Hauptstraße in Himmighofen

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Ort Himmighofen (Foto: SWR, SWR -)
Himmighofen

Wenn im Winter der frostige Ostwind über die Hügel des blauen Ländchens weht, bleiben die Hühner von Rentner Lothar Kuhn gern ganztags im Stall. Schnee und kalte Füße mögen sie nicht, dafür hat der tierliebe Senior die handzahmen Hennen viel zu sehr verwöhnt.

Am Morgen schaut er, ob es allen gut geht und wie viele Eier sie gelegt haben. Denn die liebt Lothar Kuhn, ob nun zum Frühstück oder mittags als Omelette. Doch noch mehr mag er sein Federvieh, aber zum Fressen hat er es nicht gern. Gestorben wird hier der Alterstod, jedes Tier bekommt sein Gnadenbrot. Noch nie hat er eines geschlachtet oder gegessen.

Früher hatte er noch wesentlich mehr Hühner, an die 30 Stück, denn bis 1981 brauchten die Kuhns zum Frühstück haufenweise Eier. Weshalb? Das kann man erahnen, wenn man die zwei merkwürdigen Außentoiletten auf dem Hof zur Hauptstraße entdeckt. Tür an Tür, streng nach Geschlechtern getrennt. Sie stammen aus einer Zeit, als das riesige Wohnhaus der Kuhns noch "Zur guten Quelle" hieß.

Hauptstraße von Himmighofen (Foto: SWR, SWR -)
Hauptstraße

Ganze Jagdgesellschaften gastierten in der Pension und brauchten zum gemeinsamen Essen eine Menge Platz. Aus Nostalgieverliebtheit haben sich Brigitte und Lothar Kuhn Teile dieses Sitzmobiliars erhalten, weshalb in ihrer Wohnung alles viel größer ist.

Groß und reichhaltig ist auch das Angebot des gemeindeeigenen Dorfladens gleich gegenüber. Was es nicht gibt, kann vorbestellt werden und wird dann vom ehrenamtlichen Bürgermeister Holger Breithaupt angeliefert. Im Hauptberuf Kassierer bei einer Bank, züchtet er nebenbei noch Schafe und kümmert sich in jeder freien Minute um das Wohl seiner übrigen "Schäfchen".

Der Einkaufstreff ist ihm so wichtig, weil er die Lebensqualität der Himmighofener hochhält und Menschen ohne Auto die Grundversorgung in Fußwegweite garantiert. Zwar muss das Geschäft wegen der hohen Energiekosten bezuschusst werden, doch das Geld sieht der Bürgermeister hier gut investiert.

Marterpfahl in der Hauptstraße (Foto: SWR, SWR -)
Der Marterpfahl

Gleich beim Dorfladen gibt es einen merkwürdigen Marterpfahl zu sehen. Der kunstvoll geschnitzte Stumpf war ursprünglich die alte Dorflinde, die 2011 gefällt werden musste. Ganz entfernen wollten die Himmighofener sie jedoch nicht und entschieden sich, dem Rotmilan ein Denkmal zu setzen. Der Raubvogel lässt sich zwar nicht allzu häufig blicken, aber nach einer Flurbereinigung verlangte die Naturschutzverordnung eine Ausgleichsfläche. Ergebnis ist eine drei Hektar große Landebahn, wie der Bürgermeister scherzt, und ein Denkmal hierfür.

Ein Denkmal muss es nicht gleich sein, ein schmucker Pokal würde Jürgen und Jan-Philipp Lüdcke schon reichen. In der Klasse bis zwei Liter Hubraum wollen Vater und Sohn mit ihrem hochgetunten GTI in der laufenden Rallye-Saison ganz vorne mitfahren.

In ihrer Garage an der Hauptstraße schrauben sie unermüdlich und kitzeln jede mögliche Pferdestärke aus dem werkseitig 139 PS-starken Vierzylinder. Gelingt das Motortuning, werden es am Ende 230 PS sein – und vielleicht einer der vordersten Plätze bei der nächsten Rallye am Fuße des Taunus?

Karte von Himmighofen (Foto: SWR, SWR -)
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SWR Fernsehen