Wenn ein Mensch stirbt, hinterlässt er meistens eine Vielzahl bestehender Verträge. Abos, Telefonverträge, Versicherungen, auch in digitaler Form - und nicht alles endet mit dem Tod.
Was passiert mit den Social Media Accounts, Zugängen, digital gespeicherten Medien eines Verstorbenen? Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes (BGH) treten Erben die Gesamtrechtsnachfolge des Verstorbenen an - sie haben also auch Anspruch auf den digitalen Nachlass.
Darf mein Erbe also alle meine Facebook-Posts, E-Mails und Chats lesen?
Als Gesamtrechtsnachfolger hat der Erbe das Recht dazu. Das entspricht dieser Entscheidung des BGH vom 12.07.2018. Im Urteil ging es um eine 15-Jährige, deren Eltern nach ihrem Unfall wissen wollten, ob es Hinweise in ihrer Facebook-Kommunikation auf die Todesursache gibt. In einer neueren Entscheidung (Beschl. v. 27.08.2020, Az. III ZB30/20) betont der BGH das Recht der Erben darauf, den Zugang direkt zu erhalten – die Erben müssen in gleichem Umfang Einsicht haben wie der Verstorbene. Nur auf die aktive Nutzung des Kontos gibt es keinen Anspruch. Facebook hatte den Erben nur die Inhalte zur Verfügung gestellt. Das war für den BGH nicht ausreichend.
So lässt sich verhindern, dass Erben den Zugang erhalten
Wer verhindern will, dass der Erbe die Daten erhält, muss eine entsprechende Vorsorgevollmacht oder ein Testament verfassen, das entsprechende Regeln enthält. Apple hatte Angehörigen den Zugang zur icloud verweigert. Auch hierzu gibt es eine Gerichtsentscheidung, den Erben den Zugang zu verschaffen: Landgericht Münster, LG AZ 014 O 565/18. Hier war ein Mann während einer Reise im Ausland verstorben und die Angehörigen wollten anhand der gespeicherten Daten, Videos und E-Mails herausfinden, was mit ihm passiert ist.
Apple bietet seinen Nutzern inzwischen an, Nachlasskontakte einzurichten.

Wie bekomme ich als Erbe Zugriff auf die digitalen Konten?
Bei den meisten E-Mail-Providern muss neben der Sterbeurkunde ein Erbschein vorgelegt werden. Das kann einige Wochen dauern. In dieser Zeit kann es sein, dass Rechnungen des Erblassers nicht bezahlt werden, Mahnungen ungelesen bleiben, Inkasso-Fristen verstreichen. Deshalb ist es so wichtig, im Testament und der Vorsorgevollmacht auch den digitalen Nachlass zu regeln.
So kann ich meinen digitalen Nachlass regeln
Damit die Erben die digitalen Zugänge nicht aufwändig anfordern und im Ernstfall sogar einklagen müssen, gibt es verschiedene Wege, die Daten zur Verfügung zu stellen:
- Sämtliche Zugangscodes beispielsweise auf einem USB-Stick mit Master-Passwort speichern und in einem Umschlag zur Vorsorgevollmacht unter Angabe des Passwortes hinzufügen. Hilfreich können auch Passwort-Manager sein.
- Die Passwörter kann man aber auch einfach aufschreiben und zum Testament abheften, sodass es die Erben finden.
- Passwörter für die Hinterbliebenen sicher hinterlegen - aber nicht im Bank-schließfach: Denn darauf erhält man möglicherweise erst mit einiger Verzögerung Zugriff.
- Sinnvoll kann auch sein, einen Bevollmächtigten für das digitale Erbe zu benennen.
Facebook, Apple und Google bieten die Möglichkeit, in den Einstellungen selbst zu bestimmen, was mit dem Account nach dem Ableben geschehen soll. Es gibt beispielsweise die Möglichkeit der Löschung oder einen Gedenkstatus.
Die Verbraucherzentrale hat zusammengestellt, wie man seinen Digitalen Nachlass am besten regelt, dazu gibt es Muster-Vollmacht und eine Muster-Liste zum Download.
Und bedenken Sie: In der digitalen Welt kommen ständig neue Entwicklungen hinzu, wie beispielsweise Fitness-Armbänder, sogenannte Wearables, oder die Möglichkeiten, mit seinem Zuhause von unterwegs in Kontakt zu treten, also im Smart Home. Vollmachten und Listen sollten daher regelmäßig auf ihre Aktualität hin geprüft werden.