Wer sein Fitnessstudio nicht nutzen konnte, weil es im Corona-Lockdown geschlossen war, kann für die Schließzeiten die abgebuchten Mitgliedsbeiträge zurückfordern. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil Anfang Mai entschieden (Az. XII ZR 64/21). Kundinnen und Kunden wollen jetzt wissen, wie die Betreiber von Studios mit dem Urteil umgehen, und ob sie selbst aktiv werden müssen. SWR-Wirtschaftsredakteurin Tamara Land hat bei Fitnessstudios nachgefragt.
Werden zuviel gezahlte Mitgliedsbeiträge automatisch zurückgezahlt?
Kundinnen und Kunden sollten selbst aktiv werden. Wir haben angefragt bei den sieben größten Fitness-Ketten in Deutschland, darunter Clever Fit, Mrs Sporty, Mc Fit und Kieser Training. Die meisten haben geantwortet, aber die Antwort lautet eigentlich immer, dass jeder Fall einzeln geprüft werden müsse.
Das ist nicht überraschend, denn in vielen Fällen haben sich die Kunden mit den Fitnessstudios schon in irgendeiner Form geeinigt. Wer das noch nicht getan hat, sollte jetzt am besten selbst aktiv werden und auf sein Fitnessstudio zugehen.
Wer hat Chancen, jetzt noch vom Fitnessstudio Geld zurückzubekommen?
Geld zurückbekommen können alle, die während des Lockdowns einen Vertrag mit einem Fitnessstudio hatten und Beiträge weiter gezahlt haben, während es geschlossen war. Jedenfalls dann, wenn sie seither noch keine einvernehmliche Lösung mit ihrem Fitnessstudio gefunden haben. Und wenn sie keinen Wertgutschein bekommen haben. Die Ansprüche sollten auch noch nicht verjährt sein - die regelmäßige Frist dafür beträgt drei Jahre.
Die üblichen drei Optionen während der Pandemie
Während die Studios geschlossen waren, gab es im Prinzip drei Möglichkeiten, damit umzugehen. Je nachdem, wie der Fall gelagert ist, kann man Geld zurück bekommen.
Option 1: Kund*innen haben während der Schließung nichts gezahlt
Der Betreiber konnte sagen, für die Zeit, die das Studio geschlossen ist, müssen die Kunden nicht zahlen. In diesem Fall ist für beide Seiten bereits alles geklärt.
Option 2: Kund*innen haben einen Gutschein bekommen
Die zweite Möglichkeit war ein Gutschein. Wenn man seinen Gutschein nicht genutzt hat, kann man sich das Geld seit Anfang 2022 auszahlen lassen. Damit wäre in diesem Fall auch alles geklärt. Weitere Informationen zum Umgang mit Gutscheinen gibt die Verbraucherzentrale.
Anders stellt sich die Lage dar, wenn man keinen Wertgutschein über einen bestimmten Geldbetrag bekommen hat, sondern einen Gutschein über eine bestimmte Anzahl von Trainingseinheiten zum Beispiel. Da sagt der BGH in seinem aktuellen Urteil, das geht nicht. Einen solchen Trainingsgutschein müssen Kundinnen und Kunden nicht akzeptieren. In so einem Fall kann man vom Fitnessstudio sein Geld zurückverlangen.
Genau um einen solchen Gutschein ging es in dem Fall, über den der BGH entschieden hat. Ein Kunde hatte eine angebotene Gutschrift über Trainingszeit abgelehnt.
Option 3: Studios betrachten Vertrag als "verlängert"
Die dritte Möglichkeit ist etwas anders gelagert: Häufig haben die Betreiber gesagt, sie hängen die Schließzeit einfach hinten an den Vertrag an. Der Vertrag verlängert sich also entsprechend um diese Monate.
Das war laut BGH allerdings auch nicht zulässig. Wer also zu diesem Vorgehen gedrängt wurde, kann mit Verweis auf das BGH-Urteil jetzt seinen Beitrag für die Schließzeit zurückfordern. Allerdings kommt es stark auf den Einzelfall an.
Sind diese Vertragsverlängerungen grundsätzlich unwirksam?
Hier kommt es für SWR-Wirtschaftsredakteurin Tamara Land darauf an, ob sich Kundin oder Kunde und Betreiber darüber einig waren, oder ob das einseitig vom Fitnessstudio-Betreiber ausging. Habe ich einer solchen Vertragsverlängerung nicht zugestimmt, seien meine Chancen bei der Rückforderung besser.
Reaktionen der großen Fitness-Ketten
Dieser Punkt taucht auch in den Antworten von Fitnessstudios auf die SWR-Anfrage auf, dass es bereits Lösungen mit Kundinnen und Kunden gebe. Kieser Training erklärt, bisher seien nur wenige Anträge auf Rückerstattung eingegangen. Clever fit empfiehlt, sich jeweils an das eigene Studio zu wenden, die Studios würden nicht zentral betrieben.
Geld zurückfordern - so geht's
Verbraucherschützer raten dazu, das Geld schriftlich zurückzufordern - per Brief als Einwurfeinschreiben oder per Fax mit einem qualifizierten Sendebericht. Darin sollte geschildert werden, worum es geht, auf das BGH-Urteil verwiesen werden und eine Kopie des Vertrags dabei sein. Man sollte auch eine Frist setzen, 14 Tage oder auch länger. Mehr Informationen dazu und einen Musterbrief gibt es im Internetangebot der Verbraucherzentralen.
Mehr Informationen und Hintergründe zum Urteil des Bundesgerichtshofs selbst finden Sie auch von der ARD-Rechtsredaktion im Angebot der Tagesschau.