Jede zweite berechtigte Forderung eines Fluggastes auf Entschädigung wird von Airlines zunächst abgelehnt. Das heißt es in einer Studie des Portals AirHelp. Demnach lehnte Easyjet sogar 96 Prozent aller berechtigten Forderungen zunächst ab, Ryanair 95 Prozent. Auch die Lufthansa lehnte mit 51 Prozent berechtigte Fluggastforderungen oft ab.

Fluggäste haben Anspruch auf Entschädigung
Ist ein Flug mindestens drei Stunden verspätet oder fällt gar ganz aus, stehen dem Kunden in der EU – je nach Strecke und Höhe der Verspätung – bis zu 600 Euro Entschädigung zu. Wie viel der Flug gekostet hat, spielt dabei keine Rolle. Wenn der Flug auf den darauf folgenden Tag verschoben wird, muss die Airline auch die Hotelübernachtung und den Transfer dorthin und zurück zum Flughafen übernehmen.
Grundlage für diese Ansprüche ist die EU-Verordnung 261/04. Sie gilt für:
- Flüge innerhalb der EU, die von einer Fluggesellschaft aus der EU oder einem Nicht-EU-Land durchgeführt werden
- Flüge aus einem Nicht-EU-Land in die EU, die von einer Fluggesellschaft aus der EU durchgeführt werden
- Flüge aus der EU in ein Nicht-EU-Land, die von einer Fluggesellschaft aus der EU oder einem Nicht-EU-Land durchgeführt werden
Entschädigung in folgender Höhe können Ihnen zustehen:
- Flüge mit einer Flugstrecke bis 1.500 km: 250 Euro
- Flüge mit einer Flugstrecke ab 1.500 km bis 3.500 km: 400 Euro
- Flüge mit einer Flugstrecke ab 3.500 km: 600 Euro

Kostenlose Verpflegung
Ab einer gewissen Flugverspätung steht dem Fluggast außerdem kostenlose Verpflegung zu sowie die Möglichkeit zu zwei Telefonaten oder E-Mails. Die Versorgungsleistungen gelten:
- Bei Flügen mit einer Flugstrecke bis 1.500 km ab einer Verspätung von zwei Stunden
- Bei Flügen mit einer Flugstrecke von 1.500 km bis 3.500 km ab einer Verspätung von drei Stunden
- Bei Flügen mit einer Flugstrecke von 3.500 km ab einer Verspätung von vier Stunden.
Fluggesellschaften oft unwillig
Häufig stellen sich Fluggesellschaften bei Entschädigungsforderungen ihrer Kunden zunächst quer. So werden beispielsweise oft außergewöhnliche Umstände als Gründe für die Verspätung aufgeführt – obwohl dies nicht immer den Tatsachen entspricht.
„Wichtig ist für Reisende, dass sie genau die Reise-Umstände dokumentieren. Beispielsweise bei Verspätungen die Zeit der Verspätung zu erfassen und sich dann im ersten Schritt an die Fluggesellschaft zu wenden. Wenn das nicht möglich ist, dann kann in einem zweiten Schritt die Schlichtungsstelle angerufen werden – beispielsweise über das Online-Formular der SÖP.“
Schnelle Entschädigung durch Schlichtungsstelle
Alleine 2018 haben sich mehr als 28.000 Verbraucher an die Schlichtungsstelle gewendet, viele mit Erfolg: Schaltete ein Fluggast die SÖP ein, so zahlten die Airlines in 44 Prozent der Fälle sofort. Weitere 45 Prozent der Fluggäste bekamen ihr Geld nach einer Verhandlung. Nur elf Prozent gingen nach einer Schlichtung leer aus.

Sofortentschädiger
Sogenannte Sofortentschädiger wie AirHelp, EUflight oder Flightright, prüfen zunächst die Erfolgsaussichten ihrer Forderung. Sind diese gut, macht Ihnen das Unternehmen ein Angebot. Gehen Sie darauf ein, wird Ihnen das Geld sofort überwiesen – unabhängig davon, ob es das Unternehmen tatsächlich schafft, die Forderungen umzusetzen. Ein größerer Teil der Entschädigung, die es voraussichtlich für Ihren Fall gibt, behält das Unternehmen als Provision ein – meist gut 40 Prozent.
Inkassodienstleister
Weniger kostet es bei Inkassodienstleistern – aber auch die verlangen etwa 25 bis 30 Prozent der Entschädigung als Erfolgsprämie. Solche Dienstleister übernehmen Ihren Fall nach einer Prüfung und ziehen gegebenenfalls für Sie vor Gericht. Zahlen müssen Sie nur, wenn das Unternehmen Erfolg hat. Hier kann es mehrere Monate dauern, bis Sie ihr Geld erhalten.
Rechtsanwalt
In manchen Fälle kann es auch ratsam sein, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Im Erfolgsfall muss die Gegenseite – also die Fluggesellschaft – die Anwaltskosten zahlen. Sie können dann die Entschädigung ohne Abzüge behalten. Hat der Anwalt jedoch bei der Durchsetzung Ihrer Forderung keinen Erfolg, bleiben Sie auf den Anwaltskosten sitzen – und gehen in Punkto Entschädigung leer aus.
Sie können noch bis zu drei Jahre nach dem Flug ihre Ansprüche geltend machen, dann verjährt der Fall. Es lohnt sich jedoch, bei Flugverspätungen direkt aktiv zu werden.
To-do-Liste bei Flugverspätung
- Bitten Sie am Flughafen direkt um eine schriftliche Begründung der Verspätung.
- Heben Sie alle Reisedokumente sowie Quittungen auf: Verpflegung, Taxi, Hotel, etc.
- Schreiben Sie sich die genauen Start-, Lande- und Wartezeiten auf.
- Tauschen Sie mit anderen Betroffenen Kontaktdaten aus.