Warnstreiks an den Flughäfen am Freitag, eine IT-Panne bei der Lufthansa, die zu großflächigen Flugausfällen führt: Fluggäste müssen in diesen Tagen im Südwesten eine Menge Geduld mitbringen. Wie aber sollten Reisende vorgehen, wenn Flüge ausfallen oder auch aufgrund von langen Wartezeiten verpasst werden? Welche Rechte haben sie?
Laut der EU-Fluggastrechteverordnung haben Kunden einen Anspruch auf Rückerstattung, wenn ein Flug abgesagt wurde. Dies gilt übrigens auch, wenn der Flug über ein Buchungsportal gebucht wurde: Die Portale treten hier als Vermittler auf, der Vertrag kommt zwischen Fluggesellschaft und Kunden zustande. Deshalb sind die Airlines in der Pflicht, die Ticketkosten zu erstatten, wenn der Flug annulliert wurde.
Es gibt einige Möglichkeiten, sein Geld zurückzufordern oder eine Entschädigung zu erhalten.
Airline kontaktieren
Wenn ihr Flug ausfällt und Sie so auf den Reisekosten sitzen bleiben oder Ihnen ein Schaden entsteht, sollten sie zuallererst die Fluglinie sowie, zusätzlich bei Pauschalreisen, Ihren Reiserveranstalter kontaktieren, um eine Entschädigung einzufordern. Bitten Sie am Flughafen direkt um eine schriftliche Bestätigung. Heben Sie alle Reisedokumente sowie Quittungen auf: Verpflegung, Taxi, Hotel, etc. Schreiben Sie sich die genauen Start-, Lande- und Wartezeiten auf. Tauschen Sie mit anderen Betroffenen Kontaktdaten aus.
Bleibt Ihre Anfrage bei der Fluggesellschaft im Folgenden unbeantwortet, können Sie weitere, auch rechtliche Schritte, einleiten:
SöP: Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr kontaktieren
Zunächst muss der Kunde eine Beschwerde an die Fluggesellschaft schicken und sein Geld zurück fordern. Für eine Antwort sollte man eine Frist von sieben Tagen setzen. Sind Fluggesellschaften überlastet, so kann man gemäß unserem Rechtsexperten Karl-Dieter Möller auch eine Frist von drei bis vier Wochen setzen. Wenn die Antwort nicht zufriedenstellend ist (bzw. man gar keine Antwort erhält), kann man mit Hilfe eines Online-Formulars auf der SöP-Seite einen Schlichtungsantrag stellen. Das ist kostenlos.
Alleine 2018 haben sich mehr als 28.000 Verbraucher an die Schlichtungsstelle gewendet, viele mit Erfolg: Schaltete ein Fluggast die SöP ein, so zahlten die Airlines in 44 Prozent der Fälle sofort. Weitere 45 Prozent der Fluggäste bekamen ihr Geld nach einer Verhandlung. Nur elf Prozent gingen nach einer Schlichtung leer aus.
Die SöP ist nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) von der Bundesregierung und der EU als Schlichtungsstelle anerkannt. In individuellen Streitfällen zwischen Reisenden und Unternehmen soll sie bei einer außergerichtlichen Einigung helfen.

Für bestimmte Airlines ist statt der SöP das Bundesamt für Justiz (BfJ) zuständig. Das gilt für alle Fluggesellschaften, die nicht auf dieser Liste stehen.
Auch können Reiserücktrittsversicherungen im Falle einer Annullierung sinnvoll sein.
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Ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten
Auch als Privatperson kann man ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten. Das ist zwar mit Kosten verbunden, aber viel billiger als eine Klage. Und wenn die Airline immer noch nicht zahlt, gibt es am Ende eine Zwangsvollstreckung. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hat auf einer Online-Seite detailliert beschrieben, wie man in fünf Schritten ein Mahnverfahren einleiten kann. In Baden-Württemberg ist das Amtsgericht Stuttgart zuständig, in Rheinland-Pfalz das Amtsgericht Mayen. Die Gebühren für das gerichtliche Mahnverfahren hängen von der Höhe der Geldforderung ab.
Fluggastrechteportale nutzen
Sogenannte Sofortentschädiger wie AirHelp, EUflight oder Flightright, prüfen zunächst die Erfolgsaussichten ihrer Forderung. Sind diese gut, macht Ihnen das Unternehmen ein Angebot. Gehen Sie darauf ein, wird Ihnen das Geld sofort überwiesen - unabhängig davon, ob es das Unternehmen tatsächlich schafft, die Forderungen umzusetzen. Einen Teil der Entschädigung, die es voraussichtlich für Ihren Fall gibt, behält das Unternehmen im Gegenzug als Provision ein - meist gut 40 Prozent.
Inkassodienstleister
Weniger kostet es bei Inkassodienstleistern - aber auch die verlangen etwa 25 bis 30 Prozent der Entschädigung als Erfolgsprämie. Solche Dienstleister übernehmen Ihren Fall nach einer Prüfung und ziehen gegebenenfalls für Sie vor Gericht. Zahlen müssen Sie nur, wenn das Unternehmen Erfolg hat. Hier kann es mehrere Monate dauern, bis Sie ihr Geld erhalten.
Anwalt einschalten und klagen
Flugrechtsexperte Professor Ronald Schmid legt Kunden, die unbedingt ihr Geld zurückbekommen wollen, nahe, sich einen Anwalt zu nehmen und gegen die Fluggesellschaft Klage zu erheben.
Im Erfolgsfall muss die Gegenseite - also die Fluggesellschaft - die Anwaltskosten zahlen. Sie können dann die Entschädigung ohne Abzüge behalten. Hat der Anwalt jedoch bei der Durchsetzung Ihrer Forderung keinen Erfolg, bleiben Sie auf den Anwaltskosten sitzen und gehen in Punkto Entschädigung leer aus.
Sie können noch bis zu drei Jahre nach dem Flug ihre Ansprüche geltend machen, dann verjährt der Fall.
Gutschein akzeptieren?
Einige Kunden spielen wahrscheinlich auch mit dem Gedanken, angebotene Gutscheine der Airline anzunehmen - vor allem, wenn sie einen höheren Wert haben, als die ursprünglich gebuchte Reise.
Manche Verbraucher wollen sich auch solidarisch mit dem Reiseanbieter zeigen. Tatsächlich stehen viele Anbieter derzeit mit dem Rücken zur Wand und wenn ein Großteil der Kunden auf Geldrückzahlungen besteht, erhöht dies das Risiko, dass der Anbieter pleite geht. Das wiederum wäre zum Schaden aller Kunden.
Ist der Gutschein insolvenzgesichert?
Gutscheine von Fluggesellschaften sind in der Regel nicht gegen Insolvenz abgesichert. Sollte die Airline zahlungsunfähig werden, bekommen die Kunden ihr Geld mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr zurück. Außerdem sollten die Kunden auch prüfen, zu welchen Bedingungen der Gutschein eingelöst werden kann und was passiert, wenn er während der Gültigkeitsdauer nicht eingelöst wird.
Informationen, zu corona-bedingten Flugausfällen finden sich im Folgenden:
Annulliert wegen Corona? Flug ausgefallen – diese Rechte haben Passagiere
Über Weihnachten sind weltweit mehr als 7.000 Flüge ausgefallen - laut Flightaware.com. Darüber hinaus waren tausende Flüge verspätet, besonders in den USA. Welche Rechte haben Fluggäste?
Verpasster Flug durch lange Sicherheitskontrollen beim Check-in
In manchen Fällen kommt es auch vor, dass Passagiere zu spät durch die Sicherheitskontrolle des Flughafens kommen und so ihren Flug verpassen. In der Regel teilt die Fluggesellschaft einige Tage vor Abflug mit, wann Kunden am Flughafen eintreffen sollen. Gibt es keine Mitteilung der Airline, regelt EU-Recht, dass Passagiere mindestens 45 Minuten vor Abflug am Gate sein müssen.
Aber Vorsicht, denn Gate ist nicht gleich Sicherheitskontrolle. Hier können lange Wartschlangen und -zeiten auftreten. Passagiere sollten daher lieber zu viel als zu wenig Zeit einplanen.
Verpasst man trotz rechtzeitigem Erscheinen aufgrund von Airport-Sicherheitskontrollen den Flug, kann man Schadensersatz verlangen. In solch einem Fall muss in der Regel der Staat die Kosten tragen, da ein Organisationsverschulden der Bundespolizei vorliegt. Dies bestätigt ein Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 27. Januar 2021: Reisende müssten zwar grundsätzlich mit längeren Wartezeiten am Check-in rechnen. "Ein Fluggast muss sich aber nicht auf eine beliebige Dauer einstellen, sondern darf sich nach den Empfehlungen des Flughafenbetreibers oder Vorgaben der Fluggesellschaft richten“, so das OLG.
Um jedoch Entschädigungen geltend zu machen, ist es essenziell zu dokumentieren, was am Flughafen geschah. So sollten Sie etwa Beweisfotos von der Ankunftszeit machen, um vor Gericht beweisen zu können, dass sie rechtzeitig da waren. Zudem ist es wichtig, sich umgehend in die Warteschlange einzureihen, ohne Zeit an Verkaufsständen zu verlieren. Außerdem sollten man vor allem beim Check-in, wenn möglich aber auch bei den Sicherheitskontrollen, auf sich aufmerksam machen, sobald man bemerkt, dass es zeitlich knapp wird und bei anwesendem Flughafenpersonal um eine priorisierte, beschleunigte Abfertigung oder Sicherheitskontrolle bitten - da man sonst den Flug verpasst. Machen Sie beim Check-in nicht auf sich aufmerksam, so kann es sein, dass Sie Mitschuld am Verpassen des Fliegers tragen und auf den Kosten sitzen bleiben. (Amtsgericht Düsseldorf, Az. 42 C 9584/14)
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