Marktstraße in Sembach

Stand

Ein Film von Fatma Aykut

In Sembach gibt es eine Kaiserstraße, eine Hauptstraße, doch das Dorfleben spielt sich in der Marktstraße ab. Sie zeichnet sich vor allem durch Enge und steilen Aufstieg aus.

Video herunterladen (68,8 MB | MP4)

Die Marktstraße in Sembach (Foto: SWR, SWR -)
Die Marktstraße

Hier ist das altehrwürdige Bürgerhaus, in das bald Kinder einziehen werden, schräg gegenüber die Kult-Gastronomie "Kochlöffel", die in den USA genauso bekannt und geschätzt wird wie Heidelberg und Schloss Neuschwanstein, eine Kegelbahn und ein zugezogener Österreicher, der in der Marktstraße Bienen züchtet.

Früher, um das 18. Jahrhundert, als Sembach gegründet wurde, nannte man die Marktstraße die Dorfgasse. Damals lebten die Bewohner von der Landwirtschaft. Bis heute hat sich nur ein Landwirt halten können.

Mit der US-amerikanischen Air Base kamen viele Amerikaner und mit ihnen auch Wohlstand nach Sembach. Die Dorfbewohner lebten gut, der Dollarkurs lag zeitweise bei vier D-Mark. Es gab Gastronomie, Hotelerie, Kneipen.

Zu Spitzenzeiten lebten bis zu 5.000 US-Amerikaner, bei gerade einmal 900 Einheimischen. Doch Spannungen gab es nie, erzählt die Gastronomin Gabi Klein vom "Kochlöffel".

Ihr Restaurant ist bei Amerikanern Kult. Ihr Mann Friedel kocht seit 30 Jahren deftige und großzügige Portionen. Die Mehrzahl ihrer Kundschaft heute seien zwar Deutsche, aber die Amerikaner würden wieder kommen, aus Rammstein zum Beispiel. Sie erinnert sich gerne zurück an die Zeiten, als in der Marktstraße kein Durchkommen war, weil ihre amerikanischen Gäste die Straße zuparkten.

Doch auf die Amerikaner setzt in Sembach schon lange niemand mehr. Auf dem ehemaligen Konversionsgelände der US Air Force ist jetzt ein Gewerbepark entstanden.

Die Zukunft liegt aber in der Marktstraße. Denn die Markstraße ist sehr fruchtbar: der Kindergarten platzt aus allen Nähten, im altehrwürdigen Bürgerhaus, der ehemaligen Schule von Sembach, mussten die Landfrauen ihre Räume verlassen und den Kleinen Platz machen. Der Bürgermeister Fritz Hack weiß nicht so richtig, ob er sich freuen soll oder nicht. Der Umbau der Räumlichkeiten kostet seine Gemeinde 30.000 Euro.

Das Bürgerhaus ist eines der wenigen baulichen Schmuckstücke, die in Sembach nicht verfallen oder bis zur Unkenntlichkeit umgebaut worden sind. Die Gemeinde leistet sich hier auch einen Luxus: eine Gemeindebibliothek, ehrenamtlich betrieben von Bernadette Jung. Sie macht das jetzt im siebten Jahr. Und ohne sie würde es diese Einrichtung wahrscheinlich nicht mehr geben.

In der Marktstraße leben auch einige wenige Amerikaner, die bleiben aber lieber unter sich. Und ein Österreicher. Gerhard Haller hat hier sein Herz verloren, an Ute, seine Frau . Als Montagearbeiter kam er hierher, eigentlich nur auf der Durchreise und blieb hängen. Aus Österreich ist nur noch sein Akzent geblieben und seine Leidenschaft für – Bienen. Gerhard Haller ist nämlich Hobby-Imker.

Für beide, Ute und Gerhard, ist es die zweite Ehe. Ute war mit einem Amerikaner verheiratet, hat zwei Kinder von ihm. Sie erzählt von der Zeit, als Amerikaner in Sembach zwar willkommen, aber die Heirat zwischen Einheimischen und vor allem farbigen Amerikanern nicht gerne gesehen wurde.

Stand
AUTOR/IN
SWR Fernsehen