Extra-Kosten und Negativzinsen

Bankgebühren und Minuszinsen - wenn der Kunde plötzlich mehr zahlt

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Patrick Jauß
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Banken und Sparkassen verlangen fürs Girokonto immer mehr, etwa Extra-Gebühren beim Bezahlen mit Girocard oder Minuszinsen für Guthaben. So vermeiden Sie Negativzinsen.

Verkehrte Welt beim Sparen: Durch die anhaltenden Niedrigzinsen suchen Banken nach immer neuen Möglichkeiten, um Geld zu verdienen. Statt Zinsen für Guthaben bei der Bank zu bekommen, müssen Kunden immer häufiger dafür bezahlen, dass die Bank ihr Geld aufbewahrt. Außerdem kommen immer mehr Gebühren auf Bankkunden zu.

Werden Negativzinsen zum Normalfall für immer mehr Sparer?

Immer häufiger berechnen Banken ihren Kunden Minuszinsen für Geld, das auf dem Konto liegt. Also sozusagen ein Entgelt für's Geldaufbewahren.

Meist liegen die Negativzinsen bei 0,5 Prozent im Jahr. Doch auch wenn das im ersten Moment nach einem geringen Betrag klingt, können bei Summen von 100.000 Euro je nach Freibetrag 500 Euro Zinsen jährlich anfallen. Für viele Verbraucher ist das nicht nachvollziehbar. In den meisten Fällen bieten die Kreditinstitute zwar gewisse Freibeträge bis 100.000 Euro, doch die genaue Höhe unterscheidet sich je nach Unternehmen stark.

Negativzinsen für immer kleinere Geld-Beträge

Dabei fällt auf: Banken verlangen bei immer kleineren Geldbeträgen Negativzinsen. Die Commerzbank hat beispielsweise angekündigt, dass sie die Schwelle für Negativzinsen senkt: Ab dem ersten August 2021 verlangt die Bank von den Kunden Zinsen für Beträge über 50.000 Euro. Bisher lag die Schwelle bei 100.000. Die neue Regelung soll für alle gelten, die seit 1. Juli 2020 Neukunde bei der Commerzbank sind.

Weitere Beispiele: Die Sparkasse Offenburg-Ortenau, die Raiffeisenbank Aichhalden-Hardt-Sulgen und die Volksbank Überlingen bitten ihre Kunden schon ab 25.000 Euro auf dem Girokonto zur Kasse. Noch niedriger sind die Freibeträge einiger Banken bei Tagesgeldkonten angesetzt. Die Vereinigte VR Bank Kur- und Rheinpfalz verlangt schon ab 10.000 Euro Negativzinsen.

Die Degussa-Bank will ab dem 1. Juli 2021 beim Tagesgeld für Kontoguthaben ab 5.000 Euro einen Satz von 0,5 Prozent berechnen. Darauf weist die Zeitschrift Finanztest in ihrer aktuellen Ausgabe vom 17.05.2021 hin. Und die Raiffeisenbank Aichhalden-Hardt-Sulgen gewährt gar keinen Freibetrag und berechnet die Strafzinsen bereits ab dem ersten Euro. 

Wie kommt es zu Negativzinsen? 

Die Kreditinstitute begründen die Abgabe damit, dass sie selbst Negativzinsen an die europäische Zentralbank zahlen müssen und diese Kosten an die Kunden weitergeben. Der eigentliche Zweck der Negativzinsen der europäischen Zentralbank würde dadurch laut Finanzexpertin Barbara Sternberger-Frey aber verfehlt. Denn eigentlich sollen die Minuszinsen Geschäftsbanken dazu anregen, mehr Geld in Form von Krediten an Kunden zu verleihen.  

Sind Negativzinsen rechtlich erlaubt? 

Negativzinsen sind nur unter bestimmten Umständen zulässig. Die Verbraucherzentrale klagte vor einigen Jahren gegen die Negativzinsklauseln zweier Kreditinstitute und bekam Recht. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erklärt: "Das Verhalten der Banken war rechtswidrig, wie die Richter festgestellt haben. Man darf nicht über die Hintertür das Vertragsverhältnis auf den Kopf stellen. Aus einer Geldanlage darf man keinen Verwahrvertrag machen."

Wie können sich Kunden vor Negativzinsen schützen?

Kunden mit bestehenden Konten müssen sich derzeit also wenig Sorgen machen, dass die Bank plötzlich ohne Vorwarnung Negativzinsen in laufenden Verträgen einführt. Die meisten Banken berechnen nur bei Neukunden Strafzinsen.

Neukunden bleiben oft nur Tricks wie diese:

  • Das Geld auf verschiedene Konten bei einer oder mehreren Banken aufteilen, um so die Freibeträge zu unterschreiten.
  •  Bei Banken, die bereits unterhalb einer bestimmten Freigrenze Negativzinsen verlangen, das Geld auf einem Spar- oder Festgeldkonto anlegen.
  • Im äußersten Fall: Die Bank wechseln. 

Mit welchen versteckten Bankgebühren müssen Verbraucher rechnen?

Bankkunden sollten an mehreren Stellen aufmerksam auf die Kosten bei ihrer Bank schauen. Beispielsweise beim Zahlen mit Karte, bei den Kontoführungsgebühren und bei Kartenzahlung.

Kunden müssen nicht alles hinnehmen

Eine gute Nachricht gibt es immerhin für Kunden. Sie müssen es nicht hinnehmen, wenn die Bank ihnen neue Geschäftsbedingungen mit schlechteren Konditionen einfach vorsetzt. Der Bundesgerichtshof hat Klauseln, die auf eine stillschweigende Zustimmung abzielen, Ende April für unwirksam erklärt.

Einzelheiten zu der Entscheidung, und was Bankkunden jetzt unternehmen sollten, haben wir in diesem Artikel zusammengestellt.

Nach Bundesgerichtshof-Urteil Bank kündigt Gebührenerhöhung an - So sollten Kunden reagieren

Bisher war das gängige Praxis: Viele Banken kündigen ihren Kunden neue Allgemeine Geschäftsbedingungen an und setzen voraus, dass sie zustimmen. Das ist nicht mehr zulässig.

Kosten für das Bezahlen mit Karte

Trotzdem gibt es einige Kostenpunkte, die viele Bankkunden nicht immer im Blick haben. Beispiel Kartenzahlung. Sie liegt im Trend: Dank der Corona-Pandemie ist das bargeldlose Zahlen mit der EC-Karte beliebter als je zuvor. Das geht schnell, ist praktisch und hygienisch - spricht also wenig dagegen, könnte man meinen. Kein langes Kramen im Geldbeutel, kein Geld abheben müssen - mit der Karte bezahlen ist unkompliziert. Diese Bequemlichkeit hat jedoch manchmal ihren Preis.  

Kostenquelle Nr 1: Gebühren pro Bezahlvorgang 

Denn je nachdem welches Kontomodell man als Kunde hat, kassieren immer mehr Banken bei jedem einzelnen Bezahlvorgang. Laut dem Verbraucherportal Biallo betrifft das im Südwesten über 100 Banken.

Teure Beispiele: Die Sparkasse Schwäbisch Hall Crailsheim und die Raiffeisenbank Wangen verlangen von Kunden jeweils 50 Cent pro Bezahlvorgang. Und bei der Sparkasse Mainz und der Volksbank Freiburg beläuft sich die Rechnung auf 49 Cent pro Zahlvorgang. In der Summe kommt da ganz schön was zusammen: Wer beispielsweise jeden Tag zweimal mit EC-Karte zahlt, kann auf rund 350 Euro Gebühren im Jahr kommen.

Tabelle mit den Kosten für EC-Zahlungen unterschiedlicher Banken. (Foto: SWR)
Die Kosten für EC-Zahlungen unterscheiden sich je nach Bank.

Erklärung der Banken

Auf unsere Nachfrage teilen die Banken mit, dass die Karten-Gebühren meist bei Konten mit günstigem Grundpreis anfallen würden und nur für Kunden geeignet seien, die lieber bar zahlen.

Kostenquelle Nr. 2: Kontoführungskosten 

Auch hier greifen viele Banken zu: Kostenlose Girokonten sind inzwischen nur noch die Ausnahme. Laut Statistischem Bundesamt sind die Gebühren zwischen 2015 und 2019 um ein Viertel gestiegen.

Teure Beispiele: Bei der Volksbank Backnang kostete das VR Giro Online Konto bis Oktober 2020 fünf Euro monatlich, inklusive Kreditkarte und kostenloser Online-Buchung. Seitdem müssen Kunden 5,90 Kontogebühr zahlen, das heißt, fast 20 Prozent mehr im Monat. Jede Online-Buchung kostet 15 Cent extra. Und für die Kreditkarte kassiert die Bank jährlich auch nochmal 30 Euro extra.
Auch bei der PSD Bank Koblenz müssen Kunden seit diesem Jahr draufzahlen: Laut FMH Finanzberatung war das Giro-Direkt-Konto bis zum vergangenen Jahr kostenlos, seit 2021 kostet das Girokonto monatlich 4,95 Euro.

Übersicht über die Kontogebühren verschiedener Konten, variiert zwischen 0 Euro und 12 Euro (Foto: SWR)
Die Kontogebühren können innerhalb einer Bank je nach Konto variieren.

Gibt es überhaupt gebührenfreie Konten?

Tatsächlich gibt es noch gebührenfreie Konten, allerdings sind diese selten und nur schwer zu finden. Komplizierte Darstellungen in den AGBs und fehlende Vergleichsportale machen es den Verbrauchern schwer, ihr bestehendes Konto mit anderen zu vergleichen. Marktcheck-Finanzexpertin Barbara Sternberger-Frey warnt vor Modellen, die zwar mit einem kostenlosen Konto werben, dafür aber an anderer Stelle hohe Gebühren verlangen. 

Auf Nachfrage rechtfertigen sich die Banken damit, dass sie durch die Niedrigzinsphase und sinkende Erträge die Preise erhöhen mussten. 

Was hat es mit dem Hausbank-Modell der Volksbank auf sich?

Seit Oktober hat die Volksbank Stuttgart ihre Leistungen umgestellt und bietet nun ein sogenanntes Hausbank-Modell an. Für bestehende Kunden stellt die Änderung vor allem eine Erhöhung der Kontoführungsgebühren dar. Das vormals kostenfreie Girokonto "VR Giro Bankier" wurde abgeschafft, bereits kostenpflichtige Giro-Kontenmodelle wurden verteuert. Diese erhöhten Kosten können Kunden wieder senken, indem sie "Hausbank-Punkte" sammeln. Dabei gilt: Je mehr zusätzliche Leistungen der Bank in Anspruch genommen werden, desto mehr Punkte erhalten Kunden. Mit steigendem Punktstand sollen die Kontoführungsgebühren sinken. Marktcheck-Finanzexpertin Barbara Sternberger-Frey warnt jedoch vor dem Modell, da der Kunde am Ende immer draufzahle.

Kostenquelle Nr. 3: Porto für Kontoauszüge

Immer mehr Bankfilialen bauen die Kontoauszugsdrucker ab. Als Grund nennen sie einen Rückgang der Nutzung. Kunden, die jedoch weiterhin analog bezahlen und nicht auf Online-Banking zurückgreifen wollen, werden zur Kasse gebeten. Denn sie müssen nun für jeden Konto-Auszug 80 Cent Porto zahlen. Bei regelmäßigem Versand summieren sich die Kosten dafür. Außerdem verlieren Verbraucher ihre Flexibilität und sind vom Versand-Intervall der jeweiligen Bank abhängig. Mal eben die Auszüge checken geht dann nicht mehr. Laut Sternberger-Frey sind die Banken zwar dazu verpflichtet, die Kontoauszüge kostenlos zur Verfügung zu stellen, ob das allerdings auch für das Porto gilt ist strittig. 

Kontoauszug-Drucker (Foto: SWR)
Solche Drucker für Kontoauszüge wird man in Zukunft immer seltener sehen.

Den Artikel haben wir am 18.05.2021 aktualisiert.

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