Junge Frau lehnt das Essen eines Schokokusses ab (Foto: IMAGO, Udo Kröner)

Fünf Wochen (fast) ohne Zucker

Zuckerfasten mit Durchhaltevermögen

Stand
AUTOR/IN
Sabine Schütze

Keine Süßigkeiten und keine süßen Gerichte in der Fastenzeit. Das lässt sich nach den ersten Tagen auf Entzug erstaunlich gut umsetzen. Hier ein Zwischenbericht und Tipps.

Kalter ZUCKER-Entzug zu Beginn

Ich muss es zugeben: Die ersten zwei bis drei Tage ohne meine süßen Kleinigkeiten sind mir schwer gefallen. Nahezu ständig musste ich daran denken, hatte Lust auf was Süßes – und musste mir standhaft auf die Finger klopfen. Das war nicht schön, aber glücklicherweise ziemlich bald vorbei.

Als Ersatz für Süßigkeiten habe ich mir an diesen Tagen je zwei Mal Obst gegönnt. – Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so scharf darauf sein würde, und dass es so schwierig sein könnte, nach zwei Portionen Obst nicht noch eine dritte oder vierte zu verdrücken. Ich hätte ständig essen können. Wohl auch deshalb habe ich nach anderen Möglichkeiten gesucht, mich kulinarisch zu befriedigen. Also habe ich mehr gekocht: herzhafte warme Gerichte. Und ich habe Salate zubereitet.

Ein pochiertes Ei auf einem bunten Salat (Foto: IMAGO, Panthermedia)
Pochiertes Ei auf Salat ergibt zusammen mit einem leckeren Dressing eine prima Ersatzbefriedigung

Meine Lösung: Jeden Tag einen anderen Salat machen!

Das Schnippeln von Salatzutaten hat mich abgelenkt. Und ins Dressing kommt ja immer auch etwas Zucker oder Honig oder Ahornsirup. Inzwischen habe ich das als Ersatzhandlung schon ziemlich gut etabliert. Aber dazu später mehr.

Außerdem habe ich wieder angefangen, Keimlinge und Sprossen zu ziehen. Das sind frisch-knackige Ergänzungen in meinen Salaten. Und weil sich nicht nur Gemüsesamen keimen lassen, sondern auch Hülsenfrüchte und Getreide, kann ich damit viel Abwechslung auf den Tisch bringen. Außerdem sättigen die Salate länger, weil sie so reicher an Proteinen und Kohlenhydraten sind.

Gekeimte Gemüsesprossen, Hülsenfrüchte und Getreide Kleine Nährstoff-Kraftprotze: Keimlinge und Sprossen

Frisch gekeimte Sprossen bringen Abwechslung, viel Geschmack und reichlich Vitamine sowie Mineralstoffe auf unsere Teller. Und Spaß macht das Selbstziehen auch noch.

Entsetzen über die tägliche ZUCKER-Menge

Meine stetige Lust auf Süßes während der ersten "zuckerfreien" Tage hat mir gnadenlos vor Augen geführt, wie oft am Tag ich tatsächlich etwas Süßes esse.

  • Der Morgen startet mit Marmeladenbrötchen (an den Wochenenden).
  • Nach dem Mittagessen gibt es noch einen süßen Abschluss: Kekse, Stück Schoki oder so.  
  • Am Nachmittag gönne ich mir ein Stück Kuchen oder was anderes Süßes zum Kaffee dazu.
  • Am Abend "belohne" ich mich gern mit Schokolade.

Das sind mindestens vier Mal täglich zusätzlicher Zucker! Und oftmals noch eine Kleinigkeit oben drauf, einfach so zwischendurch, ohne drüber nachzudenken. Hammer! Das hatte ich tatsächlich verdrängt, beziehungsweise ich habe mich geweigert, das bewusst wahrzunehmen. – Jetzt hat mir der kalte Entzug gezeigt, wie "abhängig" vom Zucker ich wirklich war und vielleicht noch bin. Klar, es sind die Gewohnheiten, die mich hier fest im Griff haben. Und die gilt es zu ändern.

Das Hoch nach dem ZUCKER-Tief

Nach drei Tagen leiden war es vorbei! Juchhu! – Ich fing an, mich wacher und aktiver zu fühlen. Kann sein, dass das einfach nur vom Hochgefühl kam, es bis hierhin geschafft zu haben. Kann auch sein, dass mein verändertes Essverhalten damit zu tun hat, weil mein Blutzucker nicht ständig hoch schnellte und wieder runter rauschte.

Auf jeden Fall hält meine gute Laune seitdem meistens an. Ich brauche auch nicht mehr täglich Obst. Ich vermisse meine süßen Snacks nicht und genieße tatsächlich meine Salate, die ja eine süß-saure Geschmackskomponente haben. Darauf konzentriere ich mich beim Essen. Gern auch mal ein Müsli oder Joghurt mit Obst.

Ein Glas mit Naturjoghurt und verschiedenen Beeren (Foto: IMAGO, Shotshop)
Naturjoghurt und süße Beeren sind eine wunderbare Nascherei

Die ZUCKER-Ausnahme

Radikaler Zuckerverzicht sorgt in der Regel für Frust und für den Abbruch des Zuckerfastens. Das habe ich selbst schon mehrere Male erlebt. Deshalb sind diesmal nicht nur Obst und Salatdressings zugelassen, sondern ich habe mir bewusst außerdem eine süße Ausnahme pro Woche eingeräumt. Das heißt, ich könnte etwas Süßes naschen, ein Stück Kuchen essen oder ein süßes Gericht, wenn es mich überkommt.

Allein die Möglichkeit hat tatsächlich dafür gesorgt, dass ich die Ausnahme bislang nur zwei Mal in Anspruch genommen habe. Ich war nämlich zwischendrin krank. Währenddessen hatte ich Zeit und kaum Ablenkung. Hauptsächlich deshalb bin ich gedanklich immer wieder bei süßen Snacks gelandet. Ich hätte sie mir mehrmals am Tag reinschieben können, um mich zu beschäftigen, bzw. um mich aufzubauen. Also habe ich mir Honig gegönnt und einmal einen leicht gesüßten Porridge.

Aber ich habe in den letzten 5 Wochen tatsächlich nicht ein Stück Kuchen oder Torte gegessen und auch keine Süßigkeit zwischendurch genascht. Allein, dass ich gedurft hätte, hat mich so sehr angespornt, es doch ohne Naschen zu schaffen, dass es nicht nötig war. Dabei hat geholfen, dass ich mir bewusst gemacht habe, dass ich nur bis Ostern verzichten will. Das kann ich schaffen. Das ist ja nicht für immer. Und ich freue mich tatsächlich auf mein erstes Stück Kuchen nach der langen Zeit. Das wird was besonders. - Glücklicherweise hat mich die Lust auf Süßes nie sehr lange beschäftigt.

Nährwerttabelle auf einer Ketchup-Flasche (Foto: IMAGO, STPP)
In der Nährwerttabelle lässt sich genau nachlesen, wie viel Zucker genau im Lebensmittel, wie hier im Ketchup, steckt

Mehr versteckter ZUCKER-Zusatz als gedacht

100 Gramm fertiger Weißkrautsalat enthalten 14 Gramm Zucker. Wer davon eine überschaubare Portion von 200 Gramm isst, konsumiert direkt 28 Gramm Zucker – ohne viel davon zu merken. Rotkohl im Glas bringt es auf 11 Gramm Zucker pro 100 Gramm.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hält 25 Gramm Industriezucker täglich für vertretbar.

Interessant ist diesbezüglich auch folgender Vergleich: Süße Fruchtjoghurts enthalten weniger Zucker als Krautsalat, nämlich 13 Gramm auf 100 Gramm.

Auch in Fertigsuppen ist erstaunlich viel Zucker: 22 Gramm beispielsweise in einem Teller Rote-Bete-Suppe, 12 Gramm in einer Portion Tomatensuppe, im Teller jeweils 250 Gramm Suppe.

Vegetarische Aufstriche enthalten zum Beispiel 8 Gramm Zucker, manchmal noch mehr.

Selbst Brötchen kommen nicht ohne Zucker aus: 3,5 Gramm Zucker stecken in einem Aufbackbrötchen, mehr als 5 Gramm in einem Burger Bun.  

Tipp: In der Nährwerttabelle auf der Lebensmittelverpackung nachlesen. Unter dem Stichwort "Kohlenhydrate" stehen dort sämtliche enthaltene Zucker extra ausgewiesen. Nervt, weil oft kleingedruckt - lohnt aber.

Wer sich die Mühe des Nachlesens macht, erfährt auch, dass 25 Gramm Zucker in 100 Gramm gesundem Müsli versteckt sind, obwohl es ohne zugesetzten Zucker ist und nur aus Getreideflocken und Trockenfrüchten besteht. Trockenfrüchte sind Zuckerbomben. Das unterschätzen wir gern.

Statt ZUCKER-Mahlzeit eine Ersatzhandlung etablieren

Wenn ich aus Gewohnheit zu etwas Süßem greifen möchte, tue ich bewusst etwas anderes auf den Teller oder verzichte auch mal bewusst. Meine Ersatztätigkeiten sehen so aus:

  • Statt Marmeladenbrötchen: ein pochiertes oder gekochtes Ei.
  • Statt Mittagskeks: eine Tasse Tee oder Kaffee.
  • Statt Nachmittagskuchen gibt es - wenn nötig - einen süßen Snack ohne zugesetzten Zucker wie etwa Zimtbanane mit Frischkäse.
  • Statt Schokolade am Abend: etwas unternehmen.

Auch ein Jahr nach dem ersten Versuch klappt das noch immer gut. Inzwischen sind mir meine Ersatzvarianten schon zur Gewohnheit geworden. Und ein paar zusätzliche Tricks helfen, falls es doch mal eng wird.

  • Ich mache mir bewusst, dass zugesetzter Zucker mich nur älter aussehen lässt und nicht gesünder macht.
  • Ich weiß, dass ich nur noch bis Ostern durchhalten will. Das kriege ich hin.
  • Ich habe eine Handvoll Mandeln oder Nüsse parat, die ich dann langsam kaue.
  • Ich trinke ein großes Glas Wasser oder Tee. Denn mitunter verwechselt unser Hirn Durst mit Appetit.

Ich drücke allen die Daumen, die auch loslegen wollen. Nehmt Euch die Zeit, auf Euren Körper zu hören. Der freut sich nämlich meist viel mehr über "herzhafte Kalorien" als über "leere", wie Zucker sie bietet. Und übrigens, ich freue mich sogar, wenn mein Bauch mal lautstark knurrt. Denn das kann er aushalten!

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Sabine Schütze