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Lebensversicherungen: Lohnen sie sich jetzt wieder?

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AUTOR/IN
Moritz Hartnagel
Sola Hülsewig

Lohnt sich der Abschluss einer Lebensversicherung zur Altersvorsorge? Lassen sich so Steuern sparen? Was bringt eine Risikolebensversicherung?

Inhalt:
Wie funktioniert eine Lebensversicherung?
Lohnt sich eine Lebensversicherung?
Was ist mit Steuervorteilen?
Lebensversicherungen: Teuer und undurchsichtig
ETFs: Die bessere Altersvorsorge?
Alte Verträge genau prüfen
Lebensversicherung kündigen – eine gute Idee?

Seit Kurzem sind Alewtina und Jakob Zacharias in Rente - und hatten sich eigentlich auf ein finanzielles Polster aus ihrer Lebensversicherung verlassen. „Wenn man die Zeit zurückdrehen könnte, würden wir natürlich nie wieder diese Versicherung abschließen“ sagt Jakob Zacharias heute.

Lebensversicherung als gute Geldanlage?

Vor gut 30 Jahren hatte ihn ein Kollege mit einem Versicherungsvertreter bekannt gemacht – der riet ihm dazu, eine Lebensversicherung abzuschließen, um die Familie abzusichern. Auch wenn niemandem etwas zustoße, würde sich die Versicherung lohnen, weil das Geld gewinnbringend in Aktien und Anleihen angelegt und nach der Laufzeit ausbezahlt werden würde.

Beide schließen eine fondsgebundene Lebensversicherung ab - bei der Veritas AG, die später in die Gothaer Versicherung übergeht. 30 Jahre lang zahlen sie ein, jeder jeweils rund 9.000€. Dann steht die Auszahlung an. Für Alewtina Zacharias gibt es rund 6.600 Euro, für Jakob Zacharis 6.300 Euro. Insgesamt also fast 5.500 Euro weniger als sie einbezahlt haben.

Weniger rausbekommen als eingezahlt

„Der Vertrag ist natürlich unter aller Kanone, über 30 Jahre hat der Versicherer es geschafft, keine positive Rendite zu erzielen, sondern sogar Geld zu verbrennen. Das muss man erst mal schaffen“, fällt das vernichtende Urteil Niels Nauhausers von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg aus.

Wie konnte es dazu kommen? Nauhauser zählt drei Gründe auf: Erstens die hohen Gebühren der Versicherung selbst, zweitens die hohen Kosten des aktiven Fondsmanagement, drittens wegen des schlechten aktiven Fonds. All das habe dazu geführt, dass das Vermögen reduziert wurde: „Hätte man es bedarfsgerecht anderweitig mit ähnlichem Risiko angelegt, hätte sich das Kapital verdoppelt auf 18.000 bis 19.000 Euro“, sagt Nauhauser.

Lebensversicherung: Was ist das eigentlich?

Bei Lebensversicherungen gibt es viele verschiedene Modelle. Grob unterscheiden kann man zwischen Kapitallebensversicherungen und fondsgebundenen Lebensversicherungen einerseits und auf der anderen Seite Risikolebensversicherungen.

Kapitallebensversicherung und fondsgebundene Lebensversicherung

Diese Finanzprodukte vereinen zwei Ansätze. Einmal den sogenannten Todesfallschutz: Wenn ich sterbe, zahlt die Versicherung meinen Hinterbliebenen einen vereinbarten Betrag. Zum anderen soll mit der Lebensversicherung Geld angespart oder angelegt werden, was mir im Ruhestand ausgezahlt wird – entweder komplett oder in Form einer Rente.

Lohnt sich eine Risikolebensversicherung?

Bei einer Risikolebensversicherung wird nur mein Todesfall abgesichert – hier geht es nicht um eine zusätzliche Altersvorsorge, wie bei anderen Modellen. Wenn meine Familie von meinem Einkommen stark abhängig ist, kann eine Risikolebensversicherung durchaus eine Überlegung wert sein.

Lohnt sich eine klassische Lebensversicherung?

Bei Modellen, die zur Altersvorsorge dienen sollen, sollte man sehr skeptisch sein, rät Finanzexpertin Barbara Sternberger-Frey.

Steuervorteile bei Lebensversicherungen und Rentenversicherungen?

Zwar preisen derzeit vermehrt Influencer Lebens- und Rentenversicherungen an, da sie erhebliche steuerliche Vorteile hätten. Die exorbitanten Kosten der Verträge würden angebliche oder tatsächliche Steuervorteile aber oft bei weitem übersteigen, warnt Barbara Sternberger-Frey.

„Wenn man das mal nüchtern durchrechnet, ist da eigentlich nix dran“, sagt auch Verbraucherschützer Niels Nauhauser. Ein Steuervorteil ergebe sich nur dann, wenn eine lebenslange Rente bezogen würde – diese wird nur mit dem Ertragsanteil versteuert. „Aber zugleich kauft man sich auch einen handfesten gravierenden Nachteil ein, nämlich die Wette auf ein langes Leben“, gibt Nauhauser zu bedenken. Versicherer kalkulieren mit einem extrem hohen Lebensalter – wenn man nicht mindestens 95 Jahre alt werde, rechneten sich die Modelle kaum.

Vorsicht bei Werbung für Lebensversicherungen

Influencer, die allzu vollmundig von den angeblichen Vorteilen von Policen werben, sind häufig nicht unabhängig – und kassieren beispielsweise eine Provision für verkaufte Verträge.

Und auch die Beispielrechnungen, die angeführt sind, sind oft nicht realistisch, weil zum Beispiel mit Nettoverträgen gerechnet wird. Provisionen, Gebühren etc. sind hier einfach rausgerechnet, dabei geben sie in der Realität einen erheblichen Ausschlag.

Lebensversicherungen viel zu teuer?

In aller Regel sei der sogenannte Versicherungsmantel bei Kapital- und Fondsgebundenen Lebensversicherungen viel zu hoch, kritisiert Finanzexpertin Barbara Sternberger-Frey. Also das Geld, das das Versicherungsunternehmen für seine Arbeitsleistung einbehält. Dazu zählen zum Beispiel Abschluss-, Verwaltungs- oder Storno-Kosten.

Auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat angekündigt, Anbietern von kapitalbildenden Lebensversicherungen in Zukunft genauer auf die Finger schauen zu wollen, um unter anderem drastisch überzogene Provisionen einzudämmen.

Lebensversicherung: komplex und undurchsichtig?

Einen weiteren Kritikpunkt führt Verbraucherschützer Nauhauser an: „Das Problem ist, dass die Lebensversicherung an Intransparenz kaum zu überbieten ist.“  Es handele sich um „das komplexeste intransparente Finanzprodukt, das wir in Deutschland haben.“

Ein Beispiel: Der Sparanteil der Versicherung: „Ich sehe den nicht wie auf dem Kontoauszug - ich weiß nicht, von hundert Euro werden da 80 Euro verzinst, oder was anderes – das wird nirgends ausgewiesen.“ Nauhauser wird deutlich: „Besser die Finger von diesen Produkten lassen.“

Das gelte übrigens auch für Lebensversicherungs-Modelle, die ETFs beinhalten, so Sternberger-Frey.

ETFs: Die bessere Altersvorsorge?

Von der Altersvorsorge via Lebensversicherung raten unsere Experten derzeit dringend ab. Wer privat vorsorgen möchte, sei mit einem ETF-Sparplan deutlich besser beraten, so Sternberger-Frey – für den Todesfallschutz kann eine Risikolebensversicherung sinnvoll sein. Mehr zum Thema Geldanlage lesen Sie hier:

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Lebensversicherung: Alte Verträge genau prüfen

Während derzeit bei Kapitallebensversicherungen nur 0,25 Prozent Garantiezins zugesichert werden, wurden früher deutlich höhere Zinsen garantiert. Verträge, die vor 2005 abgeschlossen wurden, können also durchaus attraktiv sein.

Generell rät Barbara Sternberger-Frey dazu, die Versicherung zu überprüfen. Wer hier selbst nicht durchsteigt, findet bei den Verbraucherzentralen Beratung und Hilfe. Alle, die es sich zutrauen, können auch Vergleichsrechner im Internet benutzen, um herauszubekommen, ob der Vertrag sich lohnt oder nicht:

Einmal im Jahr muss außerdem eine sogenannte Standmitteilung durch die Versicherung erfolgen. Keinesfalls sollte man erst bis zur Fälligkeit der Versicherung warten und bereits vorher regelmäßig nachschauen, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Lebensversicherung kündigen – eine gute Idee?

Sollte sich herausstellen, dass ich einen unattraktiven Vertrag unterschrieben habe, sollte – möglichst in Absprache mit einer unabhängigen Beratungsinstanz – genau abgewogen werden, was dann zu tun ist.

Den Vertrag beitragsfrei stellen zu lassen, könnte eine Option sein. Bei fondsgebundenen Versicherungen habe ich auch die Möglichkeit, den Fonds zu wechseln. Die Kündigung ist sicherlich die teuerste Option, nicht zuletzt wegen der Stornokosten – aber auch das kann sich unter Umständen lohnen. Wenn ich Glück habe, kommt möglicherweise auch ein Widerruf des Vertrags in Frage – dies ist möglicherweise auch nach Ablauf der 14-Tägigen Widerrufsfrist möglich, wenn mich der Versicherer zum Beispiel nicht korrekt über mein Widerrufsrecht informiert hat. Um dies zu überprüfen, sollten Sie eine Anwältin oder einen Experten der Verbraucherzentrale hinzuziehen.

Weitere Informationen gibt es bei der BaFin.

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