Gestapelte Euromünzen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Oliver Berg/dpa | Oliver Berg)

Erste Banken schaffen Negativzinsen für viele Kunden ab

Der Anfang vom Ende der Strafzinsen?

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Jutta Kaiser
Bild von Jutta Kaiser aus der SWR-Wirtschaftsredaktion.  (Foto: SWR, Andrea Schombara)
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Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft (Foto: SWR, SWR)

Die ING Deutschland schafft nach eigenen Angaben für die allermeisten Kundinnen und Kunden ab Juli die Negativzinsen ab. Sind die Verwahrentgelte bald Geschichte?

Zinsen auf das hart Ersparte, auch auf dem Girokonto - das war früher normal. In den vergangenen Jahren mussten sich viele Sparerinnen und Sparer an das Gegenteil gewöhnen und Geld dafür zahlen, dass Geld auf dem Konto liegt - die sogenannten Strafzinsen.

Jetzt hat mit der ING Deutschland die erste große Bank den Ausstieg aus den Negativzinsen angekündigt: In Deutschland sollen vom 1. Juli an Verwahrentgelte auf Giro- und Tagesgeldkonten erst ab einer Einlagenhöhe von 500.000 Euro berechnet werden. Was das bedeutet, beantwortet Jutta Kaiser aus der SWR Wirtschaftsredaktion.

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Ziehen bald weitere Banken bei der Senkung der Strafzinsen nach?

Die meisten Banken werden erstmal abwarten - und zwar mindestens vier Wochen. Am 9. Juni tagt nämlich der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB). Viele Banken werden genau beobachten, was dort passiert: Es geht vor allem darum, ob die EZB Minuszinsen aufhebt, die die Banken im Moment noch an die EZB zahlen müssen, wenn sie Kundengeld dort parken.

Sollten diese Zinsen für die Verwahrung bald der Vergangenheit angehören, müssten die Banken sie auch nicht mehr als Strafzinsen an die Kundinnen und Kunden weitergeben. Wann das genau passiert, müssen die Banken in ihren Chefetagen klären. Das wären dann gute Nachrichten, über die sich die Kundinnen und Kunden freuen dürften.

So gehen Banken in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vor

Die Volksbank Stuttgart verweist auf die EZB:

"Sobald die EZB den Einlagensatz wieder auf 0 Prozent oder höher hebt, wird auch die Volksbank Stuttgart kein Verwahrentgelt berechnen."

Ganz ähnlich will die Sparkasse Koblenz verfahren, sie erklärt, wenn die EZB diesen Satz wieder auf Null anhebe, sei es auch nicht mehr notwendig die Negativzinsen in Form von Verwahrentgelten an die Kunden weiterzugeben. Und die Sparkasse Vorderpfalz erklärt auf SWR-Anfrage:

"Sollten sich diese Verwahrkosten der EZB verändern, werden wir unsere Verwahrentgelte entsprechend anpassen."

Für neue Kunden verlangt die Sparkasse Vorderpfalz ab 30.000 Euro ein Verwahrentgelt von 0,5 Prozent, mit Bestandskunden gebe es individuelle Vereinbarungen.

Auch die Sparkasse Südpfalz verweist wie viele anderen Institute auf die EZB:

"Zinsentscheidungen der Zentralbank führen automatisch zu Anpassungen bei Verwahrentgelten."

Die Mainzer Volksbank erklärt auf SWR-Anfrage, für Bestandskundinnen und -kunden werde sie ab dem 01.07.2022 den Freibetrag auf 500.000 Euro anheben. Aktuell gebe es mit Bestandskunden individuelle Vereinbarungen. Anders für neue Kunden: Für Neukunden räume man einen Freibetrag von bis zu 10.000 Euro ein, erklärt ein Sprecher.

Die bundesweit tätige Genossenschaftsbank BBBank aus Karlsruhe verlangt nach eigenen Angaben für Neukunden seit Januar ein Verwahrentgelt ab einem Freibetrag von 50.000 Euro. Für Kunden, die ihre Konten im zweiten Halbjahr 2021 eröffnet haben, liegt die Grenze bei 200.000 Euro. Aktuell werde geprüft, bei welcher Zinsentwicklung die Positionierung angepasst werden könne.

"Wenn die aktuelle Zinsentwicklung nachhaltig ist - auch im kurzen Bereich -, sind Verwahrentgelte nicht mehr relevant."


Wann spüren wir das auf dem Konto mit einem höheren Sparzins?

Das dürfte noch eine ganze Weile dauern. Auch das hängt wieder vollständig vom Handeln der Europäischen Zentralbank (EZB) ab. Der Leitzins ist da das Stichwort. Er liegt in Europa im Moment noch bei null Prozent. Andere Notenbanken, zum Beispiel in den USA oder Großbritannien, haben ihn schon erhöht.

Die EZB dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit nachziehen, aber vermutlich zunächst in kleinen Schritten - 0,25 Prozentpunkte ab Juli zum Beispiel und ein paar Wochen oder Monaten später nochmal so viel. Bis also beim Sparzins wieder zwei oder drei Prozent vor dem Komma stehen, kann es noch ein Jahr dauern.

Im Moment liegen Guthabenzinsen für ein Festgeld mit einer Laufzeit von einem Jahr bei in etwa einem Prozent und bei dreijähriger Laufzeit bei bis zu 1,4 Prozent. Informieren können sich Anleger bei Vergleichsportalen, Ratschläge gibt es beispielsweise auch bei den Verbraucherzentralen.

Generell gilt aber: Selbst wenn es bei Guthabenzinsen schneller gehen sollte als erwartet, bleibt als weiteres Problem die Inflation. Die sollte durch höhere Zinsen zwar sinken, aber das geht nicht von jetzt auf gleich. Wenn die Preise über das Jahr gesehen durch die Inflation um fünf Prozent steigen sollten, helfen auch drei Prozent Zinsen nicht viel: Das Geld verliert an Wert.

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