Kaum jemand ist gegen FSME geimpft: Zwei Zecken auf einem Blatt auf einer Wiese. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Patrick Pleul)

Hotspot der Zecken-Erkrankungen im Südwesten

Zecken machen keine Pause mehr

Stand
AUTOR/IN
Janina Schreiber
DASDING Crew: Janina Schreiber - Das bin ich (Foto: SWR DASDING)
Dorothée Panse

Der Frühling gilt als Zeckenzeit. Doch nun sehen Experten, dass die Blutsauger ganzjährig unterwegs sind. Häufig stechen sie im Südwesten. Kinder sind besonders gefährdet.

Zecken können Bakterien und Krankheitserreger tragen und verbreiten auch den Virus für FSME. Er kann im schlimmsten Fall auch zu bleibenden Lähmungen oder Sprechstörungen führen. Es gibt immer mehr Menschen, die sich damit infizieren, weil es immer mehr Zecken gibt, die FSME (FrühSommer-MeningoenzEphalitis) übertragen.

Bei Kindern besteht die Gefahr einer Fehldiagnose

Eine FSME-Infektion kann auch untypische Symptome hervorrufen, so dass gerade bei Kindern die Gefahr einer Fehldiagnose besteht, sagt Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr.

Sommergrippe kann auf eine Infektion hindeuten

Die bekanntesten Symptome sind zwar Gehirnentzündung und Hirnhautentzündung, aber auch Symptome einer Sommergrippe wie Fieber, Kopfschmerzen oder Erbrechen und selbst Darmsymptome könnten unter Umständen auf eine FSME-Infektion hindeuten. 98 Prozent der Erkrankten seien nicht oder nur unvollständig geimpft, so Dobler.

Vier von fünf FSME-Fälle in Baden-Württemberg oder Bayern

In den vergangenen Jahren hat die Anzahl der FSME-Fälle in Deutschland kontinuierlich zugenommen - deutlich mehr als im Vergleich zum Zeitraum von vor zehn Jahren. Ähnlich ist es auch in der Schweiz und in Österreich. Über 80 Prozent der deutschen Fälle mit FSME werden aus Baden-Württemberg und Bayern gemeldet. Hier sind schon länger die Hotspots.

"Wir können für keine Region in Deutschland Entwarnung geben."

Vom Alpenrand bis zur Nordseeküste

Zwar ist das Risiko einer FSME-Infektion durch Zeckenstiche in Norddeutschland geringer als in Süddeutschland. Es gibt zunehmend inzwischen aber auch Fälle in Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Niedersachsen. Ein Infektionsrisiko bestehe flächendeckend vom Alpenrand bis zur Küste, so die Experten der Uni Hohenheim und des Nationalen Konsiliarlabors für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr. Die Wissenschaftler sprechen von einem Endemie-Gebiet in ganz Deutschland.

Zecken auch schon in Gärten gefunden

Nicht nur im Wald - im Südwesten wurden auch schon FSME-übertragende Zecken in Gärten gefunden. Impfen lohnt sich laut Wissenschaftlern gerade im Südwesten, denn die schlimmsten FSME-Fälle gab es in Baden-Württemberg und Bayern bei Ungeimpften.

Für den Anstieg der Krankheitsfälle ist auch der Klimawandel verantwortlich: Aufgrund der milden Winter mit Temperaturen von zeitweise 12 bis 15 Grad überleben Zecken leichter und sind aktiver. Zudem breiten sich andere Zeckenarten in neuen Habitaten aus.

Inhaltsangabe:

1. Gefahr neuer Zeckenarten
2. Zecken leben im Gras und auf Büschen
3. Zeckenstiche richtig verhindern
4. Zecken richtig töten und entsorgen

1. Gefahr neuer, eingewanderter Zeckenarten

Durch die milderen Temperaturen verbreiten sich bundesweit neue Zeckenarten, die tropische Krankheiten oder das Mittelmeerfleckfieber übertragen können. Dazu zählen: zwei Arten der Hyalomma, die Auwaldzecke und die Braune Hundezecke.

Tropenzecke Hyalomma

Die beiden Arten Hyalomma marginatum und Hyalomma rufipes stammen aus den Trocken- und Halbtrockengebieten Afrikas, Asiens, Süd- und Osteuropas. Mit ihren gestreiften Beinen sind sie eine auffällige Erscheinung und viel größer als der normale Holzbock. Die Riesenzecken haben Augen und können ihre bevorzugten Wirtstiere bis auf eine Entfernung von über 100 Metern aktiv verfolgen.

Forschende gehen davon aus, dass erwachsene Zecken große Säugetiere wie Pferde oder Rinder bevorzugen, ein Befall von Menschen sei aber auch nicht ausgeschlossen. Larven und Nymphen nisten sich vor allem auf Vögeln und Kleinsäugern ein. Sie bleiben bis zu 28 Tage auf ihrem Wirt und können so mit Zugvögeln nach Deutschland eingeschleppt werden. Die Tiere sind potentielle Überträger des Krim-Kongo-Hämorrhagischen Fiebers und des Arabisch Hämorrhagischen Fiebers und können eine Form des Zecken-Fleckfiebers auslösen.

Zecken im Größenvergleich: Gemeiner Holzbock (links) und Hyalomma marginatum (rechts) (Foto: dpa Bildfunk, Foto: Lidia Chitimia-Dobler/Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr/dpa -)
Zecken im Größenvergleich: Gemeiner Holzbock (links) und Hyalomma marginatum (rechts)

Braune Hundezecke

Die Braune Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus) ist eigentlich im Mittelmeerraum, Nordafrika und vielen Teilen der Tropen und Subtropen heimisch. Sie liebt warmes, trockenes Klima und kann deshalb auch in Wohnungen überleben und schnell zur Plage werden. Sie ist klein, unauffällig und flink.

Obwohl der Hund ihr bevorzugter Wirt ist, werden auch gelegentlich Menschen gestochen. Die Zecke kann Krankheiten wie beispielsweise das durch Rickettsien ausgelöste Mittelmeer-Fleckfieber übertragen. Mehr über die Gefahr von Zecken für Haustiere erfahren Sie hier.

Braune Hundezecken stehen auch im Visier der Hohenheimer Parasitologen  (Foto: dpa Bildfunk, Foto: Fabian Sommer/dpa)
Die flinke Braune Hundezecke auf einem 1-Cent-Stück.

Auwaldzecke

Bis vor einigen Jahren galt vor allem der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) als Überträger von Krankheitserregern wie Borrelien und FSME. Mittlerweile wurden die Erreger (Borreliose und Bakterien) dem RKI zufolge auch in der Auwaldzecke nachgewiesen. Erkennen kann man die Auwaldzecke an ihrer auffällig beige-braunen Marmorierung. Sie wird auch Buntzecke genannt und ist bereits in ganz Deutschland verbreitet. Gemeldet wurden bereits Fälle aus Niedersachsen, Baden-Württemberg und Sachsen (Raum Leipzig). Die Auwaldzecke überträgt nicht nur Krankheitserreger wie Borrelien sondern auch Rickettsien, die Erreger des Fleckfiebers sind. Woran Sie typische, von Zecken übertragende Erkrankungen erkennen können, lesen Sie hier.

2. Zecken leben im Gras und in Büschen

Zecken lauern besonders häufig in hohem Gras oder auf kleinen Büschen. Und dies schon lange nicht mehr nur im Wald: Man findet sie mittlerweile in Gärten und auch in Stadtgebieten.

Einheimische Zeckenarten, wie der Gemeine Holzbock, krallen sich an potentiellen Wirten fest, wenn diese an ihnen vorbeigehen und sie streifen. Die Spinnentiere stechen mit ihrem Saugrüssel durch die Haut und trinken Blut. Das bemerken Menschen oder Hunde meist jedoch nicht sofort, da die Zecke zuvor die Haut betäubt.

Auwaldzecken und die Hyalomma-Zecken dagegen können ihren Opfern sogar über kleine Strecken hinweg folgen, wenn sie sehen, dass diese an ihnen vorbeigehen.

Wenn sich Zecken vollgesaugt haben, fallen sie einfach von Ihrem Wirt ab. Ohne Blut können aus Zeckenlarven keine ausgewachsenen Tiere werden. Sobald die Zecke sich einmal vollgesaugt hat, kann sie mehrere Jahre überleben, ohne eine Mahlzeit zu sich nehmen zu müssen.

3. Zeckenstich verhindern

Der beste Schutz vor durch Zecken übertragbare Krankheiten ist es, sich gar nicht erst stechen zu lassen. Die folgenden Tipps der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) helfen dabei:

  1. Bleiben Sie bei Spaziergängen möglichst auf festen Wegen und meiden Sie Unterholz, hohes Gras und Hautkontakt zu bodennahen Pflanzen.
  2. Ziehen Sie sich und Ihrem Kind beim Aufenthalt in möglichen Zeckengebieten feste Schuhe an.
  3. Achten Sie auf helle Kleidung, die den Körper weitestgehend bedeckt. Hierauf lassen sich die Zecken leichter auffinden.
  4. Suchen Sie nach dem Aufenthalt in möglichen Zeckengebieten vor allem bei Kindern den Körper sorgfältig nach Zecken ab.
  5. Bevorzugte Saugstellen sind am Kopf und am Hals sowie unter den Armen, zwischen den Beinen und in den Kniekehlen. Wie man beim Entfernen am besten vorgeht, lesen Sie hier.

4. Zecken richtig entfernen, töten und entsorgen

Hat man eine Zecke auf der Haut entdeckt, sollte man nicht überstürzt handeln und die Zecke versehentlich ausquetschen. Denn: Wird eine Zecke gedrückt, gelangt der Darminhalt inklusive möglicher Bakterien in die Blutbahn des Wirts.

Der Zeckenkopf sollte unbedingt direkt mitentfernt werden. Sonst können Erreger aus dem Mundwerkzeug in die Blutbahn gelangen. Dazu sollte die Zeckenzange ganz nah an der Haut angesetzt werden.

Richtig entfernt wird die Zecke mit einer Zeckenzange oder mit einer Zeckenkarte. Letztere ist besonders praktisch, da sie einfach im Geldbeutel oder in der Handy-Hülle mitgeführt werden kann und so bei jedem Waldspaziergang dabei ist.

Desinfektion des Stichs

Ist die Zecke erfolgreich entfernt worden, sollte der Stich mit Desinfektionsmittel behandelt werden. Aber Achtung: Sprühen Sie das Desinfektionsmittel erst auf die Stelle, wenn die Zecke entfernt wurde. Denn der Kontakt mit Desinfektionsmittel kann den Blutsauger stressen. Stress kann dazu führen, dass das Tierchen sich in den Blutkreislauf übergibt und so mögliche Krankheitserreger überträgt.

Zecke richtig töten

Zecken sind hart im Nehmen: Sie überleben 24 Stunden im Gefrierfach, überstehen einen Waschgang bei 40 Grad und wenn man sie in der Toilette herunterspült, können sie bis zu drei Wochen lang unter Wasser überleben.

Am effektivsten ist das Zerdrücken der Zecken nach dem Entfernen. Vorsicht: Die Zecke am besten in ein Papier legen und dann mit einem glatten Gegenstand, wie einem Glas, zerquetschen. Bei Kontakt mit Flüssigkeiten, die aus der Zecke kommen, sollten die Hände gut gewaschen und desinfiziert werden.

Mindestens 40-prozentiger Alkohol kann Zecken töten. Auch Feuer hat sich bewährt, um Zecken effektiv zu töten. In den Flammen verbrennen die Tiere und haben keine Überlebenschance.

Mehr Infos zu Zecken

Medizin Klimawandel bringt tropische Krankheiten auch nach Deutschland

Wegen des Klimawandels können sich über Mücken und Zecken auch neue Krankheiten verbreiten. Müssen wir in Europa bald mit Malaria oder dem Chikungunya-Fieber rechnen?

Stand
AUTOR/IN
Janina Schreiber
DASDING Crew: Janina Schreiber - Das bin ich (Foto: SWR DASDING)
Dorothée Panse