Wie gut sind die Geräte des Weltmarktführers?

Marktcheck checkt Stihl

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Moritz Hartnagel
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Dorothée Panse

Das schwäbische Familienunternehmen Stihl aus Waiblingen ist bekannt für seine Motorsägen, Mähroboter und Gartengeräte. Doch sind die Geräte besser als die der Konkurrenz?

Markenzeichen des Unternehmens Stihl sind die die Farbe Orange und viel Power für die Wald- und Gartenarbeit. Wir checken:

  • Qualität von Akku-Motorsägen und Mährobotern
  • Marketing
  • Innovationskraft
  • Fairness gegenüber Mitarbeitern

1. Check: Qualität

Weltmarktführer bei Motorkettensägen ist Stihl schon seit Jahrzehnten. Doch kann Stihl auch beim neuen Trend Akkugeräte überzeugen? Wir checken vier Akku-Kettensägen, die für Einsteiger geeignet sind – im Labor und im Praxistest.

Die Testkandidaten

Laboruntersuchung

Im Labor des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) in Offenbach wird geprüft, ob die Sägen auch starke Kräfte aushalten können wie sie im Alltag auftreten. Dafür werden Gewichte von bis zu 70 Kilogramm an die Geräte gehängt. Das müssen die Maschinen 15 Sekunden lang aushalten, ohne zu zerbrechen. Alle vier Geräte schaffen das.

Früher war die häufigste Unfall-Ursache ein Rückstoß der Sägen, heute gilt: Wenn das Schwert auf das Holz trifft, darf die Säge nicht weiter als um 45 Grad nach oben schnellen. Auch diesen Test bestehen die vier Sägen.

Doch im Inneren der Geräte entdecken die Prüfer einen Unterschied.   

Hendrik Schäfer vom Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) (Foto: SWR)
Hendrik Schäfer vom Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE)

„Das Bosch-Gerät verwendet einen konventionellen Bürstenmotor, während das Florabest-, das Stihl- und das Husqvarna-Gerät mit bürstenlosen Motoren arbeiten, die qualitativ etwas hochwertiger sind.“

Kohlebürsten sind Verschleißteile, das ist ein Nachteil der Bosch-Säge. Außerdem fehlt ihr mit der Kettenbremse eine Sicherheitsvorkehrung, die alle anderen Geräte haben.  Bosch verweist darauf, dass diese Sicherheitsvorrichtung aufgrund der langsamen Kettengeschwindigkeit bei diesem Gerät nach Norm nicht vorgeschrieben sei.

Praxistest

Bei der Freiwilligen Feuerwehr in Furtwangen kommt die Motorsäge regelmäßig zum Einsatz, etwa bei Bränden oder bei Sturm. Sie testen für uns die Akku-Kettensägen.  

Vier Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr in Furtwangen mit Akkumotorsägen (Foto: SWR)
Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr in Furtwangen führen den Praxistest durch.

Eine Besonderheit der Bosch-Säge fällt besonders auf: Ein Schutz vorne am Schwert verhindert, dass die Maschine vollständig ins Holz eintauchen kann. Für viele Zwecke ist die Säge laut der Feuerwehrmänner somit gar nicht zu gebrauchen.

"Ein Tauchschnitt in Holz gilt als häufigste Ursache für Unfälle mit Kettensägen. Das haben wir mit der Schutzvorrichtung an der Spitze des Schwertes ... konstruktiv ausgeschlossen."

Ergebnis Praxistest Motorsägen:

  • Für die Feuerwehr ist das Bosch-Gerät mit Abstand das schlechteste, weil es keine Kettenbremse hat, der Schutz an der Spitze des Schwertes die Arbeit behindert und die Kette abgesprungen ist und sich verklemmt hat.  
  • Ebenfalls nicht überzeugen kann das Gerät von Lidl aufgrund seines vergleichbar hohen Gewichtes und der mit 15 Minuten vergleichbar geringsten Akku-Leistung – zumindest beim Standard-Akku.
  • Das Gerät von Stihl landet auf Platz zwei.
  • Platz 1 belegt die Husqvarna-Akku-Säge. Sie überzeugt die Feuerwehrmänner mit ihrer Leistung, dem Handling und der Akku-Laufzeit.

Praxistest Mähroboter

Vier Familien testen für uns vier Mähroboter. Ihre Gärten haben ungefähr die gleiche Grünfläche.

Die Testkandidaten:  

Alle vier Geräte sind in derselben Preisklasse und für kleine bis mittelgroße Flächen geeignet. Jede Familie bekommt jeweils für vier Wochen ein Gerät. Am Ende bewerten Hendrik Schäfer und Daniel Schädel vom VDE das Ergebnis.

Der Bosch Mähroboter ist das einzige Gerät, bei dem erst mit Hilfe eines Bosch-Fachmanns die Installation der Ladestation geklappt hat. Und trotzdem ist das Ergebnis unbefriedigend: Der Bereich vor der Ladestation ist nicht richtig gemäht, nach einem Monat sind noch hohe Grasbüschel zu sehen.

Bosch-Mähroboter auf dem Weg in seine Ladestation  (Foto: SWR)
An der Ladestation klappt es nicht mit dem Mähen.

Der Worx Roboter zerschneidet immer wieder sein eigenes Begrenzungskabel. Laut Hersteller könne das eigentlich nicht passieren, wenn der Begrenzungsdraht entsprechend den Vorgaben verlegt sei. Hinzu kommt, dass das Gerät sich immer wieder festfährt, dann drehen die Räder durch und machen den Rasen kaputt. Worx sagt dazu, das könne nur bei sehr weichem Boden passieren.

Mit dem Gardena-Roboter ist die Testfamilie zwar zufrieden, allerdings sind die Messer bereits nach vier Wochen abgenutzt. Erkennen kann man das an ausgefransten Schnittkanten. Nach vier Wochen müssten die Messer also bereits ausgetauscht werden.

"Bei den Messern des Mähroboters handelt es sich um Verbrauchsmaterial, deren Abnutzung von verschiedenen Faktoren abhängig ist, unter anderem von der Länge des zu schneidenden Grases und ggf. vorhandenen Wildkräutern."

Nach der Anfangsphase wäre die Abnutzung der Messer vermutlich geringer als zu Beginn.

Der Garten, in dem das Stihl-Gerät gemäht hat, ist ein Labyrinth aus Hecken. Insgesamt herrscht hier die schwierigste Ausgangsbedingung für einen Mähroboter, doch trotzdem gewinnt das Gerät mit einer perfekten horizontalen Schnittkante.

Ergebnis Praxistest Mähroboter:

  • 4. Platz: Bosch Indego 400 S+ - aufgrund der schwierigen Inbetriebnahme und den Grasbüscheln vor der Ladestation.
  • 3. Platz: Worx Landroid M500 - das stellenweise den Rasen kaputt gemacht hat.
  • 2. Platz: Gardena smart SILENO city  - mit dem kleinen Kritikpunkt der schnellen Abnutzung der Messer.
  • 1. Platz: Stihl iMow RMI ist der Sieger.

Unser Urteil in punkto Qualität: Sowohl die Qualität der Mähroboter als auch die Akku-Kettensäge von Stihl überzeugt.

2. Check: Marketing

Orange Farbe, Jahreskalender und Timbersport: Wias die Marketingstrategie des Unternehmens Stihl auszeicnet und wie sie bewertet wird.

Der Jahreskalender als Sammlerstück:

Wichtig aus Marketing-Sicht ist vor allem der hohe Wiedererkennungswert einer Marke. Aber warum setzt Stihl auf die Farbe Orange?

Prof. Markus Voeth, Marketingexperte Universität Hohenheim (Foto: SWR)
Prof. Markus Voeth, Marketingexperte Universität Hohenheim

„Orange eine knallige Farbe, zum anderen ist es die Farbe der Arbeitenden. Und von daher ist die Farbe gut gewählt, weil man damit im Grunde einerseits Aufmerksamkeit erzeugt, andererseits aber auch ein Stück weit im Grunde sich als die Marke der Profis sozusagen positioniert.“

Timbersports

Stihl hat mit Timbersports einen eigenen Wettkampf ins Leben gerufen, der weltweit stattfindet. Solche Sport-Events sind gigantisch im Aufwand und teuer. Doch für Professor Markus Voeth handelt es sich um gut investiertes Geld. Den wenn bei solchen Sport-Wettkämpfen zu sehen ist, wie die Motorsägen in Extrem-Situationen eingesetzt werden, dann wecke das bei dem ein oder anderen Kunden vielleicht auch durchaus das Bedürfnis, sich so ein Gerät zu kaufen, meint der Experte.

Motorsägen-Wettbewerb auf der Stihl-Timberland-Veranstaltung auf Gartenshow in Remstal  (Foto: SWR)
Steigern Motorsägen-Wettbewerbe wie Timbersports Absatz und Bekanntheit einer Marke?

Unser Fazit: Stihl hat nicht nur Kunden, sondern regelrechte Fans. Das Marketing ist raffiniert.

3. Check: Innovationskraft

Technischer Vorreiter war Stihl von Beginn an. Ein Blick in die Firmengeschichte:

In den 60er-Jahren gelang Stihl mit der Motorsäge "Contra" eine der wichtigsten Produkt-Entwicklungen und ein Verkaufsschlager.

Stihl-Säge Contra (Foto: SWR)
Der Fachhändler und Stihl-Fan Josef Saier ist stolzer Besitzer einer Stihl "Contra" aus den 1960er-Jahren, die noch heute funktioniert.

Und die neueste Erfindung ist mit der "MS 500i" die weltweit erste Motorsäge mit elektronisch gesteuerter Einspritzung. Sie kam Anfang 2019 auf den Markt.

Johannes Haedicke hat das Gerät schon für verschiedene Fachzeitschriften wie Agrar Technik zusammen mit Forstwirtschaftsmeister Markus Wick getestet. 

Markus Wick, Forstwirtschaftsmeister (Foto: SWR)
Markus Wick, Forstwirtschaftsmeister

„Die elektronische Einspritzung hat natürlich den großen Vorteil, dass die Säge immer weiß, welchen Kraftstoff sie hat, wie heiß es ist, auf welcher Höhenlage sie sich befindet. Ich muss nichts mehr nachstellen. Ich habe immer den idealen Kraftstoffverbrauch zum Arbeitsort und das ist natürlich für uns in den wechselnden Regionen, wo wir arbeiten weltweit und natürlich auch Baden-Württemberg-weit ein ganz, ganz großer Vorteil.“

Und für den Fachjournalisten Johannes Haedicke gehört das Unternehmen zu den absoluten Technologietreibern seiner Branche.

Unser Fazit zur Innovationskraft: Stihl ist wegweisend für die Branche.

4. Check: Fairness

Matthias Fuchs von der IG Metall kennt sich mit den Arbeitsbedingungen in Deutschland richtig gut aus. Siebzehn Jahre lang war er Mitarbeiter bei Stihl und im Betriebsrat tätig. Für ihn ist Stihl ein Arbeitgeber, der sich sehen lassen könne und im Großen und Ganzen über eine gut funktionierende Interessensvertretungs-Arbeit verfüge.

Einige Sozialleistungen gehen dabei sogar weit über die tariflichen Vereinbarungen hinaus - wie zum Beispiel eine Kapitalbeteiligung für Arbeitnehmer. Verbesserungspotential sieht Matthias Fuchs beim internen Umgang mit Kritik, da diese mitunter vom Management nur widerwillig zur Kenntnis genommen werde. Im Großen und Ganzen haben die Mitarbeiter in Deutschland jedoch wenig Grund zur Klage.

Wie sieht es im Ausland aus?

Stihl hat auch Fertigungsstätten in der Schweiz, Österreich, den USA, Brasilien, auf den Philippinen und in China. Dort ist Stihl ansässig als Mutterunternehmen der Zama Group, einem Vergaser-Hersteller. Und ein Produktionswerk in Shenzen ist in den vergangenen Jahren wiederholt in die Schlagzeilen geraten. Mehrfach hat die Belegschaft gestreikt: Es ging um die Verlegung des Werks und um die Höhe der Abfindung für die Mitarbeiter.

Screenshot Internetseite der Nichtregierungs-Organisation China Labor Bulletin: Berichterstattung zu Streiks  bei der zu Stihl gehörenden Zama Group in Shenzen in China (Foto: SWR)
Screenshot Internetseite der Nichtregierungs-Organisation China Labor Bulletin: Berichterstattung zu Streiks bei der zu Stihl gehörenden Zama Group in Shenzen in China

Keegan Elmar arbeitet als Journalist für die Nichtregierungs-Organisation China Labor Bulletin, die sich für Arbeitnehmerrechte einsetzt und hat über den Streik berichtet.  Für ihn war das einer der gewalttätigeren und dramatischeren Polizei-Einsätze, die er in seiner Zeit bei der Nichtregierungs-Organisation erlebt habe, so der Journalist. Und wie sieht das die Firma Stihl?

Wolfgang Zahn, ehemaliger Entwicklungsvorstand Stihl (Foto: SWR)
Wolfgang Zahn, ehemaliger Entwicklungsvorstand Stihl

„Der Kern des Anstoßes war die Höhe der Abfindung. […]. Das wurde auch friedvoll ausgehandelt. Es gab allerdings ein paar Streikführer, die die Chance genutzt haben, um die Verhandlung nochmal ein bisschen unter Druck zu setzen.“

Die Werksleitung habe mit dem Polizei-Einsatz allerdings nichts zu tun. Die Streikenden seien auf die Straße gegangen und da habe, seines Wissens nach, die Polizei eingreifen müssen, um den Verkehrsfluss wiederherzustellen, so der ehemalige Entwicklungsvorstand. Und auch weitere Vorwürfe von China Labor Bulletin, wie etwa fehlende Schutzausrüstung, weist Stihl zurück.

Unser Urteil zur Fairness: Gravierende Kritikpunkte finden wir hier nicht. Alles in allem ist Stihl ein fairer Arbeitgeber.

Dieser Beitrag gibt die Rechercheergebnisse der Erstausstrahlung vom 13.08.2019 wieder.

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