Rettungskräfte im Einsatz. (Foto: Colourbox, COLOURBOX24696745)

Blaulicht-Fahrten

Notruf 112: Wer bezahlt den Rettungswagen?

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AUTOR/IN
Angelika Scheffler-Ronen
ONLINEFASSUNG
Lena Klicnar
Sola Hülsewig

Wer zahlt den Einsatz des Rettungsdienstes, wenn der Patient dann doch nicht ins Krankenhaus muss oder selbst den Transport verweigert?

Unser Rechtsexperte Karl-Dieter Möller klärt folgende Fragen:

1. Wann werden die Kosten erstattet?
2. Wann muss selbst gezahlt werden?
3. Wer zahlt, wenn fremde Personen den Rettungsdienst rufen?

1. Wann werden die Kosten erstattet?

Grundsätzlich haben alle Mitglieder einer Sozialversicherung nach § 60 SGB V einen Anspruch auf Übernahme der Notruf-Kosten. Jedoch muss eine medizinische Notwendigkeit vorliegen, damit der Einsatz auch von der Krankenversicherung übernommen wird. Diese bescheinigt entweder der Notarzt oder der behandelnde Arzt. Die stationäre Aufnahme des Patienten ist keine Voraussetzung für die Kostenübernahme.


Gesetzlich Versicherte müssen lediglich einen Kostenbeitrag von maximal 10 Euro zahlen. Die privaten Krankenkassen erstatten die Aufwendungen meist in vollem Umfang. Ob dies auf Sie zutrifft, können Sie Ihrem Tarif entnehmen.

2. Wann muss selbst gezahlt werden?

Weigert sich ein Patient nach Ankunft des Rettungswagens, ins Krankenhaus transportiert zu werden, obwohl das medizinische Personal dies empfiehlt, kann es sein, dass er die Rechnung für den Einsatz zahlen muss.

So wollte beispielsweise eine Frau nicht ins Krankenhaus gebracht werden, nachdem ihre Mutter wegen Verdachts auf einen Herzinfarkt den Rettungswagen gerufen hatte. Als Grund gab die Frau an, dass sie sich um ihre Kinder kümmern müsse. Das Bundessozialgericht urteilte, dass sie in diesem Fall keinen Anspruch auf die Kostenübernahme durch die Krankenkasse habe (BSG, Urteil v. 6.11.2008, 1 KR 38/07 R). Es war eine sogenannte Leerfahrt entstanden: Der Rettungswagen war umsonst ausgerückt. Nur die Kosten für den Notarzt musste die Krankenversicherung übernehmen.

Tipp: Nach Notruf lieber mit ins Krankenhaus fahren

Wenn das medizinische Personal nach einem Notruf dazu rät, sich im Krankenhaus durchchecken zu lassen, sollte man das Angebot schon allein aus Kostengründen wahrnehmen.

Wenn übrigens Arzt oder Sanitäter am Unfallort zu der Einschätzung kommen, dass die Fahrt ins Krankenhaus nicht notwendig ist, muss ich nicht für den Einsatz zahlen – auch wenn der Rettungswagen eine Leerfahrt gemacht hat.

Voraussetzung ist hier allerdings, dass ich den Notruf nicht missbräuchlich gewählt habe, wohl wissend, dass eigentlich kein Notfall vorliegt – beispielsweise, wenn ich lange Wartezeiten beim Arzt umgehen möchte. Wenn keine akute Notsituation besteht aber jemand trotzdem nicht auf einen regulären Arzttermin warten kann, sollte die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes gewählt werden: 116117.

In – tatsächlichen und vermeintlichen – Notfällen gilt: Lieber einmal zu oft den Rettungsdienst rufen. Auch wer sich zunächst unsicher ist, ob Notarzt und Rettungswagen nötig sind, kann bei der Rettungsleitstelle nach der Einschätzung fragen. Dort landet ein Anruf, wenn man die 112 wählt. Dazu sollten die Symptome möglichst genau geschildert werden.

Das Bild zeigt einen Rettungswagen von innen. (Foto: Colourbox, COLOURBOX21516297)
Ein Transport mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus.

3. Wer zahlt, wenn ich für jemand anderes den Rettungsdienst rufe?

Wer für jemand anderes einen Rettungswagen ruft, muss generell nicht befürchten, die Kosten tragen zu müssen. Denn der Anrufende hat es im Interesse des Patienten getan. Die entstehenden Kosten übernimmt in der Regel die Krankenkasse.

Ausnahme: Jemand tätigt den Notruf missbräuchlich. Wer eine Notrufnummer beispielsweise bewusst wählt, ohne dass ein Notfall vorliegt, muss nicht nur die Kosten für den Einsatz zahlen sondern macht sich zudem strafbar und muss mit einer Anzeige rechnen. So wurde es beispielsweise für einen Mann aus Steinheim an der Murr teuer: Sein Onkel litt an akuten starken Rückenschmerzen, worauf der Mann den Rettungsdienst rief. Da der Rettungswagen jedoch längere Zeit nicht kam, wählte der Mann erneut die Notrufnummer und gab an, seinen Onkel erstochen zu haben. Mehrere Streifenwagen, Notarzt und Rettungswagen waren daraufhin sehr schnell vor Ort – der Mann musste sich aber wegen Vortäuschung einer Straftat verantworten inklusive saftiger Rechnung.

Fazit

Bei medizinischen Notfällen zählt jede Sekunde. Daher gilt: Lieber einmal zu viel den Rettungswagen rufen als einmal zu wenig. Üblicherweise werden die entstandenen Kosten von der Krankenkasse oder Krankenversicherung übernommen. Außerdem besteht die Pflicht zu helfen. Wenn diese verweigert wird, können nicht nur hohe Kosten entstehen, man kann sich damit auch strafbar machen.

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