Die Eduard-Mann-Straße in Ebertsheim

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Ein Film von Fatma Aykut

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In Ebertsheim, malerisch gelegen im Eisbachtal zwischen Grünstadt und Eisenberg, zielt ein alter Fabrikschornstein in den Himmel, weiter und höher als der Kirchturm nebenan. Es ist noch ein Überbleibsel der alten Papierfabrik in der Eduard-Mann-Straße, dem Namensgeber der Fabrik. Einst standen hier viele Ebertsheimer und ihre Familien in Lohn und Brot, bis 1982. Dann wurden die Stechuhren abgebaut, die Fabrik stillgelegt. Jeder im Dorf wusste, was bevor stand: Die Produktionshallen würden verfallen, eine Bauruine mitten im Ort.

Doch 1984 hatten drei Paare aus dem Rhein-Neckar-Raum eine Vision entwickelt: Sie wollten eine andere Lebens- und Wohnform. Eine, die auf Ökologie und gleichzeitig auf moderne Technologie setzt. Es sollten sich kleine Firmen auf dem Gelände niederlassen, Firmen, die sich der Nachhaltigkeit verpflichten. Und die Menschen sollten miteinander leben, nicht nebeneinander. Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten, jung und alt, behindert und nicht behindert. Basisdemokratisch organisiert. Schon ein Jahr später fanden sie die entsprechende Immobilie dafür: eben jene, in Konkurs gegangene alte Papierfabrik in Ebertsheim. Seitdem haben Eigentümer und Gesellschafter das Gelände und die Gebäude saniert, bewohnbar gemacht und inzwischen leben mehrere Dutzend Parteien in den alten Gemäuern. Die meisten, die kommen, bleiben. In der Eduard-Mann-Straße findet sich eine Holzmanufaktur, in der ausschließlich mit Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft gearbeitet wird. Zudem wohnen in der Straße Landschaftsplaner und sie ist der Sitz der Ebertsheimer Bildungsinitiative, die Schulklassen und Kindergartenkinder Umweltfragen spielerisch beantwortet.

Die Landschaftsplanerin Gisela Valentin zog 1987 hier her mit ihrem Mann. Sie wohnten damals noch in Berlin und lasen in einer Zeitung die Anzeige: Leben und Arbeiten in einem Umweltprojekt. Sie sagt, man müsse schon eine ungemein große Kommunikationsfähigkeit und Toleranz mitbringen, um hier zu leben. Das Wohnprojekt "Alte Papierfabrik" sei keine Kommune, sondern eine große Ansammlung von Individualisten, die außer der Ökologie keine großen Gemeinsamkeiten hätten. Vom HartzIV-Empfänger bis zum Professor hätten hier diverse Menschen eine neue Heimat gefunden. Den Nachhaltigkeitsgedanken der Gründergeneration haben auch die Jungen beibehalten.

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SWR Fernsehen