Wenn man selbst sich nicht mehr helfen kann

Geschäftsunfähig – Wie kann gesetzliche Betreuung helfen?

Stand

Eine Krankheit, ein Unfall, ein Schicksalsschlag – und das Leben ist komplett aus den Fugen. Was, wenn man seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann, im Amtsdeutsch: nicht mehr geschäftsfähig ist? Dann kommen rechtliche Betreuerinnen und Betreuer ins Spiel. Aktuell werden 1,2 Millionen Menschen bundesweit rechtlich betreut. Im vergangenen Jahr trat das reformierte Betreuungsgesetz in Kraft.

Video herunterladen (134,6 MB | MP4)

Wann kommen rechtliche Betreuer zum Einsatz?

Die Voraussetzungen dafür sind im Bürgerlichen Gesetzbuch, § 1814 geregelt. Demnach kommt es zu einer rechtlichen Betreuung, wenn Betroffene ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können, erklärt der Berufsbetreuer Matthias Becker vom Betreuungsverein der AWO in Kusel: „Sofern Betroffene einen Antrag auf Einrichtung einer Betreuung stellen, dann haben sie sich in aller Regel vorher informiert, was auf sie zukommt. Wenn nicht, geben Betreuungsvereine oder Betreuungsbehörden Hilfestellungen, wie so ein Antrag zu formulieren ist. Was ganz wichtig ist: Bei der Antragsformulierung sollte man bereits festlegen, in welchen Angelegenheiten tatsächlich die beteiligte Person Unterstützung braucht.“ Der Antrag auf rechtliche Betreuung wird am jeweiligen Amtsgericht gestellt. Nur Betroffene können diesen Antrag stellen. Dritte - wie Angehörige oder Ärzte - können eine Betreuung nur „anregen“. Doch mit dem Antrag allein ist es nicht getan, so Matthias Becker:

Es wird beispielsweise ein fachärztliches Gutachten benötigt oder ein neurologisches Gutachten, welche Aufgabenkreise die betroffene Person noch selbst übernehmen kann und wo er Unterstützung braucht.

Gegen den ausdrücklichen Willen des Betroffenen kann kein rechtlicher Betreuer eingesetzt werden. Auch bei der Auswahl entscheidet er mit.

Wer kommt als rechtlicher Betreuer infrage?

Theoretisch können alle Menschen ab 18. Jahren in der rechtlichen Betreuung arbeiten. Es gibt keine formale Ausbildung, um in den Beruf einzusteigen. Doch seit Januar 2023 müssen zumindest Neueinsteiger nachweisen, dass sie sich in wichtigen Themenfeldern weitergebildet haben und von einer entsprechenden Betreuungsbehörde zertifiziert sind. Das gilt sowohl für ehrenamtliche als auch hauptberuflich Tätige. Matthias Becker aus Kusel ist Diplom-Sozialarbeiter und macht den Job als Berufsbetreuer seit mehr als 30 Jahren. Er und auch ehrenamtliche Betreuer werden vom Gericht ernannt, wenn keine Angehörigen diese Aufgabe übernehmen können oder wollen. Anders sieht es aus, wenn Betroffene zuvor eine notarielle Vorsorgevollmacht unterschrieben haben und darin eine Person ihres Vertrauens mit der Aufgabe ihrer rechtlichen Betreuung ernannt haben.

Welche Aufgaben haben rechtliche Betreuerinnen und Betreuer?

Die Aufgabenfelder werden vom Gericht in einem sogenannten Betreuerausweis klar festgeschrieben. Matthias Becker betont: „Viele meinen, dass ein Betreuer für alle Aufgabenkreise bestellt wird: Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Wohnungsangelegenheiten, dem ist aber mitnichten so. In aller Regel benötigen Personen, die sich in einer Krise befinden, Unterstützung nur in Teilbereichen. Das kann der Bereich Ämter und Behördenangelegenheiten sein, wenn jemand aufgrund von Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, tatsächlich Anträge zu stellen. Oder wenn Formulare, die zur Billigung von Grundsicherung, von Wohngeld und so weiter benötigt werden und erst besorgt werden müssen, damit also jemand zu seinen Rechten kommt.“

Laut neuem Betreuungsgesetz müssen die Aufgabenbereiche sogar noch genauer definiert werden. Betreuer müssen einmal jährlich einen Bericht beim zuständigen Amtsgericht abgeben über die aktuelle Situation der betreuten Person und darüber, was unternommen wurde, um deren Situation zu verbessern. Anders verhält es sich bei einer Vorsorgevollmacht: Die ermächtigt die darin genannte Person mit allen Entscheidungen in allen Angelegenheiten, wenn nichts anderes drinsteht.

Wer zahlt für die rechtliche Betreuung?

Ehrenamtliche Betreuer erhalten eine Aufwandspauschale. Berufsbetreuerinnen und -betreuer hingegen werden nach einer bestimmten Vergütungstabelle bezahlt. Abhängig von Berufserfahrung und dem Vermögen der Betreuten. Wer ein Vermögen von 10.000 Euro und mehr besitzt – das Eigenheim gehört nicht dazu –, muss den rechtlichen Betreuer selbst zahlen. Ist das Vermögen geringer, ist man gar verschuldet, übernimmt der Staat die Kosten.

Stand
AUTOR/IN
SWR Fernsehen