Corona beschleunigt die Veränderungen in der Arbeitswelt

Homeoffice oder mobiles Arbeiten - Das sind die Unterschiede

Stand

Arbeiteten vor der Pandemie gerade mal 10 Prozent im sogenannten "Homeoffice" oder in Telearbeit, so sind es jetzt 28 Prozent der Beschäftigten, also fast dreimal so viel – laut einer aktuellen Studie der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK). Viele entdecken die Vorteile dieser Arbeitsform. Allerdings auch die Nachteile.

Video herunterladen (12,9 MB | MP4)

Die Meinungen zur neuen Arbeitsform sind bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern geteilt. Was auch jetzt im Lockdown eher als Notfallmaßnahme gedacht ist, könnte jedoch unsere Arbeitswelt komplett umkrempeln. Viele Berufstätige wünschen sich, auch nach der Pandemie weiter zu Hause arbeiten zu dürfen. Doch es gibt auch Gegenargumente.

So unterscheidet sich Homeoffice vom mobilen Arbeiten

Die meisten Betroffenen arbeiten derzeit quasi notfallmäßig zu Hause, rechtlich gesehen ist das nur "mobiles Arbeiten", nicht Telearbeit oder Homeoffice. Beim mobilen Arbeiten am Küchentisch werden die strengen Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes nicht erfüllt.

Arbeitsrechtlerin Jill Aline Kircher (Foto: SWR)
Arbeitsrechtlerin Jill Aline Kircher unterscheidet Homeoffice und mobiles Arbeiten.

"Wenn wir wirklich einen festen Arbeitsplatz haben, den der Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hat und dazu auch entsprechende Betriebs-Regelungen existieren, geht man von Homeoffice aus."

  • Für das Homeoffice muss der Arbeitgeber Mobiliar und Geräte stellen.
  • Die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes müssen eingehalten werden.
  • Für die Telearbeit werden in der Regel Vereinbarungen mit dem Betriebs- oder Personalrat geschlossen.
  • Beim mobilen Arbeiten gilt das nicht – dafür gibt es keine Regeln.

Manche Unternehmen zahlen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kulanterweise eine Pauschale für höhere Heiz- und Stromkosten ihrer Wohnung, doch einen Anspruch darauf gibt es beim mobilen Arbeiten nicht. Wiederum gibt es informelle Regelungen in der Pandemie, etwa, dass Beschäftigte ihre ergonomischen Tastaturen oder guten Arbeitsstühle für die Dauer der Ausnahmesituation mit nach Hause nehmen dürfen.

Diese Kosten können sie von der Steuer absetzen

Um Betroffene zu entlasten, hat die Bundesregierung eine sogenannte "Homeoffice-Pauschale" für 2020 und 2021 auf den Weg gebracht. Denn wer zu Hause arbeitet, kann keine Kosten für das Pendeln zur Arbeit absetzen. Die Pendlerpauschale fällt weg für die Tage, die man nicht zur Arbeit gefahren ist.

  • Für das Arbeiten zu Hause können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an 120 Tagen im Jahr fünf Euro von der Steuer absetzen, insgesamt maximal 600 Euro.
  • Doch davon werden nicht viele Menschen profitieren, denn die 600 Euro werden in die 1.000 Euro Werbungskosten-Pauschale eingerechnet, auf die ohnehin jeder Beschäftigte ein Anrecht hat.
  • Nur wer mit weiteren Sonderausgaben für das Arbeiten zu Hause über die 1.000 Euro Werbungskosten kommt, hat eventuell einen steuerlichen Vorteil.
  • Auch wer ein separates Arbeitszimmer hat, kann dieses von der Steuer absetzen, allerdings setzt dies voraus, dass dort keine anderen privaten Möbel drin stehen.
Steuerberater Ralf Nick aus Emmelshausen (Foto: SWR)
Steuerberater Ralf Nick aus Emmelshausen sieht keine weitreichende Steuerentlastung.

"Wenn ich 15 Kilometer zur Arbeit fahre, kann ich pro Entfernungskilometer 30 Cent Werbungskosten geltend machen, das heißt 5 Euro Werbungskosten pro Tag. Arbeitnehmer, die weiter zum Betrieb fahren, machen mit dem Homeoffice einen negativen Schnitt, können weniger Werbungskosten geltend machen."

Deshalb wird mobiles Arbeiten kontrovers diskutiert

In der DAK-Studie vom Juli 2020 zeigten sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zufrieden mit den Vorteilen des mobilen Arbeitens: 68 Prozent schätzen den Zeitgewinn, weil der Weg zur Arbeit wegfällt. 65 Prozent finden, die Arbeit ließe sich besser über den Tag verteilen und für etwa 54 Prozent ist die Arbeit zu Hause angenehmer als im Betrieb. Allerdings sehen drei Viertel der Befragten kritisch, dass beim Arbeiten zu Hause wenig direkter Kontakt zur restlichen Belegschaft bestehe. 48 Prozent vermissen die Möglichkeit, sich kurzfristig zu besprechen.

Vor allem jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern fällt es schwer, die Grenze zwischen Beruf und Privatleben zu ziehen. Die Ausweitung der Arbeitszeiten sehen vor allem die Gewerkschaften kritisch, denn hier wird auch das Arbeitszeitgesetz verletzt. Homeoffice bedeutet in vielen Fällen, dass es eine Entgrenzung der Arbeitszeit gibt, dass Erreichbarkeit über normale Arbeitszeiten hinweg schlicht und einfach erwartet wird. Es gibt eine Menge Fallstricke. Dabei gilt es abzuwägen, zwischen Interessen, die den Beschäftigten nutzen, und denen, die dem Arbeitgeber nutzen.

So könnte sich die Arbeitswelt dauerhaft verändern

Die Corona-Krise hat der Digitalisierung der Arbeitswelt einen kräftigen Schub verpasst, drei Viertel der Unternehmen haben zur Bewältigung der Krise Teile ihrer Belegschaft ins mobile Arbeiten geschickt, so eine Studie des ifo-Instituts.

Diese Neuorganisation der Arbeit wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vollständig rückgängig gemacht werden. 56 Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Deutschland könnten laut der Studie zeitweise von zu Hause arbeiten. In Zukunft werden Beschäftigten voraussichtlich einige Tage zu Hause und die anderen im Büro sein – hybrides Arbeiten heißt das. Es könnte die Flexibilität bringen, die manche, aber nicht alle, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen.

Fazit

Stand
AUTOR/IN
SWR Fernsehen