Negativzins (Foto: imago)

Alternativen zum Verwahrentgelt

Banken machen mit Negativzinsen Druck

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Lena Stadler
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Katharina Fortenbacher-Jahn
Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft (Foto: SWR, SWR)

Immer mehr Banken verlangen Verwahrentgelte. Viele bieten Alternativen zu diesen Negativzinsen an. Aber die sind oft nicht im Sinne der Kunden, warnt die Verbraucherzentrale.

Sparen wird immer schwieriger. Die alltäglichen Kosten steigen und es bleibt immer weniger übrig. Und dazu kommen für viele Sparerinnen und Sparer noch Negativzinsen auf ihr Erspartes. Also sogenannte Verwahrentgelte, die immer mehr Banken für das Aufbewahren des Geldes nehmen.

Etwa ein Drittel der Banken, die das Vergleichsportal Verivox ausgewertet hat, verlangen inzwischen Negativzinsen auf dem Tagesgeld- oder Girokonto ab einer bestimmten Summe. Tendenz stark steigend. Ein ähnliches Bild zeigen Auswertungen des Portals Biallo.de. Und diese Grenze wird gleichzeitig immer niedriger.

Verbraucherschützer schlagen Alarm

Dazu kommt: Immer mehr Banken und Sparkassen nutzen offenbar Negativzinsen als Druckmittel gegen ihre Kunden. Das stellt die Verbraucherzentale Rheinland-Pfalz fest. Auch andere Verbraucherzentralen berichten von solchen Erfahrungen von Kunden.

Und das funktioniert so: Keine Kundin und kein Kunde zahlt gern Negativzinsen. Viele Banken bieten deshalb gleichzeitig Alternativen an, um dieses Verwahrentgeld zu umgehen. Und zwar bestimmte Anlageprodukte.

Achtung: bei solchen Alternativen sollten Sie hellhörig werden

Nur: diese Alternativen sind häufig nicht besonders gut und bedarfsgerecht, warnt die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Wann müssen Bankkundinnen und -kunden hellhörig werden?

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Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hat verschiedene Fälle gesammelt in der letzten Zeit.

"Nach unseren Erfahrungen sind die angebotenen Produkte aber in vielen Fällen nicht bedarfsgerecht, da sie häufig unflexibel, teuer und oft auch risikoreicher sind als die bisherigen, sicheren Einlagen."

Die Verbraucherzentrale kommt zu dem Schluss: Meistens wäre es für die betroffenen Kundinnen und Kunden besser gewesen, einfach das übrigens rechtlich umstrittene Verwahrentgelt in Kauf zu nehmen, statt sich auf andere Produkte einzulassen.

Provisionsfalle und böse Überraschungen

Zum Beispiel haben sich bei den Verbraucherschützern ältere Menschen gemeldet, und berichtet, es sei ihnen ein Bausparvertrag angeboten worden. Als Alternative zu ihrem Tagesgeldkonto. Allerdings machen Bausparverträge nicht in jeder Lebenssituation Sinn. Besonders wenig bei älteren Menschen, da sie in der Regel nicht mehr bauen und so die Vorteile eines Bausparvertrags gar nicht nutzen können. Dazu kommt dass Kundinnen und Kunden aus einem solchen Vertrag in der Regel erst nach einigen Monaten wieder heraus kommen. Das ist dann ein Nachteil, wenn man schnell Geld braucht.

"Gerade für ältere Menschen, die häufig auf die flexible Verfügbarkeit ihres Geldes angewiesen sind, können unflexible oder risikoreiche Produkte zum Problem werden."

Andere Bankkundinnen und Bankkunden berichteten, ihnen sei dazu geraten worden, ihr Geld in eine private Rentenversicherung zu stecken. Davon hätten vor allem die Banken profitiert, weil sie hohe Provisionen dafür bekommen. Ähnlich beim Ratschlag, das Geld in einen Investmentfonds zu stecken. Die Bank kassiert einen Ausgabeaufschlag und jährliche Bestandsprovisionen. Die Verbraucherzentrale spricht von einer "Provisionsfalle" der Banken und Sparkassen. Und nicht jeder Fonds passt zu den Bedürfnissen und zur Risikobereitschaft eines oder einer jeden Kundin. Diese laufen sogar Gefahr, Geld zu verlieren. Es kann also eine böse Überraschung drohen. Daher ist der Ratschlag der Verbraucherschützer: Es muss im Einzelfall immer gut abgewogen werden.

In Ruhe prüfen, nicht unter Druck setzen lassen

Die Verbraucherzentrale rät deshalb: Verbraucherinnen und Verbraucher sollten Vorschläge der Bank immer erst einmal gut prüfen, und sich nicht unter Druck setzen lassen und übereilt einen Vertrag abschließen.

Außerdem gibt es andere Möglichkeiten, um Minuszinsen zu vermeiden. Beispielsweise durch den Wechsel zu einer anderen Bank, die dieses Verwahrentgelt noch nicht verlangt. Auch wenn natürlich die Gefahr droht, dass das auch beim neuen Konto irgendwann kommt. Hier hören Sie, wie sich das einfach bewerkstelligen lässt.

Wann ist ein Ende der Negativzinsen in Sicht?

Dazu kommt noch eine Überlegung: Es hat zuletzt Anzeichen dafür gegeben, dass es zumindest Hoffnung auf ein Ende der Verwahrentgelte für Bankguthaben gibt. Einige Banken hatten das in Aussicht gestellt, für dann, wenn der Strafzins auf Bankeinlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) wegfällt. Beispielsweise die Deutsche Bank hatte erklärt, das Entgelt im Privatkundengeschäft kurzfristig anzupassen, falls die EZB diesen Satz ändere.

Sollte der Strafzins wegfallen oder über null Prozent liegen, entfalle das Verwahrentgelt im Privatkundengeschäft. Was übersetzt heißt: Wenn die Bank von der EZB einen positiven Zins für ihre Einlagen bekommt, gibt sie den allerdings auch nicht automatisch gleich an die Sparer weiter.

Bisher lässt die EZB offen, wann sie die Zinsen anhebt. Sie treibt aber einen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik voran - wegen der hohen Inflation. Wann das in der aktuellen Situation soweit sein könnte ist allerdings kaum abzusehen. Der Bundesverband Deutscher Banken fordert ein Ende der Negativzinsen:

"Im heutigen Umfeld sind sie ein völlig falsches Instrument, und sie senden auch das völlig falsche Signal von der Geldpolitik. Die Negativzinspolitik muss noch dieses Jahr ein Ende haben."

Sind Verwahrentgelte rechtlich zulässig?

Im Moment liegt der Einlagenzins, den die EZB gegenüber den Banken erhebt, bei minus 0,5 Prozent. An dem Satz orientieren sich die meisten Banken bei ihren Verwahrentgelten für Privatkunden - und mit diesem Satz begründen sie auch die Verwahrentgelte. Allerdings gewährt ihnen die EZB dabei auch Freibeträge für bestimmte Summen.

Ob die Verwahrentgelte, oder umgangssprachlich Negativzinsen überhaupt rechtlich zulässig sind, ist umstritten. Sie treffen vor allem Neukunden. Will eine Bank einen Negativzins von Bestandskunden verlangen, muss sie das mit ihnen jeweils individuell vereinbaren.

Allerdings kündigen Kreditinstitute Kunden ihr Konto, wenn diese dem Verwahrentgelt nicht zustimmen. Verbraucherschützer halten Negativzinsen auf private Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten generell für unzulässig. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat daher Klagen gegen verschiedene Banken erhoben und sieht sich durch erste Urteile bestätigt.

So hat das Landgericht Düsseldorf entschieden, dass Banken für Einlagen auf Girokonten kein gesondertes Entgelt berechnen dürfen. Das Landgericht Berlins erklärte Verwahrentgelte für Tagesgeld- und Girokonten für unzulässig. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Die zur Commerzbank gehörende Comdirect hat ausgerechnet, dass Sparer allein letztes Jahr 80 Milliarden Euro verloren haben wegen niedriger Zinsen auf ihr Geld.

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