Ein Jogger sitzt auf der Bahn auf dem Boden und hält seine schmerzende Wade fest wegen Muskelkrampf. Sportler nehmen zum Training oft Magnesium, um Muskelkrämpfen und Muskelkater vorzubeugen. Aber neue Studien zeigen: Das bringt nichts, es gibt andere Ursachen für die Krämpfe. (Foto: Colourbox, Colourbox/ Dean Drobot)

Überraschende Erkenntnisse

Magnesium hilft gar nicht gegen Muskelkrämpfe - was wirklich was bringt

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Nina Rathfelder
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Anna Macho
Heidi Keller

Sportler nehmen zum Training oft Magnesium, um Muskelkrämpfen und Muskelkater vorzubeugen. Aber neue Studien zeigen: Das bringt nichts, es gibt andere Ursachen für die Krämpfe.

Ist Magnesium gegen Muskelkrämpfe wirksam?

Die Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Magnesium bei Krämpfen sind ernüchternd, die Evidenz eher niedrig. Es gebe lediglich Hinweise in einer guten Übersichtsarbeit dazu, dass Magnesium bei schwangeren Frauen etwas bringen könnte, erklärt Professor Michael Behringer vom Institut für Sportwissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt.

"Die Evidenz dafür, dass Magnesium hilft, ist einfach viel zu dünn. Wir haben kaum wissenschaftliche Hinweise darauf."

Elektrolyte für die Muskeln

Klar ist: Die Leistung unserer Muskeln hängt mit der Elektrolytversorgung zusammen. Magnesium ist allerdings nicht entscheidend, wenn es um Muskelkrämpfe geht. Das wurde unter anderem bei Ultra-Marathonläufern untersucht. Die Studie konnte keine klinisch relevanten Unterschiede feststellen im Elektrolythaushalt von Läufern, die zu Krämpfen in den Beinen neigen, im Vergleich zu Läufern, die dieses Problem nicht haben.

Nach Erfahrungen der Ärztin für Sportmedizin Dr. Ursula Manunzio kann jedoch statt Magnesiummangel ein anderer Elektrolytmangel kritisch sein - nämlich von Kalium und Natrium.

"Kalium ist ein Elektrolyt, das an allen Prozessen beteiligt ist, und ganz enorm ist für unsere Leistungsfähigkeit. Natriummangel kann auch zu schlimmen Herzrhythmusstörungen führen - also nicht nur Krämpfe quasi peripher, sondern kann auch den Rhythmus am Herzen verändern."

Eine Sportlerin in Joggingschuhe sitzt mit Schmerzen in der Wade auf dem Boden. Sie hat einen Muskelkrampf. (Foto: Adobe Stock)
Plötzliche Schmerzen in den Muskeln - ein Wadenkrampf: Viele Sportler gingen bisher davon aus, Muskelkrämpfe kommen von einem Mangel an Magnesium.

Neue Studien: Das sind die Hauptauslöser von Muskelkrämpfen

Inzwischen weiß man, dass ein Krampf insbesondere ein neuronales Problem ist. Die Aktivität des Muskels steuern Nervenzellen im Rückenmark, sogenannte Alpha-Motoneurone. Sie steuern, wie aktiv unsere Muskeln sind. Werden diese Alpha Motoneuronen bei hoher Belastung beim Sport übererregt, kommt es zu einem Muskelkrampf. Dies passiert häufig dann, wenn Sportler ihre Muskeln ermüden.

"Trainieren und verbessern sollte man also die Ermüdungs-Resistenz. Das wären vielleicht bessere Therapieansätze."

Nach aktuellem Wissensstand ist also muskuläre Ermüdung der Hauptauslöser für Muskelkrämpfe. Diese entsteht durch zu hohe Belastung oder schlechten Trainingszustand, eine verkürzte Muskulatur in der Bewegung und hohe Temperaturen. Zudem scheint der Flüssigkeitshaushalt eine große Rolle zu spielen, sagt Professor Michael Behringer.

“Unter starken oder unter hohen Temperaturen kommen wir eher zur Ermüdung. Wir haben Flüssigkeitsverlust, das löst den Krampf aus.“

So kann man Muskelkrämpfen besser vorbeugen

Nahrungsergänzungsmittel in Tablettenform, die Elektrolyte beinhalten wie Magnesium, Kalium oder Natrium, braucht es nicht - auch nicht für Profisportler. Wichtig dagegen ist eine ausgewogene, zielgerichtete Ernährung und ausreichend Flüssigkeitszufuhr, angepasst an die sportliche Belastung.

Die Ärztin für Sportmedizin Dr. Ursula Manunzio empfiehlt:

  • Vor dem Training eine kleine Mahlzeit essen wie zum Beispiel eine Banane oder ein Müsli.
  • Ihr Tipp bei hoher Belastung: Nicht nur Wasser trinken. Gut sei eine süße Apfelschorle mit einer Prise Salz - statt eine Magnesiumtablette aufzulösen. Davon alle 15 Minuten ein paar Schlucke zu sich nehmen.
  • Als Snack zwischendurch, während des Sports, eignen sich Kohlenhydratquellen wie Bananen oder Aprikosen. Auch gesalzene Nüsse können eine gute Energie- und Salzquelle sein.

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Krampf in der Wade mit Dehnen lösen

Kommt es doch zu einem Krampf, hilft es, die Muskulatur zu entspannen. Dehnübungen können den Krampf unterbrechen.

Physiotherapeut Philipp Piroth erklärt, wie man beim Wadenkrampf vorgehen kann. Er hält sich mit beiden Händen vorne fest, um das Bein mit dem Krampf nach hinten ausstrecken zu können: "Ich versuche, die Ferse hinten am Boden zu halten und gehe mit dem Oberkörper nach vorne, bis ich einen Dehnreiz spüre. Das kann ich entweder halten, oder ich gehe leicht in diese Wipp-Bewegung rein. Das, was sich besser anfühlt - wie ich den Krampf leichter gelöst bekomme."

Ein Phisiotherapeut zeigt eine Dehnübung im stehen, die helfen kann einen Krampf in der Wade zu lösen. Dabei lehnt er sich im leichten Ausfallschritt mit dem Oberkörper nach vorne, während er die Ferse des betroffenen Beines auf dem Boden bleibt. (Foto: SWR)
Den Krampf in der Wade lösen mit Physiotherapie: Oberkörper nach vorne lehnen im leichten Ausfallschritt, die Ferse des betroffenen Beines hinten bleibt am Boden, um den Wadenmuskel zu dehnen.

Hausmittel gegen akute Muskelkrämpfe: Essiggurken-Wasser hilft

Um die überregten Motoneuronen im Akutfall bei einem Krampf zu beruhigen, gibt es noch ein etwas ungewöhnliches Hausmittel: Essiggurken-Wasser. Das fand ein amerikanischer Forscher durch Zufall heraus.

Wenn wir das würzig-saure Gurkenwasser gurgeln, werden spezielle Rezeptoren im Mund-Rachen-Raum aktiviert. Diese hemmen nach ersten Studien die Aktivitätssignale der Motoneurone an den krampfenden Muskel. Für diesen Effekt genügt es, mit einem Milliliter Gurkenessig pro Kilogramm Körpergewicht zu gurgeln.

Die Übererregung wird damit innerhalb von ein bis zwei Minuten ausgeglichen. Der Krampf hört auf.

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