Ab wann kann man Kinder für Schäden verantwortlich machen?
Kinder unter sieben Jahren sind nicht haftbar. Sie gelten als unfähig, Delikte zu begehen: Sie können Rechtsbrüche nicht erkennen, da ihnen "die Einsicht in die Tragweite ihrer Handlungen fehlt". Kinder ab sieben Jahren aufwärts haften für Schäden, für deren Vermeidung ihre "individuelle Einsichtsfähigkeit" ausreicht. Normal entwickelte Siebenjährige können beispielsweise verstehen, dass man keine Autos zerkratzt, meinen die Richter von Bundesgerichtshof. Dazu gibt es zwei Urteile: Ein Siebeneinhalbjähriger haftet selbst, wenn er Autos mutwillig zerkratzt. Ein Fünfjähriger haftet dafür nicht (Urteil vom 24.3.2009, Az: VI ZR 199/08 und Az: VI ZR 51/08; Abruf-Nr. 091579 und 091580).
Ab wann müssen Eltern Schäden ihrer Kinder bezahlen?
Eltern hingegen haften für ihre Kinder, wenn sie gegen ihre Aufsichtspflicht verstoßen haben. Und das kann auch schon bei Kindern unter sieben Jahren passieren. Allerdings ist ein Verstoß gegen die elterliche Aufsichtspflicht meist schwer nachzuweisen. Denn Eltern sind nicht verpflichtet, permanent neben ihrem Kind zu stehen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs müssen Kinder ab einem Alter von etwa vier Jahren nach und nach lernen, auch unbeaufsichtigt zu sein.

Schaden kann in einer "Aufsichtslücke" entstehen
Die Bundesrichter meinen: Wenn ein Elternteil im Abstand von maximal 30 Minuten nach dem Kind sieht, ist das ausreichend. Entsteht der Schaden innerhalb dieser Zeitspanne, haften die Eltern nicht. Bei einem Kind von gut sieben Jahren, das bereits den Schulweg alleine zurücklegt, genügt es, wenn die Eltern es beim Spiel "in groben Zügen“ beaufsichtigen.
Kinder über sieben Jahren sind eingeschränkt haftbar
Im Straßenverkehr ist der Haftungsausschluss für Kinder noch weitreichender als an anderen Orten: Bei fließendem Verkehr sind auch Über-Siebenjährige von jeglicher Haftung befreit. Hier kann ein Kind erst ab zehn Jahren in vollem Umfang haftbar gemacht werden. Aber: Das gilt nicht bei ruhendem Verkehr. Kinder über sieben Jahren sind also eingeschränkt haftbar. Wenn sie wussten, dass sie etwas Falsches tun, besteht ein Vorsatz.
Kinder haften dann selbst, aber der Geschädigte muss zur Volljährigkeit warten, bis er seine Schäden geltend machen kann. Die Haftpflichtversicherung der Eltern übernimmt bei "Vorsatz" nicht den Schaden.
Der Fall in Oberhausen
2018 zerkratzt ein Neunjähriger in Oberhausen 50 Autos. Schaden: 50.000 Euro. Der Schaden entsteht im ruhenden Verkehr. Also ist das Kind haftbar zu machen. Es besteht ein zivilrechtlicher Anspruch gegen den Neunjährigen. Denn Kinder über sieben Jahren sollten in solch einem Fall wissen, dass sie etwas Falsches tun. Es liegt also ein Vorsatz vor. Gegen die Eltern besteht in diesem Fall kein Anspruch, weil sie ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben. Bei einem Neunjährigen wird davon ausgegangen, dass er den Schulweg unbeaufsichtigt – ohne Schäden zu hinterlassen – schafft.

Wann greift eine private Haftpflicht bei Kindern?
Kinder sind automatisch in der Haftpflicht ihrer Eltern mit drin. Deshalb ist es auch sehr wichtig, dass ein Elternteil eine Haftpflichtversicherung hat. Kinder unter sieben Jahren sind zwar deliktunfähig, trotzdem wollen Eltern oft - um den lieben Frieden zu wahren - Schäden von Kleinkindern bei Freunden und Nachbarn bezahlen. Dies machen sie meist auf eigene Kosten.
Manche Eltern achten auf eine Deliktunfähigkeitsklausel
Man kann aber auch die Schäden von "deliktunfähigen Personen" durch eine Deliktunfähigkeitsklausel mit in die Haftpflicht einbeziehen. Dann sind auch Schäden von Kleinkindern abgedeckt. Die Höchstersatzleistung des Versicherers für derartige Schäden ist allerdings oft auf einen bestimmten Betrag – meist 10.000 Euro – gedeckelt.