Der Duft der Kaiserzeit
In der klassischen Nivea-Creme, die erstmals im November 1911 - damals noch in einer grünen Dose - verkauft wurde - befinden sich vier Hauptbestandteile: Wasser, Fette, Duftstoffe und Salze. Die streng geheime Rezeptur hat sich seit Kaisers Zeiten kaum verändert, so der Nivea-Hersteller Beiersdorf.
Preisgünstig, aber nicht besonders pflegend
Die Biologin und Toxikologin Dr. Marike Kolossa vom Umweltbundesamt (UBA) findet in der Nivea-Creme relativ viele preisgünstige Inhaltsstoffe aus Mineralölprodukten. Dazu entdeckt sie in der Creme noch potenziell allergieauslösende Duftstoffe. Diese Kombination an Inhaltsstoffen sei weder besonders pflegend noch besonders verträglich, meint die Expertin.

Öle für den Tank, Tabletten und die Haut
Gewonnen werden Mineralölprodukte wie beispielsweise medizinisch-reine Paraffinöle in großen Raffinerien. Das Öl wird in Türmen erhitzt. Dabei trennen sich dann leichte und schwere Ölverbindungen. Dieser chemische Vorgang - auch bekannt von der Alkohol-Gewinnung - nennt sich Destillation. Manche Ölverbindungen sind gasförmig, andere dickflüssig. Die Ölprodukte werden für viele ganz unterschiedliche Zwecke und Industriebereiche gebraucht - beispielsweise als Benzin, Kerosin, Heizöl aber auch für Medikamente und Kosmetika.
"Sie (die Inhaltsstoffe in Cremes, Anm. d. Red.) können auch Kontaminationen aus dem Erdöl noch enthalten. Was da möglich ist, stofflich, da ist die ganze toxikologische Palette dabei, von fortpflanzungsschädigend bis allergieauslösend oder Krebs befördernd. Natürlich alles in so kleinen Konzentrationen, dass der Gebrauch des Produkts diese Wirkung nicht auslösen wird. Trotzdem möchte ich selber solche Stoffe nicht auf meiner Haut haben, freiwillig."
Mit dem Handy Inhaltsstoffe kontrollieren
Expertinnen der kostenlosen Inhaltsstoff-Datenbank Codecheck haben für SWR Marktcheck eine große Inhaltsstoffanalyse verschiedener Pflegemittel durchgeführt. Bereits seit 2010 zeigt die Codecheck-App bedenkliche Inhaltsstoffe in Kosmetikprodukten an. Mittlerweile enthält die App mehr als eine Million Produkte vor allem aus den Bereichen: Kosmetik, Haushalt und Ernährung.
Nivea versus L’Oréal
Für Marktcheck haben die Expertinnen rund 2000 Deos, Duschgels, Shampoos und Gesichtscremes von Nivea mit ähnlichen Produkten von Konkurrent L‘Oréal verglichen. Die Frage dabei war, wie viele bedenkliche Inhaltsstoffe enthalten die Pflegemittel der beiden rivalisierenden Kosmetik-Konzerne. Im Schnitt waren bei Nivea 22 Prozent der Inhaltsstoffe bedenklich. Bei L’Oréal waren es 20 Prozent.
"'Nivea' ist ein Hersteller ganz konventioneller Kosmetikprodukte – das ist keine Naturkosmetik. Das bedeutet, da kann alles hineingemischt werden, was nach den herkömmlichen EU-Standards erlaubt ist."
Image besser als Inhaltsstoffe
Das Image, das sich Nivea seit mehr als 100 Jahren in Marketing-Kampagnen aufgebaut hat, ist positiver als die Inhaltsstoffe, die drin sind. Viele Kunden kennen Nivea seit ihrer Kindheit. Sie sind damit aufgewachsen. Deshalb ist das Vertrauen in die Marke bei vielen Verbrauchern enorm. Experten, die Nivea-Produkte für SWR Marktcheck unter die Lupe genommen haben, sagen allerdings, sie würden sich einige der Inhaltsstoffe nicht freiwillig auf die Haut schmieren.