Sendung am 19. Juli 2019

Auf zu neuen Ufern

Stand

Die SWR Talkshow Gäste bei Michael Steinbrecher

Frischer Wind soll ins angestaubte Leben, das immer gleich in gewohnten Bahnen verläuft. Keine Überraschung, kein Nervenkitzel, keine Herausforderung. Und so mancher fragt sich: Ist es Zeit für etwas Neues? Was wäre alles möglich? Soll ich mir endlich meine Träume erfüllen?
Vielleicht ein gewagter Berufswechsel aus dem sicheren, aber ermüdenden Job hinein in den lang heimlich ersehnten Traumberuf. Möglich ist aber auch ein Neubeginn in der Liebe: Wer die Augen offenhält, findet seinen Traumpartner vielleicht dort, wo er ihn niemals erwartet hätte. Doch hat man dann auch den Mut, diesen Neuanfang zu wagen? Schafft man es, sich einzugestehen, dass man nicht glücklich ist mit der Situation, in der man sich so gemütlich eingerichtet hatte und gibt diese Sicherheit auf für etwas Neues, Aufregendes, aber auch Unvorhersehbares?
Oder darf es vielleicht gleich ein absoluter Tapetenwechsel sein? Die Zelte in der Heimat abreißen und irgendwo auf der Welt neu anfangen – wäre das nicht ein aufregendes Abenteuer? Möglicherweise sogar eine Weltreise ganz ohne sicheren Heimathafen. – Wie fühlt sich das an, immer wieder zu neuen Ufern aufzubrechen, immer wieder ganz neu anzufangen?
Andere Menschen werden mehr oder weniger zum Neubeginn gezwungen. Denn nach einem Schicksalsschlag ist es einfach nicht möglich, so weiterzumachen wie bisher. Wer einen geliebten Menschen verliert oder plötzlich gesundheitlich stark eingeschränkt ist, der muss Willen und Mut beweisen, mit der neuen Situation umzugehen, nach vorne zu schauen und einen Neustart zu wagen. Jedes Ende kann ein Anfang sein.

Die Gäste bei Michael Steinbrecher:

Tan Caglar

Tan Caglar (Foto: SWR, SWR - Peter A. Schmidt)

Eine angeborene Rückenmarkserkrankung führte bei Tan Caglar im Laufe der Jahre zu immer größeren Beeinträchtigungen beim Stehen und Gehen. Doch als ihn die Krankheit mit 26 Jahren schließlich in den Rollstuhl zwang, warf ihn das zunächst komplett aus der Bahn: „Ich dachte, so ist mein Leben nicht mehr lebenswert.“ Aber er schaffte es, sich aus dem Tief herauszukämpfen und machte aus seinem Handicap einen Erfolgsfaktor: Unter anderem als Sportler, Model und Comedian.

Carina Henkel

Carina Henkel (Foto: SWR, SWR - Peter A. Schmidt)

Bei Carina Henkel war es die Liebe, die ihr Leben völlig umkrempelte. Als junge Frau lebte sie ein scheinbares Bilderbuchleben mit Mann, Kind und Häuschen, genauso wie sie es sich selbst immer gewünscht hatte. Bis die Begegnung mit einer Kollegin alles veränderte. Doch es dauerte lange, bis sie sich eingestand, dass da mehr war als Freundschaft: „Als ich dann festgestellt habe, die Gefühle sind so stark und es ist wirklich die richtige Liebe im Spiel, war das wie eine Atombombe.“

Christel Wilke

Christel Wilke (Foto: SWR, SWR - Peter A. Schmidt)

Völlig unvorbereitet verlor Christel Wilke den Boden unter den Füßen, als sich ihr Ehemann nach vierzig gemeinsamen Jahren das Leben nahm. Ohne Abschiedsbrief und ohne Erklärung blieb sie zurück und musste schmerzhaft lernen, auf sich alleine gestellt zu sein. Doch es gelang ihr, ihr Leben neu zu gestalten. Ein Prozess, der sie auch als Mensch verändert hat: „Ich weiß nicht, ob mein geliebter Mann sich noch mit mir vertragen würde, denn ich bin jetzt eine andere geworden.“

Philipp Lausterer

Philipp Lausterer (Foto: SWR, SWR - Peter A. Schmidt)

Philipp Lausterer hatte einen gut bezahlten, sicheren Job in der Finanzbranche. Doch der Beruf ließ zu wenig Zeit für seine Familie und machte ihm immer weniger Freude. Als sich das zweite Kind ankündigte, entschloss er sich schließlich zum Neustart. „Jeder Mensch, der sich morgens unwohl fühlt, weil der Arbeitstag beginnt, sollte etwas ändern: entweder seine Einstellung – oder seine Anstellung.“ Lausterer entschied sich für Letzteres und machte sich kurzerhand mit einem Dampfnudelmobil selbstständig.

Nina Sedano

Nina Sedano (Foto: SWR, SWR - Peter A. Schmidt)

Berufliche Unzufriedenheit kannte auch Nina Sedano, bevor sie sich dazu entschloss, ihren Job an den Nagel zu hängen und das zu tun, was schon zuvor ihre größte Leidenschaft war: die Welt zu bereisen. „Natürlich habe ich damals gedacht: ‚Oh Gott, hoffentlich hast du damit keinen großen Fehler gemacht‘“, sagt sie, doch bereits nach einer Woche auf Reisen waren die Bedenken verflogen. Seitdem hat sie sämtliche Länder dieser Welt bereist und bricht immer wieder zu neuen Ufern auf.

Prof. Dr. Wilhelm Schmid

Prof. Dr. Wilhelm Schmid (Foto: SWR, SWR - Peter A. Schmidt)

Prof. Dr. Wilhelm Schmid weiß, dass es Unterschiede darin gibt, ob der Aufbruch zu neuen Ufern freiwillig geschieht oder Menschen durch einen Schicksalsschlag gezwungen sind, ihr Leben auf den Kopf zu stellen. Doch: „Solche unfreiwilligen Aufbrüche können auch etwas ganz Großartiges in sich bergen.“ Wie Menschen damit umgehen, hänge jedoch auch davon ab, ob sie eher Sicherheits- oder Risikotypen sind, sagt der Lebenskunst-Philosoph.

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SWR Fernsehen