Fahrrad und Helm liegen nach einem Unfall mit einem Auto auf dem Straße.  (Foto: Colourbox)

Mindestabstand, Radwege, Überholen

Das Gesetz der Straße: Was Radfahrer über ihre Rechte wissen müssen

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AUTOR/IN
Angelika Scheffler-Ronen
Karl-Dieter Möller
ONLINEFASSUNG
Leonie Kalscheuer

Parkende Autos auf Radwegen, gefährliche Begegnungen mit Fußgängern: Fahrradfahrer kommen oft in brenzlige Situationen. Wer ist im Recht, wenn es wirklich mal kracht?

Ob beim Überholen, Parken, Türen öffnen, auf der Straße oder dem Gehweg, es gehört zum Alltag, dass Konflikte zwischen Autofahren oder Fußgänger mit Radfahrer entstehen. Wer muss dafür die rechtlichen Konsequenzen tragen? Wo wurde die Sorgfaltspflicht verletzt? Besonders wenn es sich um die deutlich schnelleren E-Bikes handelt, wächst die Gefahr auf den Straßen.

Autotür auf heißt Augen auf

Jeder Fahrradfahrer sollte mindestens 90 Zentimeter Abstand zu einem parkenden Auto halten, damit die Gefahr einer sich öffnenden Autotür verringert wird. Und trotzdem kommt es immer wieder zu genau diesen Unfällen.

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Problem für Fahrradfahrer: unaufmerksame Autofahrer

Fahrradunfälle passieren oft in wenigen Zehntelsekunden, sodass es für Radfahrer unmöglich ist, zu reagieren. So erging es auch einer Betroffenen, die in einen etwas speziellen Unfall mit einer Tür verwickelt war: Eine Dixi-Klo-Tür wurde plötzlich in Richtung Gehweg aufgestoßen - der Container war falsch aufgestellt worden. Der Sturz fühtre für die Fahrradfahrerin zu drei gebrochenen Mittelfußknochen.

Eine Tortur aus monatelangen Schmerzmitteln, Einschränkungen im Alltag und hohen Kosten folgten. Anfangs konnte sie sich nur auf einem Bürostuhl in der Wohnung bewegen. Und das alles obwohl sie nicht Schuld an dem Unfall war.

Um eine Entschädigung rechtlich durchzusetzen, wendete sich die Betroffene an einen Fachanwalt für Verkehrs- und Versicherungsrecht. Fahrradunfälle durch Toilettentüren sind eher selten, viel häufiger kommt es zu Stürzen durch Autotüren.

Der Anwalt betont, Unfälle durch Autofahrer, welche unaufmerksam die Tür öffnen und dabei einen Fahrradfahrer zum Sturz bringen, sind alltäglich. Die Rechtsprechung ist bei solchen Vorfällen sehr deutlich und legt den Autofahrern meist sehr hohe Sorgfaltsanforderungen auf.

Haftpflichtversicherungen versuchen jedoch, es anders zu drehen. So soll den geschädigten Radfahrern ein Mitverschulden zur Last gelegt werden. Zum Beispiel für das zu nahe vorbeifahren an dem haltenden Pkw. Unfallopfer, die, um die aufkommenden Koste stemmen zu können, das Geld dringend brauchen, können dann oft nicht bis zum Prozessende abwarten und gehen wie auch in hier erläuterten Fall einen Vergleich ein.

Autotüre wird geöffnet. Autofahrer müssen für das unaufmerksame Öffnen der Tür haften, wenn sie Unfall verursachen.  (Foto: Colourbox)
Autofahrer haften für das unaufmerksame Öffnen der Tür, wenn sie dadurch einen Unfall verursachen.

Sorgfaltspflicht liegt bei jedem Verkehrsteilnehmer

Es wird deutlich, dass besonders für Autofahrer Vorsicht geboten ist: Der Fahrer ist verpflichtet zu schauen, ob die Türe geöffnet werden kann, ohne dass andere gefährdet werden.

Aber wie so oft liegt die komplette Schuld nicht nur auf einer Seite. Auch der Fahrradfahrer sollten den Sicherheitsabstand zu Autotüren einhalten, da sonst eine Mitschuld entsteht. Die Devise lautet demnach: Alle müssen Rücksicht nehmen und ihre Sorgfaltspflicht beachten.

Radfahrer aufgepasst: Hindernis in Sicht

Autotüren sind plötzlich auftauchende Hindernisse - anders ist es bei Gegenständen, die fälschlicherweise auf dem Radweg stehen. Wie steht es hier um die Haftung, wenn es zu einem Unfall kommt?

Wer die Hindernisse verursacht, verletzt damit meist seine Sorgfaltspflichten. Das allein begründet allerdings noch keine Haftung. Sind die Gegenstände für den Radfahrer deutlich erkennbar, muss dieser seine Geschwindigkeit anpassen und das Hindernis großräumig umfahren. Kommt es dennoch zu einem Unfall, wird das dem Radfahrer unter Umständen allein angelastet.

Dies zeigte auch ein Vorfall, bei dem ein Radfahrer abgestellte Mülltonnen schon von Weitem sah und dennoch zu knapp an ihnen vorbeifuhr. Die gesamte Haftung des dadurch ausgelösten Sturzes musste von ihm selbst übernommen werden.

Parken auf dem Radweg

Nicht nur Mülltonnen versperren Radfahrern immer wieder den Weg - auch Autos, die am Ende eines Radwegs parken. Hier ist es rechtlich erlaubt, das Auto abzuschleppen zu lassen.

Überraschende Erkenntnis: Radfahrer dürfen rechts überholen

Nur den Wenigsten ist bekannt, dass es Fahrradfahrern tatsächlich zusteht, Autos rechts zu überholen. Im Paragraf 5 Absatz 8 der Straßenverkehrsordnung (StVO) heißt es:

"Ist ausreichender Raum vorhanden, dürfen Rad Fahrende und Mofa Fahrende die Fahrzeuge, die auf dem rechten Fahrstreifen warten, mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht rechts überholen."

Zu zweit oder allein: Radfahrer dürfen nebeneinander fahren

Wie in den meisten Fällen gilt auch bei der Frage, ob das Nebeneinander fahren von Radfahrenden erlaubt ist, der Grundsatz, den Verkehr dabei nicht zu behindern. Wenn das gegeben ist, darf man also auch zu zweit nebeneinander die Straße nutzen.

Nicht nur hier, sondern auch, wenn es sich nur um einen einzelnen Radfahrer handelt, müssen sich Autofahrer bei einem Überholvorgang oft gedulden. Innerorts muss beim Überholen des Rades ein Seitenabstand von 1,5 Meter und außerorts von 2 Metern gewährleistet sein. Ist das nicht der Fall, muss der Autofahrer hinter dem Radfahrer bleiben. Auch wenn dieser durch schmale Straßen dazu veranlasst ist, sich zur Straßenmitte hin zu orientieren. Es gilt zwar auch für Radfahrer das Rechtsfahrgebot, aber es wird empfohlen, mit dem Rad einen Meter Abstand zur rechten Straßenseite zu lassen.

Wenn Fußgänger und Radfahrer sich zu nah kommen

Aber nicht nur mit Autos kann es zu brenzligen Situationen kommen, auch bei Begegnungen mit Fußgängern ist es wichtig, die Gesetze zu kennen. Ein Beispielfall zeigt, wie schnell es hier zu Unfällen kommen kann: Ein Radfahrer fährt auf dem Radweg, der getrennt vom Fußgängerweg verläuft. Er klingelt, um eine Fußgängerin auf sich aufmerksam zu machen, die mit einer Gruppe auf dem Fußgängerweg steht. Sie macht jedoch eine plötzliche Bewegung auf den Radweg zu. Der Radfahrer erschrickt ebenfalls, und es kommt zum Sturz.

Das Gericht entscheidet daraufhin, dass die Schuld hier überwiegend beim Radfahrer liegt. Warum? Der Radweg befreit den Radfahrer, nicht von der Sorgfaltspflicht. Gerade beim Überholen oder Vorbeifahren müssen Fahrradfahrer die ihre Geschwindigkeit der Situation anpassen. Die Rücksichtnahme auf Fußgänger steht hier an erster Stelle.

Umgekehrt gilt: Auf Radwegen haben Fußgänger nichts zu suchen - wenn sie dennoch einen Radweg überqueren, müssen sie besonders aufmerksam sein, sonst riskieren sie eine Mitschuld.

Wo muss, soll, darf man als Radfahrer fahren?

Es kann etwas verwirrend sein, wann man als Fahrradfahrer verpflichtet ist, den Radweg zu nutzen. Die Antwort ist jedoch eindeutig: Wenn das blaue Fahrradweg-Schild vorhanden ist.

Blaues Fahrradweg-Schild mit Blättern im Hintergrund.  (Foto: Colourbox)
Das blaue Fahrrad-Schild verpflichtet die Radler zur Nutzung des Fahrradweges.

Ausnahmen gibt es hier nur für Fahrräder mit einem Anhänger oder auch Lastenfahrräder. Da diese oft zu breit sind für den schmalen Radweg, ist es ihnen gestattet, die Straße zu nutzen, auch wenn ein blaues Schild für den Fahrradweg vorhanden ist.

Anders ist es bei dem kleinen, weißen Zeichen "Radfahrer frei": Hier ist das Fahrradfahren auf dem jeweiligen Weg erlaubt, aber nicht zwingend vorgeschrieben.

Generell ist es Radfahrern verboten, auf dem Gehweg zu fahren - ausgenommen sind hier Kinder bis zu zehn Jahren.

Das bedeuten die Verkehrszeichen für Fahrradfahrer

Auf einem blauen Schild mit weißem Hintergrund ist ein Fahrrad abgebildet. Darunter steht der Schriftzug Fahrradstraße. Neben dem Schild fährt eine Radfahrerin vorbei. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Uli Deck/dpa)
Dieses Schild zeigt eine Fahrradstraße an. Fahrradfahrer dürfen die gesamte Straße zum Fahren benutzen und haben immer Vorrang. Autos sind nur in Ausnahmefällen erlaubt. Bild in Detailansicht öffnen
Auf einem blauen Schild ist ein weißes Fahrrad abgebildet. Es handelt sich um das Verkehrszeichen, das einen Fahrradweg anzeigt. (Foto: Colourbox)
Ein Fahrradweg, der nur von Fahrradfahrern benutzt werden darf. In der Regel handelt es sich um gut ausgebaute Fahrradwege. Da es ein Gebotszeichen ist, müssen Radfahrer den Radweg nutzen und dürfen nicht auf die Straße oder den Gehweg ausweichen. Bild in Detailansicht öffnen
An einem weg neben einer Straße steht ein blaues Schild. Oben ist eine Mutter mit Kind, unter einem waagrechten Strich ein Fahrrad abgebildet. Es weist einen gemeinsamen Rad- und Fußweg aus. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Dieses Schild weist einen gemeinsamn Rad- und Fußweg aus. Fahrradfahrer müssen dabei auf Fußgänger Rücksicht nehmen. Da es sich um ein blaues Gebotsschild handelt, müssen Fahrradfahrer auf diesem Weg fahren und dürfen nicht auf die Straße ausweichen. Bild in Detailansicht öffnen
Auf einem blauen Schild ist links ein weißes Fahrrad und in der Mitte ein senkrechter, weißer Strich zu sehen. Rechts neben dem Strich ist eine Mutter mit Kind abgebildet. Es handelt sich um das Schild, das einen getrennten Rad- und Fußweg anzeigt. (Foto: Colourbox)
Anders verhält es sich bei diesem Schild: Es handelt sich um einen getrennten Rad- und Fußweg. Fahrradfahrer müssen den Weg benutzen und dürfen weder auf der Straße noch auf dem Fußweg fahren. Bild in Detailansicht öffnen
An einer Laterne hängt ein blaues Schild, das einen Fußgängerweg ausweist. Darunter befindet sich ein weißes Schild, das Fahrradfahrer frei bedeutet. (Foto: SWR, Thomas Oberfranz)
Fahrradfahrer dürfen den Fußweg benutzen, müssen es aber nicht. Fahren sie auf dem Gehweg, müssen sie auf die Fußgänger Rücksicht nehmen. Zudem müssen Radfahrer Schrittgeschwindigkeit fahren, was von Gerichten als ca. 15 km/h ausgelegt worden ist. Fußgänger dürfen sich auf dem Gehweg frei bewegen, sie müssen also nicht am rechten Rand laufen. Bild in Detailansicht öffnen
Unter einem blauen Einbahnstraßenschild befindet sich ein weißes Schild, das ein Fahrrad und Pfeile in zwei Richtungen zeigt. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Julian Stratenschulte/dpa)
Dieses Verkehrszeichen warnt Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer davor, dass in dieser Einbahnstraße, in der höchstens 30 Kilometer pro Stunde schnell gefahren werden darf, Fahrradfahrer entgegenkommen können. Bild in Detailansicht öffnen
Unter dem Schild Verbot der Einfahrt für Fahrzeuge aller Art, befindet sich ein weißes Schild, das es Fahrradfahrern erlaubt, entgegen der Einbahnstraße zu fahren. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Stefan Puchner/dpa)
Fahrradfahrer dürfen auch entgegen der Einbahnstraße fahren. Bild in Detailansicht öffnen
Auf eienm blauen Verkehrsschild sind  ein Mann, ein Kind, ein Ball, ein Auto, ein Haus und ein Straßenrand abgebildet. Es handelt sich um ein Schild, das eine verkehrsberuhigte Zone ankündigt, umgangssprachlich auch Spielstraße genannt. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Jan Woitas/ dpa)
In verkehrsberuhigten Bereichen, umgangssprachlich auch Spielstraßen genannt, dürfen Fahrradfahrer nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Da Fahrradfahrer bei zu langsamen Geschwindigkeiten umkippen können, ist die Geschwindigkeit von Gerichten als „deutlich unter 20 km/h“, in der Regel ca. 15 km/h ausgelegt worden. Bild in Detailansicht öffnen
Auf einem blauen Schild ist ein weißes Dreieck abgebildet. Auf diesem Dreieck überquert ein schwarzer Mann mehrere schwarze Streifen. Es handelt sich um das Schild, das einen Fußgängerüberweg ausweist, umgangssprachlich auch Zebrastreifen genannt. (Foto: Colourbox)
Fahrradfahrer dürfen über Fußgängerüberwege, umgangssprachlich auch Zebrastreifen genannt, fahren. Dabei haben sie allerdings keinerlei Vorfahrtsrechte und sind im Falle eines Unfalls in der Regel schuld. Schieben sie ihr Fahrrad, gelten sie als Fußgänger. Dann muss der fließende Verkehr sie vorrangig über die Straße lassen. Bild in Detailansicht öffnen

Drahtesel auf dem Zebrastreifen

Radfahrer haben am Zebrastreifen nicht dieselben Rechte wie Fußgänger. Sie müssen absteigen und zu Fuß gehen, wenn sie das Vorrecht der Fußgänger in Anspruch nehmen wollen. Nutzt man ihn fahrend, hat der Autoverkehr Vorfahrt.

Nur mit Rücksicht läuft es rund

Egal, ob man zu Fuß, im Auto oder auf dem Sattel unterwegs ist, das oberste Gebot ist Vorsicht und Rücksicht. Alle Beteiligten sollten ihre Sorgfaltspflichten ernst nehmen und sich mit offenen Augen durch den Verkehr bewegen.

Denn ob man schlussendlich haftet oder nicht: das Wichtigste ist doch, dass alle sicher an ihrem Zielort ankommen.

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