So ein Notstromaggretat kann hilfreich sein: Die Sorge um Gasknappheit steigert derzeit den Verkauf. Für Unternehmen werden sie von der Bundesregierung empfohlen - aber für private Haushalte? (Foto: IMAGO, IMAGO / Gottfried Czepluch)

Hohe Strompreise oder Stromausfall

Energiekrise: Lohnt es sich, ein Notstromaggregat zu kaufen?

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Petra Thiele
SWR-Wirtschaftsredakteurin Petra Thiele (Foto: Dirk Bannert)

Die Sorge um eine Gasknappheit steigert derzeit den Verkauf von Notstromaggregaten. Für Unternehmen werden sie von der Bundesregierung empfohlen - aber für private Haushalte?

In Baumärkten sind mobile Notstromaggregate stark gefragt. Das Sommer-Angebot eines Discounters: Ein Stromerzeuger für knapp 400 Euro war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Beworben wurde das Gerät als idealer Begleiter für Camping oder im Van. Durch die aktuelle Debatte um mögliche Energieversorgungslücken ist das Gerät anscheinend aber auch von Menschen gekauft worden, die damit nicht auf das nächste Musikfestival reisen - sondern gewappnet sein wollen für kommende Erhöhungen der Strompreise oder auch einen Stromausfall in den eigenen vier Wänden.

Energieexperte: Notstromaggregat bringt kaum Leistung

Der Energieexperte Thomas Zwingmann vermutet, dass viele Käufer sich solche Geräte inzwischen als "Beruhigungsmittel zum besseren Einschlafen" kaufen. Denn die Leistung dieser kleinen, mobilen Stromerzeuger - wie etwa dem Discounter-Angebot mit maximal 2.000 Watt - sind eher gering, wenn man bedenkt, das bereits ein Wasserkocher 1.000 Watt braucht.

Stromaggregat benötigt viel Zubehör

Diese Notstromaggregate sind relativ laut. Sie müssen im Freien stehen. Man braucht einen Kanister Diesel oder Benzin dafür und muss ein extra langes Stromkabel dazu legen. Damit das Gerät im Notfall wirklich funktioniert, sollte es einmal getestet werden.

Da man meist nicht so einfach an das Kabel seiner Herdplatte herankommt, ist für die Nutzung des Stroms zusätzlich ein mobiles Camping-Kochfeld praktisch. Überhaupt sind Menschen mit Outdoor- oder Festival-Erfahrung und -Ausrüstung beim Thema Stromversorgung klar im Vorteil.

Strom aus Notstromaggregaten ist teuer

Ein Rechenbeispiel: Wenn der Liter Benzin zwei Euro kostet, würde eine Kilowattstunde (kWh) Strom 1,25 Euro kosten - berechnet mit einem mobilen Gerät mit einer Maximalleistung von 2.000 Watt und einem Verbrauch von 1,25 Litern pro Stunde.

Derzeit kostet eine Kilowattstunde Strom rund 30 Cent, bei ungünstigen Verträgen bis zu 40 Cent. Der Strompreis aus dem Stromnetz müsste sich also mehr als verdreifachen oder vervierfachen, bevor er an das teure Niveau eines Notstromaggregat-Strompreises herankommt oder es übersteigt.

Bei der Rechnung muss man allerdings bedenken: Ein mobiles 2.000-Watt-Notstromgerät liefert keine Versorgung für einen kompletten Haushalt. Man muss immer entscheiden, welche Haushaltsgeräte daran angeschlossen werden sollen.

Laufzeit des Stromerzeugers abhängig von der Nutzung

Es kommt immer darauf an, was man alles an einen mobilen Stromerzeuger anschließt und wie lange: Ein Gerät mit vier Liter Benzin Fassungsvermögen verbraucht bei einer Maximalleistung von 2.000 Watt 1,25 Liter Sprit pro Stunde. Es würde also mit einer Tankfüllung etwas mehr als drei Stunden im Hochbetrieb laufen können. Je weniger Stromfresser angeschlossen sind, desto länger hält das Gerät mit einer Füllung durch.

Lärm: Laut wie ein Orchestergraben oder eine Hauptverkehrsstraße

Notstromaggregate sind sehr laut. Sie erreichen bis zu 90 Dezibel. Das ist so laut wie eine stark befahrene Hauptverkehrsstraße, ein Orchestergraben oder eine zuknallende Tür.

Dazu kommen noch die Abgase. Ein Aggregat sollte deshalb immer so platziert werden, das die Abgase nicht in Wohnräume gelangen können.

Wie viel kostet ein Notstromaggregat?

Kleinere Geräte mit einer Leistung von 680 Watt gibt es schon für 150 Euro. Aggregate mit mehr als 4.000 Watt kosten 1.000 bis 5.000 Euro, größere Anlagen für Behörden oder Firmen bis zu 20.000 Euro. Benzin-Notstromaggregate sind in der Regel etwas günstiger als Diesel-Modelle. Die Stromerzeugung ist bei mit Diesel angetriebenen Geräten dafür etwas günstiger.

Bei Solaraggregaten, die durch Solarpanels angetrieben werden, fallen keine Betriebskosten an. Allerdings: Die Ladezeit kann sehr lang sein. Sie hängt von der Sonneneinstrahlung und Leistung ab. Bei einem 1.000-Watt-Solaraggregat kann es bis zu acht Stunden dauern bis es wieder aufgeladen ist.

Tipps für den Kauf eines Notstromaggregats

  1. Folgende Frage muss zunächst beantwortet werden: Welche Geräte will ich anschließen? Oder komplett das ganze Haus?
  2. Wer seinen kompletten Haushalt mit einem Notstromaggregat absichern will, kann dies nur mithilfe von Fachleuten tun. Die Kosten für bauliche Änderungen und die Handwerkerstunden sind entsprechend hoch.
  3. Wer nur einzelne Geräte - wie Wasserkocher, Mikrowelle, Heizstrahler, TV, Smartphone - mit Strom versorgen möchte, sollte ausrechnen, welche Leistung er von einem Aggregat benötigt.
  4. Einmal im Jahr sollte das Notstromaggregat getestet werden, damit im Notfall alles funktioniert.

Notstromaggregate sind keine Pflicht

Das Bundesamt für Katastrophenschutz informiert über Notstromversorgung für private Haushalte und geht in einer Broschüre (siehe Infokasten) auch detailliert auf kleine Stromerzeuger ein. Diese mobilen Geräte sind ursprünglich für Baustellen oder Freizeitaktivitäten gedacht.

Notstromaggregate gehören nicht zum Standard für Privatleute. Sie sind keine Pflicht. Wenn es aber besorgte, verängstigte Menschen beruhigt, so ein Gerät im Keller oder in der Garage stehen zu haben, dann ist das zwar eine relativ teure Seelen-Medizin - aber es gibt sinnlosere Anschaffungen. Und so ein technisches Gerät kann später immer weiterverkauft oder verschenkt werden.

Wegen der mangelnden Stromversorgung müssen Ladenbesitzer in Pakistans größter Stadt Karachi mit Aggregaten Strom erzeugen (Foto: IMAGO, IMAGO / Dean Pictures/Ilyas Dean)
Wegen der mangelnden Stromversorgung müssen Ladenbesitzer in Pakistan mit Aggregaten Strom erzeugen.

Deutschland hat im europäischen Vergleich wenige Stromausfälle

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) betont, dass die Qualität der Stromversorgung in Deutschland "außerordentlich hoch" ist. Doch die seltenen, tagelangen Stromausfälle in Deutschland hätten auch gezeigt, dass sich die meisten Menschen nicht auf Krisensituationen vorbereitet haben. Dazu gehören zum Beispiel genügend Lebensmittel- und Trinkwasservorräte. Dazu gibt es Checklisten.

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Ist ein eigener kleiner Stromerzeuger eine Lösung?

Nach Ansicht des BKK sollten vor der Anschaffung eines Stromerzeugers die Punkte Betrieb des Gerätes, Kraftstofflagerung und Sicherheit bedacht werden:

  • Es dürfen maximal zehn Kilogramm Benzin (ca. 13,3 Liter) oder 20 Kilogramm Diesel (ca. 23,8 Liter) in dafür geeigneten Kanistern im Keller gelagert werden. (Genaue Hinweise gibt die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS 510).
  • Stromerzeuger dürfen nicht in Innenräumen betrieben werden. Aufgrund der Abgase besteht Erstickungsgefahr. Geeignet ist ein gut belüfteter und trockener Aufstellungsort im Freien.
  • Durch verschütteten Kraftstoff beim Betanken und heiße Anlagenteile entsteht Brandgefahr.
  • Gerade in dicht besiedelten Gebieten oder in Mehrfamilienhäusern können sich Nachbarn durch die Geräuschemissionen belästigt fühlen. Bei der Auswahl eines Stromerzeugers sollte daher ein leises Model gewählt werden.
  • Ortsveränderliche Geräte wie Kabellampen, Wasserkocher, Heizlüfter, Wärme- und Kochplatten können über Verlängerungskabel an den Stromerzeuger angeschlossen werden. Empfindliche elektronische Geräte wie etwa Computer müssen dafür geeignet sein.
  • Bei der Verlegung der Verlängerungskabel ist zu beachten, dass für die Kabel eine Gebäudeöffnung benötigt wird. Offene Türen oder Fenster begünstigen jedoch das Auskühlen der Wohnung und erschweren den Einbruchschutz.

Eine einzelne Behörde, die mit der Notfallplanung für Stromausfallszenarien befasst ist, gibt es in Deutschland nicht. Staatliche Stellen in Bund, Ländern und Kommunen setzen jeweils in eigener Zuständigkeit Pläne um.

31 Stunden ohne Strom im Februar

In Deutschland sind Stromausfälle selten. Zum größten Stromausfall seit dem Zweiten Weltkrieg kam es im Februar 2019 in Berlin. Bei Bauarbeiten wurden zwei wichtige Stromkabel durchtrennt: Rund 31.500 Haushalte und 2.000 Geschäfte waren plötzlich ohne Strom - und zwar 31 Stunden lang. In Rheinland-Pfalz waren 2004 nach einem Fehler in einer Hochspannungsleitung rund 540.000 Menschen vom Stromnetz abgeschnitten - teilweise mehr als drei Stunden.

Ein Zettel "Heute wegen Stromausfall geschlossen!" hängt in Köpenick an der Tür eines Geschäftes. Bei einem Stromausfall in Berlin im Februar 2019  waren mehr als 30 000 Haushalte ohne Strom. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Paul Zinken)
Bei einem Stromausfall in Berlin im Februar 2019 waren mehr als 30 000 Haushalte ohne Strom.

Stromausfälle an Urlaubsorten

Wer häufiger im Ausland Urlaub macht, kennt aus einigen Ländern folgende Situation: Abends wird es plötzlich dunkel und still. Die Einheimischen greifen routiniert zu Kerzen und Taschenlampen. Reisende, die es zum ersten Mal erleben, staunen - ein Stromausfall. Manchmal ist schon nach wenigen Minuten der Strom wieder da. Irgendwo war eine Leitung überlastet. Wer nur in Ferienanlagen absteigt, wird von Stromausfällen meist gar nichts mitbekommen. Dort stehen meist Notstromaggregate bereit, damit Urlauber nicht im Dunkeln zum Buffet gehen müssen.

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