Prof. Dr. Werner Bätzing, Simon Pearce, Regina Killer,  Michael Steinbrecher, Hans Schenker, Britta Besser, Sven Finke-Bieger (von links) (Foto: SWR, SWR - Baschi Bender)

Sendung am 30. August 2019 (Wh.)

Landleben -Idylle oder Hölle?

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Die SWR Talkshow Gäste bei Michael Steinbrecher

Auf dem Land lebt man im Einklang mit der Natur, frei und entschleunigt. In überfüllten Städten jedoch ist man von schlechter Luft und Stress umgeben und ärgert sich mit Wohnungsnot und Mietpreis-Wahnsinn herum. Auf der anderen Seite fehlt den Dörfern im Gegensatz zu den Städten die Anbindung und die Infrastruktur: Jobs, Schulen und kulturelle Angebote sind nicht selten Mangelware. Und während Städter angeblich nicht mal ihre nächsten Nachbarn kennen, stecken Dörfler mutmaßlich ihre Nase ungefragt in die Angelegenheiten ihrer Mitmenschen. Wo also lebt es sich am besten?


Es gibt Menschen, die auf dem Land aufwachsen, aber der Enge und Spießigkeit schnellstmöglich entfliehen wollen. Der lang ersehnte Schritt in die Stadt fühlt sich an wie das Entdecken der großen weiten Welt. Gleichzeitig haben immer mehr Menschen das Großstadtleben satt und wollen raus aufs Land. Für sie ist das Landleben der Inbegriff von Naturverbundenheit und Entschleunigung. Doch ist diese Traumvorstellung auch Realität? Oder ist die erhoffte Gemeinschaft so eingeschworen, dass man als Neuankömmling außen vor bleibt und es statt der ersehnten Ruhe nur gackernde Hühner und unaufhörliches Kuhglocken-Läuten gibt?


Für so manches Dorfkind heißt es: "Einmal Land - immer Land!" Fest verwurzelt im Dorf, schätzen sie die Landluft genauso wie das gute Miteinander der Landbewohner. Nicht selten hält ein ganzes Dorf in der Not zusammen und steht zum Beispiel einem jungen Witwer oder einer kranken Seniorin geschlossen zur Seite. Und während immer wieder vom Dorfsterben die Rede ist, gibt es auch Menschen, die sich ganz bewusst dazu entscheiden, dem entgegen zu wirken. Beispielsweise wenn ein junges Paar die alte Dorfkneipe wieder auf Vordermann bringt und damit einen neuen Ortsmittelpunkt schafft.


Welche Vorteile und welche Probleme hat das Leben auf dem Land? Was wappnet besser: Aufwachsen in der Natur oder durchboxen im Großstadtdschungel? Und wo lebt es sich besser - in der Stadt oder auf dem Land?

Die Gäste bei Michael Steinbrecher:

Regina Killer

Portrait Regina Killer (Foto: SWR, SWR - Baschi Bender)
Regina Killer

Regina Killer betreibt seit vielen Jahren traditionelle Landwirtschaft in einem bayrischen Dorf. Zur Tradition gehört auch, dass ihre Milchkühe Glocken tragen. „Die Glocke“, so die Bäuerin, „ist ein schützenswertes Kulturgut.“ Doch davon fühlt sich ihr Nachbar gestört, der vor einiger Zeit in Hörweite der Kuhglocken ein Haus baute. Seit Jahren beschäftigt dieser Kuhglocken-Streit nun die Gerichte.

Hans Schenker

Portrait Hans Schenker (Foto: SWR, SWR - Baschi Bender)
Hans Schenker

Der Schweizer Schauspieler Hans Schenker war auf der Suche nach Ruhe, als er mit seiner Frau im Berner Oberland ein Dorfgasthaus übernahm. Doch den Dörflern gefiel ganz und gar nicht, wie Schenker das Gasthaus mit Leben füllte. Es folgte ein Kleinkrieg zwischen dem Städter und den Einheimischen, der bald auch die Presse beschäftigte. „Überall im Dorf lauern Abgründe“, lautet Schenkers bittere Bilanz.

Britta Besser

Portrait Britta Besser (Foto: SWR, SWR - Baschi Bender)
Britta Besser

Als im letzten Sommer ihr Haus abbrannte, stand Britta Besser mit Mann und Kindern vor dem Nichts. Doch die zugezogene Familie konnte auf den Rückhalt der Dorfgemeinschaft zählen. Mit Kleiderspenden bis zu Wohnungsangeboten half das Dorf, wo es nur ging und tat alles, damit es Familie Besser nach der Katastrophe an nichts fehlte. „Das Dorf hat uns aufgefangen und war wie eine Familie.“

Simon Pearce

Portrait Simon Pearce (Foto: SWR, SWR - Baschi Bender)
Simon Pearce

wuchs als Sohn eines Nigerianers und einer bayrischen Volksschauspielerin in der Provinz nahe München auf. In der ländlich geprägten Gemeinde genoss der Comedian einerseits eine behütete Kindheit, doch die Hautfarbe der Familie fiel auf: „Wir waren die einzigen Schwarzen, da reden die Leute.“ So war er immer wieder rassistischen Beleidigungen und sogar Übergriffen ausgesetzt.

Sven Finke-Bieger

Portrait Sven Finke-Bieger (Foto: SWR, SWR - Baschi Bender)
Sven Finke-Bieger

Sven Finke-Bieger ist auf dem Land aufgewachsen und lebt heute mit seinem Mann in einem 300-Seelen-Dorf an der Mosel. Den jungen Mann zieht es nicht in die Großstadt. „Moselaner sind kreativ, was das Feiern angeht“, preist Finke-Bieger die Vorzüge seiner Heimat. So war es auch eine sprichwörtliche Weinlaune, die da-zu führte, dass der Jura-Student Deutschlands erste männliche Weinkönigin wurde.

Prof. Dr. Werner Bätzing

Portrait Prof. Dr. Werner Bätzing (Foto: SWR, SWR - Baschi Bender)
Prof. Dr. Werner Bätzing

Jahrzehntelang hat Prof. Dr. Werner Bätzing das Leben auf dem Land erforscht. Er beschreibt, welche Mentalitäten in unseren Dörfern herrschen, wie man mit falschen Erwartungen am Landleben scheitern kann, und was das besonders Lebenswerte am Landleben ausmacht. Außerdem sagt der Kulturgeograph: „Ein Dorf braucht Menschen, die bereit sind, das Dorfleben aktiv mitzugestalten.“

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SWR Fernsehen