Probiotika sei jedoch widersprüchlich, gibt Prof. Albert zu bedenken. Für eine gesunde Darmflora sei in erster Linie die Ernährung entscheidend.

Blähungen durch Zucker und Süßstoffe

Prof. Albert sieht Softdrinks wie Limonaden und Eistee kritisch, da sie in der Regel viel Industriezucker enthalten. „Die Light-Produkte sind sicherlich genauso schwierig wie die entsprechenden zuckerhaltigen Getränke“, so Prof. Albert. Zucker und Süßstoffe werden im Dünndarm schlecht verdaut. „Die Bakterien im Dickdarm freuen sich über das Futter und bilden als Abfallprodukt Gase.“

Die bessere Getränkewahl sei Tee oder ganz einfach (Leitungs-)Wasser.

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Fasten mit einem totalen Zuckerverbot nutzt nur kurzzeitig. Wer aber stufenweise auf Süßigkeiten verzichtet und sich aufs Positive konzentriert, hat bessere Erfolge. So läuft das.

Blähungen durch Stress?

Auch dauerhafter Stress kann Blähungen begünstigen, weil vermehrt das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird – und das kann die Darmtätigkeit reduzieren.

Blähungen durch Medikamente: Antidepressiva, Schmerzmittel

Manchmal sind auch Medikamente die Ursache starker Blähungen, wie beispielsweise Antidepressiva aber auch manche Diabetes-Medikamente. Opioidhaltige Schmerzmittel können eine Darmträgheit auslösen, die wiederum Blähungen nach sich ziehen kann.

Prof. Albert ermutigt Patienten, die bei bestimmten Medikamenten Beschwerden feststellen, mit dem Arzt zu besprechen, ob es nicht ein alternatives Medikament gibt, was man ausprobieren könnte. Keinesfalls sollte man jedoch Medikamente ohne Absprache mit dem behandelnden Arzt absetzen.

Menstruation, Schwangerschaft, Wechseljahre

Bei Frauen kommen noch die Hormone dazu: Während der Menstruation, in der Schwangerschaft und in den Wechseljahren verändern sie sich und beeinflussen die Verdauung.

Blähungen: Wann sollte man zum Arzt?

„Die Alarmsymptome sind zum Beispiel Blut im Stuhl, starke profuse Durchfälle, ein Gewichtsverlust“, erklärt Prof. Albert. Als Alarmzeichen gelte auch, wenn man nachts von den Beschwerden geweckt wird.

Der Geruch kann keine Auskunft darüber geben, ob etwas Ernsteres hinter den Blähungen steckt. Grund für den typischen Geruch nach faulen Eiern seien Schwefelwasserstoffe, sogenannte Mercaptane, die durch die Zersetzung von Nahrung zustande kommen, erklärt Prof. Dr. Patrick Michl.

Ärztlich abgeklärt werden sollte, ob den Beschwerden ein träger Darm mit Obstipation (Verstopfung) zugrunde liegt oder sogar ein Darmverschluss, bei dem sofort gehandelt werden muss, da Lebensgefahr droht.

Aber auch chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder Zöliakie können Ursachen für starke Blähungen sein.

Prof. Dr. Patrick Michl warnt, dass auch Herzsymptome durch Blähungen keine Seltenheit seien. Hier sei vor allem hektisches Essen die Ursache.

Was hilft gegen Blähungen?

Wer häufig unter Blähungen leidet, kann auf Anis, Fenchel oder Kümmel setzen – entweder dem Essen beigemischt, einfach so zerkaut oder als Tee. Die ätherischen Öle wirken nachweislich krampflösend, lindern Blähungen und Schmerzen und fördern die Verdauung. Auch Pfefferminzöl ist beliebt gegen Blähungen.

Generell sollte versucht werden, die Mahlzeiten in Ruhe und im Sitzen einzunehmen – statt sich schnell im Gehen etwas „reinzuschieben“. Enge Hosen oder enge Gürtel wirken zusätzlich kontraproduktiv. zwei Liter Flüssigkeit – am besten stilles Wasser – sollten jeden Tag aufgenommen werden.

Nicht zuletzt entlastet regelmäßige Bewegung den Darm und schützt vor zu viel Luft im Bauch.

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Oft sind Bewegungsmangel und falsche Ernährung Ursache für Darmträgheit. Ballaststoffe aus Gemüse, Vollkorn und Hülsenfrüchten sowie ausreichend Flüssigkeit können helfen.

„Es gibt natürlich auch Medikamente, die die Gasbildung beeinflussen, zum Beispiel Simeticon oder Dimeticon. Es sind gut verträgliche Produkte, die bei akuten Beschwerden eingenommen werden können. Darüber hinaus gibt es krampflösende Medikamente, die entsprechend eingenommen werden können, allerdings eher nur fokussiert und nicht als Dauertherapie“, sagt Prof. Jörg Albert.

Experten aus dem Artikel:
Ärztlicher Direktor der Klinik für Gastroenterologie, gastrointestinale Onkologie, Hepatologie und Infektiologie am Klinikum Stuttgart, Prof. Dr. med. Jörg Albert.

Ärztlicher Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektionskrankheiten, Vergiftungen und Ärztliche Leitung der Privatambulanz Prof Dr. P. Michl an der Uniklinik Heidelberg, Prof. Dr. med. Patrick Michl.

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