Was alles hat Platz in einem Gedicht? fragt Denis Scheck die drei Lyrikerinnen
Uljana Wolf
Das Werk der Lyrikerin, Übersetzerin und Essayistin Uljana Wolf ist stark von der Arbeit mit verschiedenen Sprachen geprägt. In ihren Texten spielt sie lustvoll mit Bedeutungsunterschieden, Klangähnlichkeiten und hat Freude an falschen Bedeutungen.
Mit ihrem neuen Essayband „Etymologischer Gossip“ stand sie im Oktober auf der SWR Bestenliste. Insa Wilke empfiehlt das Buch im „lesenswert“ Quartett. Der Band versammelt Reden und Essays, die zwischen 2007 und 2020 entstanden sind. Er gibt tiefe Einblicke in die Denkwerkstatt einer Lyrikerin, aber auch in den einer Übersetzerin.
Sabine Scho
Die Fotografin und Autorin Sabine Scho ist Expertin für „Ungewisse Formate“, das Thema, zu dem sie zwei Semester lang am Literaturinstitut in Leipzig lehrte. Bei ihr treten Text und Bild meistens zusammen auf. 2018 wurde sie für ihre inspirierende Weise, wie sie ihre literarischen Arbeiten mit anderen Kunstformen verschränkt, mit dem Deutschen Preis für Nature Writing ausgezeichnet.
2019/20 erhielt sie das Literaturstipendium in der Villa Massimo. Dort entstand das aktuelle Buch – in experimenteller Zusammenarbeit mit dem Architekten und Designer Sebastian Felix Ernst und der Musikerin und Klangkünstlerin Theresa Stroetges alias Golden Diskó Ship. „Haus für einen Boxer“ enthält einen Essay, Gedichte, Fotos, Zeichnungen, eine CD mit Musik, Original-Tonmaterial von Boxkämpfen und Trainings und eingelesenen Gedichten.
Sabine Scho studierte Germanistik und Philosophie in Münster. Bei Auftritten auf internationalen Festivals hat sie sich einen Ruf als Performerin erarbeitet. Sie lebte von 2006 bis 2014 in Sao Paulo, heute lebt sie in Berlin.
Anja Kampmann
2016 erschien der erste Gedichtband von Anja Kampmann: „Proben von Stein und Licht“. Sie wurde sofort als neue unverwechselbare Stimme der deutschen Literatur wahrgenommen. Ihr zweites Buch war ein Roman, der auf Anhieb für der Preis der Leipziger Buchmesse sowie für den Deutsche Buchpreis nominiert wurde: „Wie hoch die Wasser steigen“. „Der Hund ist immer hungrig“ ist ihr zweiter Gedichtband.
Die Gedichte sind durchzogen von dystopischen Bildern, erzählen von Naturzerstörung und ihrer krankmachenden Wirkung, von Genmanipulation, geklonten Tieren und Menschen und von Kriegen. Und doch sind diese Gedichte von einer eigentümlichen sprachlichen Schönheit – diese Ambivalenz ist verstörend und betörend zugleich. In der Sendung liest Anja Kampmann das Gedicht „deep blue“.
Anja Kampmann wuchs in Lüneburg auf, studierte in Hamburg und am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und erhielt viele Förderpreise. 2011 war sie Stipendiatin des International Writing Program Iowa. Ihre Gedichte und Prosa wurden vielfach übersetzt und vertont. Sie arbeitet eng mit zeitgenössischen Komponist*innen zusammen. Aktuell (2020 - 2023) in einem Projekt mit der Komponistin Milica Djordjevic, in Zusammenarbeit mit dem Ensemble Ascolta und dem Literaturhaus Stuttgart.