Solarstrom auf kleinem Raum

Lohnt sich ein Balkonkraftwerk?

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Sven Marcinkowski
Hanna Meßmann
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Sola Hülsewig
Nora Schwarz
Sabrina Reichert

Mini-Solaranlagen versprechen: Privat das Klima schützen und Geld sparen. Stimmt das? Und was taugen Balkonkraftwerke von Lidl und Netto?

Inhalt:

Wie funktionieren Balkonkraftwerke?

Im Handel gibt es sie unter den Namen Balkonkraftwerk, Balkonsolaranlage, Stecker-Solargerät, Mini-Solaranlage oder Balkon-PV-Anlage: Kleine Photovoltaikanlagen für den Balkon.

Sie bestehen aus ein bis zwei Solarmodulen, die in die Steckdose gesteckt werden können. Sobald die Anlage eingesteckt wird, läuft der erzeugte Strom in den haushaltseigenen Stromkreislauf ein. Während der Nutzung sorgt sie dann dafür, dass der Stromzähler möglichst langsamer läuft.

Technische Voraussetzungen für Balkonkraftwerke

  • Mit Änderung der Installationsnorm müssen steckbare Solargeräte nicht zwangsläufig vom Elektriker angeschlossen werden, auch Laien sollen dazu in der Lage sein.  
  • Wer sich unsicher ist, ob die zu nutzende Steckdose und deren Stromkreis in Ordnung ist, sollte sich jedoch Rat vom Fachmann holen. 
  • Im Sicherungskasten sollte aus Sicherheitsgründen zudem ein FI-Schalter vorhanden sein. Diese gehören heute zum Standard.
  • Bei dem Stromzähler sollte es sich nach aktuellem Stand um einen Zähler mit Rücklaufsperre handeln. In Zukunft könnte diese Auflage jedoch wegfallen.
  • Mehrere Geräte sollten aus Sicherheitsgründen nicht über eine Mehrfachsteckdose angeschlossen werden.

Rechtliche Voraussetzungen für Balkonkraftwerke

  • Die Anlage muss aktuell noch beim Netzbetreiber angemeldet werden. Hierfür bieten viele Betreiber einfache Formulare an.
  • Die Anlage muss außerdem im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur eingetragen werden.
  • Für alle, die kein Einfamilienhaus bewohnen, gilt: Bei baulichen oder Fassadenveränderungen ist es zwingend erforderlich, die Genehmigung des Vermieters oder der Wohnungseigentümergemeinschaft einzuholen. 
  • Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet an Erleichterungen, um Mietern zukünftig das Recht auf die Anbringung von Balkonkraftwerken zu gewähren. Außerdem soll in Zukunft eine Eintragung im Marktstammdatenregister ausreichen und die doppelte Beantragung beim Netzbetreiber entfallen. 

In Deutschland dürfen Balkonsolaranlagen derzeit maximal 600 Watt Nennleistung erzeugen. Handelsübliche Module erzeugen im Normalfall um die 400 Watt. Entsprechend können pro Haushalt bis zu zwei solcher Module angeschlossen werden.

Demnächst wird die maximale Einspeiseleistung des Wechselrichtes voraussichtlich auf 800 Watt erhöht. Die Solarmodule dürfen sogar eine Maximalleistung von bis zu 2.000 Watt erreichen. Es darf auch mehr Strom erzeugt werden, solange nicht mehr als 600, beziehungsweise 800 Watt über den Wechselrichter in den Stromkreislauf eingespeist werden. 

Wie werden die Solarmodule installiert?

Das Balkonsolarmodul muss auf oder an dem Balkon, der Terrasse oder der Hausfassade aufgebaut und befestigt werden. Dazu ist eventuell noch ein passender Unterbau nötig, der von den Gegebenheiten des Balkons abhängig ist. 

Entgegen vielen Annahmen ist für die Installation nicht zwangsweise ein Südbalkon notwendig. Hier können die Module, wenn es zu heiß wird, sogar überhitzen und an Effizienz verlieren. 

Laut dem KIT Karlsruhe kann man selbst bei einer Nordausrichtung noch mit einer Leistung um die 60 Prozent rechnen. Es dauert dann einfach länger, bis sich die Anlage rechnet.

Kann mit Balkonkraftwerken Strom gespart werden?

Ein durchschnittlicher Zwei-Personen-Haushalt in Deutschland verbraucht etwa 2.890 kWh Strom pro Jahr. Bei Balkonkraftwerken ist mit einem durchschnittlichen Ertrag von 70 bis 90 kWh pro 100 Watt Nennleistung zu rechnen. Erreicht man zum Beispiel durch zwei Module mit je 350 Watt die gesetzliche Grenze von 600 Watt, kann dieser Haushalt maximal 20 Prozent des Strombedarfs pro Jahr decken.  

Die Sonne scheint auf ein Balkonsolargerät, das in Großaufnahme gezeigt wird. Lohnen sich Balkonkraftwerke? (Foto: SWR)
Mit Balkonkraftwerken können derzeit bis zu 20 Prozent Strom gespart werden.

In ganz Deutschland kann man grob von etwa 30 Millionen Wohnungen mit Balkon oder Terrasse ausgehen. Würde jede davon das Maximum von 600 Watt ausnutzen, würde das 3,7 Prozent des Nettostromverbrauchs von Deutschland entsprechen.

Gut zu wissen: In Mietwohnungen oder Mehrfamilienhäusern mit mehreren Wohnungen hat jeder Haushalt seinen eigenen Stromkreislauf mit eigenem Stromzähler. Der über die Balkonkraftwerke erzeugte Solarstrom läuft also nur in den eigenen Stromkreislauf der jeweiligen Wohnung.

Die Balkonsolaranlagen können jedoch nur unmittelbar während der Erzeugung Energie abgeben. Energie speichern können sie nicht. Nicht genutzte Energie geht einfach in das Stromnetz des Stromversorgers über. Es ist deswegen sinnvoll, Geräte wie Waschmaschine oder Spülmaschine mittags anzuschalten, wenn die Solaranlage den höchsten Ertrag bringt.

Lohnen sich Balkonkraftwerke fürs Klima?

Photovoltaikmodule für den Balkon bestehen zum Großteil aus Silizium. Die Gewinnung ist sehr aufwendig. Der Großteil der Module wird in China hergestellt, wo für die Produktion häufig Kohlekraft eingesetzt wird. Entsprechend hinterlässt die Herstellung der Module einen nicht unerheblichen ökologischen Fußabdruck. Neuere Modelle sind mittlerweile jedoch so effizient, dass sie diesen Energieaufwand (plus den für die Entsorgung) bereits nach ein bis zwei Jahren ausgleichen können, schreibt das Umweltbundesamt

Die Lebensdauer der Module beträgt 20, teilweise sogar bis zu 50 Jahre. Das heißt, sie können lange genutzt werden, ehe sie ausgetauscht werden müssen.

Es gibt aber auch alte, eigentlich ausrangierte Photovoltaikanlagen, die recycelt wurden und als Balkonsolar neu verkauft werden. Ihr ökologischer Fußabdruck wurde also schon abgebaut und man kann direkt mit einer positiven Ökobilanz starten.

Zudem sollte darauf geachtet werden, dass deutsche oder europäische Produkte gekauft werden. Hier ist der Transportweg kürzer und es gibt strengere Richtlinien bei der Herstellung.

Lohnen sich Balkonkraftwerke für mich persönlich?

Die Kosten für ein Balkonkraftwerk belaufen sich je nach Anbieter auf etwa 600 bis 700 Euro pro Solarmodul. Im Vergleich zum Klima dauert es finanziell etwas länger, bis sich die Photovoltaikanlagen lohnen. Das hängt unter anderem vom Stromverbrauch und dem -tarif ab. Nach fünf Jahren haben sich die Anschaffungskosten in vielen Fällen schon amortisiert. Wer es genau wissen will, kann im Internet mit einem Rechner herausfinden, wie viel Strom und wie viel Geld mit so einem Balkonsolargerät im eigenen Haushalt gespart werden können.

Immer mehr Kommunen, Bundesländer, Regionalverbände, aber auch einige Netzbetreiber und Stromverbände, fördern die Anschaffung von Balkonkraftwerken. Gelegentlich finden sich auch örtliche Sponsoren, die einen Teil der Kosten abnehmen, um nachhaltige Energien zu fördern. Aufgrund der verhältnismäßig geringen Stromgewinnung gilt der Betrieb der Balkonkraftwerke als reiner Eigenverbrauch und ist dementsprechend nicht umsatzsteuerpflichtig.

Solar auf dem Dach? Alle wichtigen Infos dazu gibt es hier:

Wie gut sind Balkonkraftwerke von den Discountern Lidl und Netto? 

Mittlerweile bieten sogar Discounter Balkonkraftwerke für verhältnismäßig wenig Geld an.

Marktcheck hat sich zwei Angebote von Netto und Lidl näher angesehen: Das Parkside-Starterset von Lidl mit einem Panel und einer maximalen Leistung von 150 Watt kostet 238 Euro. Das steckerfertige Netto-Set hat zwei Panele und produziert bis zu 820 Watt. Mit der nötigen Halterung kostet es inklusive Versand rund 804 Euro.  

Mangelhafte Wechselrichter bei Balkonkraftwerken?

Die Bundesnetzagentur warnt vor mangelhaften Solarwechselrichtern. Sie empfiehlt in jedem Fall den Kauf von Geräten mit CE-Kennzeichen, einer deutschen Bedienungsanleitung und einer deutschen Händleradresse.  

Grafik: Funktionsweise eines Wechselrichters. Beim Balkonkraftwerk verwandelt er Gleichstrom in Wechselstrom (Foto: SWR)
Gleichstrom aus den Solarmodulen wird vom Wechselrichter in Wechselstrom umgewandelt.

Zwar tragen sowohl das Lidl- als auch das Netto-Produkt das CE-Kennzeichen, die Hersteller sind jedoch nur schwer (Netto) oder gar nicht (Lidl) ersichtlich.  

Bei Netto ist am Wechselrichter der chinesische Hersteller Deye angegeben, Netto schreibt uns allerdings auf Nachfrage: 

"Bei dem von Ihnen angefragten Balkonkraftwerk ist Veska sowohl Zulieferer als auch Produzent – das Herstellermarkenzeichen ist am Wechselrichter abgebildet. Selbstverständlich besitzt der Wechselrichter alle erforderlichen Zertifikate und entspricht sämtlichen CE-Richtlinien. Das angebrachte CE-Zeichen dient als Nachweis dieser Konformität."

Lidl schreibt Marktcheck: 

"Der Wechselrichter des Parkside Balkonkraftwerks wurde speziell für Parkside von unserem Hersteller entwickelt. Die technischen Informationen sowie die Konformitätserklärung sind in der Bedienungsanleitung enthalten, die Zertifikate sind über unseren Kundendienst auf Anfrage erhältlich. Das Balkonkraftwerk enthält einen Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz), welcher die grundsätzlichen Anforderungen der VDE-AR-N 4105 an die sofortige Netzabschaltung bei Stromausfall (ziehen des Netzsteckers) erfüllt."

Der Hersteller bleibt also ein Geheimnis.

Das Hauptproblem bei den Sicherheitsstandards seien aktuell fehlende einheitliche Normen und Richtlinien, sagt Solarexperte Christian Ofenheusle. An denen arbeite er gerade mit dem Verband der Elektrotechnik. Bis Sommer 2024 sollen sie vorliegen. 

Befestigung des Balkonkraftwerks 

Beide Balkonkraftwerke lassen sich in unserem Versuch nicht am Balkongeländer der Familie anbringen, da die Halterung nicht passt. Das Netto-Kraftwerk wiegt zudem mehr als 20 Kilo – hier sollte die Anbringung besonders gut geprüft werden. 

Anschluss des Balkonkraftwerks 

Die Lidl-Anlage lässt sich nicht mit einer normalen Steckdose verbinden. Der Discounter liefert eine sogenannte Einspeisesteckdose mit. Um diese anzuschließen, wird ein Elektriker gebraucht. Darauf weist Lidl im Angebot auch hin, aber natürlich bedeutet das zusätzliche Kosten

Das Nettogerät kann an eine normale Steckdose angeschlossen werden. Allerdings weist Marc Fengel, Sachverständiger für elektrische Anlagen, darauf hin, dass der Stromkreis nicht immer für den Anschluss eines Balkonkraftwerks geeignet ist. „Sie müssten für ihre Plug-In PV-Anlage zum Balkon einen separaten Stromkreis ziehen. Dieser Stromkreis muss über einen eigenen Leitungsschutzschalter, umgangssprachlich Sicherung genannt, abgesichert sein. Plus nochmal zusätzlich über eine separate Fehlerstromschutzeinrichtung, umgangssprachlich FI-Schutzschalter genannt.“ 

Für Laien ist dies nicht ohne Weiteres erkennbar. 

In unserem Fall hat die Familie die Balkonkraftwerke von Lidl und Netto wieder zurückgeschickt – das Versprechen "plug and play" (einstecken und loslegen) wurde so nicht eingelöst.

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