E-Werk Kulisse (Foto: SWR)

Sendung am 06.05.2022

Der Nase nach – was können Gerüche bewirken?

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Kaum etwas beeinflusst unser Seelenleben so stark wie Gerüche. – Meist ohne dass wir es bemerken. Sie sind mitverantwortlich für unsere Stimmung, können Erinnerungen hervorrufen und leiten uns bei der Suche nach der passenden Partnerin oder dem passenden Partner. Der Nase nach – das gilt nicht nur beim Spaziergang, sondern auch im zwischenmenschlichen Miteinander.

Die Gäste bei Michael Steinbrecher:

Dirk Britschin

Dirk Britschin (Foto: SWR)

Über Jahre hinweg riecht es im Treppenhaus von Dirk Britschin muffig-modrig, aber niemand will seine Beobachtungen ernst nehmen. Erst als er mehrfach der Polizei mitteilt, dass er seinen Nachbarn seit Jahren nicht mehr gesehen hat, gehen die Beamten der Geruchsspur nach und finden seine Leiche – zerstückelt in einer Tiefkühltruhe. Bis heute schüttelt es Dirk Britschin, wenn er an diese grausame Entdeckung denkt: „Ich konnte Nächte lang nicht schlafen. Die Gerüche bin ich bis heute nicht losgeworden.“

Kathrin Küfner

Kathin Küfner (Foto: SWR)

Stunk gibt es auch in dem Dorf, in dem Kathrin Küfner lebt: Hier betreibt sie ein Ziegengehöft – zum Ärger ihrer Nachbarin: Wenn ihr Ziegenbock nämlich Paarungsgelüste verspürt, stinkt er. Der Geruch beschäftigt längst Gerichte. Dabei leben sie doch auf dem Land: „Wenn man diese Gerüche nicht haben will, muss man eben woanders hingehen“, sagt Kathrin Küfner. Inzwischen lebt der Ziegenbock getrennt von der Herde, und trotzdem muss sich Kathrin Küfner immer wieder die Frage stellen: Riecht er noch oder stinkt er schon?
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Yvonn Scherrer

Yvonn Scherrer (Foto: SWR)

Das, was für andere eine Geruchsbelästigung ist, ist für Yvonn Scherrer erst einmal eine Information. Die blinde Radiomoderatorin und Autorin erschließt sich die Welt über ihre Nase. Der Geruch anderer Menschen verrät ihr, wie sie sich fühlen. Heute bietet Yvonn Scherrer neben Sinneswahrnehmungstrainings auch Aromatherapien an. Und während sich Sehende vorm Spiegel drehen, lässt sie ihre Nase entscheiden: „Für mich sind Düfte wie Kleider, Schminke oder eine Frisur.“
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Claudia Kerber

Claudia Kerber (Foto: SWR)

Völlig überraschend und ohne medizinische Ursache hat Claudia Kerber ihren Geruchssinn verloren. Die ersten Jahre erlebt sie als frustrierend, oft riecht sie ins Leere. Sie wird unsicherer, auch im Zwischenmenschlichen: Wie sich verlieben, wenn man den anderen nicht riechen kann? Dass wir den Geruchssinn unterschätzen, weiß Claudia Kerber heute und sagt: „Ich möchte lieber fünfzehnmal schlechte Gerüche wahrnehmen als tausendmal keinen Geruch.“

Marlies Behrens

Marlies Behrens (Foto: SWR)

Das Fischgeruch-Syndrom klingt wie eine erfundene Krankheit – für Marlies Behrens aber ist es bittere Realität: Ihr sechsjähriger Sohn Bennet leidet unter einer seltenen Stoffwechselkrankheit. Er riecht, sagt Marlies Behrens, „wie Fisch, der drei Stunden in der Sonne lag.“ Einzige Abhilfe gegen den Geruch ist eine strenge Diät –und schon ein Osterei kann dafür sorgen, dass er wieder riecht.
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Robert Müller-Grünow

Robert Müller-Grünow (Foto: SWR)

Das Riechen ist für ihn noch bedeutender als andere Sinne, weil Gerüche unmittelbar aufs Gehirn wirken und sich der rationalen Kontrolle entziehen: Robert Müller-Grünow beschäftigt sich seit seinem Studium mit der Entwicklung von Düften. Sie steigern die Aufmerksamkeit, fördern die Konzentration oder beruhigen. Robert Müller-Grünow beduftet Räume wie Marken und Menschen und sagt: „Duft hat immer Einfluss auf alles, was wir denken, fühlen, tun.“
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Literatur zur Sendung:

Robert Müller-Grünow

Yvonn Scherrer

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SWR Fernsehen