In der Krise weltweit knapp

Warum Mikrochips so wichtig sind

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Der Mikrochip-Mangel: Noch immer hat er zahlreiche Branchen weltweit im Griff. Mehrere Monate müssen Firmen vielerorts auf die kleinen und doch so wichtigen Bauteile warten. Das liegt vor allem an der weltweiten Pandemie-Situation. Die hat auf Angebots- sowie auf Nachfrageseite die Versorgung gestört und verzerrte Marktbedingungen geschaffen.

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Steigende Automatisierung in vielen Branchen

Sie sind überall: ob in Waschmaschinen, Toastern, Smartphones, Beatmungsgeräten oder in Autos - sogar Reisepässe haben mittlerweile einen Mikrochip verbaut. Mit steigender Automatisierung und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz in zahlreichen Branchen wird auch der Einsatz von Mikrochips immer gängiger und deren Komplexität anspruchsvoller. Die winzig kleinen Chips übernehmen Aufgaben der Erkennung, Sensorik und Steuerung in Elektrogeräten, indem sie zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Signale senden. Bei einem Auto sind sie zum Beispiel für das Auslösen des Airbags, die Abstandserkennung oder Parkassistenz verantwortlich.

"In Zukunft wird autonomes Fahren eine größere Rolle spielen, da sind Chips absolut erforderlich. Heutzutage sind in einem Elektroauto mehrere hundert Chips verbaut, vor zehn Jahren waren es nur ungefähr fünf Chips."

Die Autoindustrie deckt allerdings nur ca. 13 Prozent der weltweiten Nachfrage an Mikrochips ab. Vor allem die Robotik im Maschinenbau und die Unterhaltungsindustrie haben einen riesigen Bedarf an den sogenannten Halbleitern.

Mikrochips sind weltweit Mangelware (Foto: SWR)
Mikrochips sind weltweit Mangelware

Ohne Halbleiter keine Signale

Mikrochips bestehen aus Silizium – einem leitungsfähigen Halbmetall, das aus Quarzsand gewonnen und unter Einfluss von viel Energie zu hauchdünnen Siliziumplatten geschmolzen wird. Diese Platten, Silizium-Wafer genannt, werden anschließend geschichtet und erhalten in sogenannten Reinräumen durch Prozesse wie Belichtung, Ätzung und Lackierung eine individuelle Struktur, die dem Chip schließlich seine genauen Befehle und Anweisungen gibt. Aus einer Platte lassen sich hunderte nur Millimeter kleine Chips sägen, die anschließend in einem Plastikgehäuse verpackt und als Mikrochip im Elektrogerät verbaut werden.

Produktion von Silizium-Wafern gilt als Nadelöhr

Die Wertschöpfungskette der Chipproduktion ist hoch komplex und sehr stark dezentralisiert. Während es auch in Deutschland zahlreiche Fabless-Unternehmen gibt, Firmen, die das "Design" der Chips entwerfen und die Chips als solche auch verkaufen, liegt die Herstellung der Silizium-Wafer bei den sogenannten Foundries. Diese Wafer-Produktion erfordert sehr aufwendige und kostspielige Maschinen und Prozesse, weshalb sie durch nur wenige, sehr große Fabriken weltweit durchgeführt wird, die vor allem in Asien ansässig sind. Mehr als die Hälfte des produzierten Siliziums 2020 wurde in China hergestellt.

Mikrochips werden aus Silizium hergestellt (Foto: SWR)
Mikrochips werden aus Silizium hergestellt

Vielfältige Gründe für Halbleiter-Mangel

Diese Wafer-Foundries stellen einen von vielen Gründen für den Chip-Mangel dar. Stromausfälle und steigende Strompreise im Jahr 2020 haben dazu geführt, dass die energieintensive Silizium-Produktion heruntergefahren wurde. Das hat sich vorerst nicht ausgewirkt, da auch die Nachfragemengen beispielsweise in der Automobilindustrie durch die Pandemie drastisch reduziert wurden. Gleichzeitig hat aber die Unterhaltungselektronik einen wahren Boom erlebt, allein Apple benötigt mittlerweile so viele Chips wie die gesamte Automobilindustrie weltweit.

"Durch die Pandemie haben wir mehr digital miteinander kommuniziert und damit den Bedarf an diesen Produkten noch mehr gesteigert, weil jeder auch von daheim arbeiten musste und die Technik dafür notwendig war – dadurch wurde das Problem noch zugespitzt."

Durch diese veränderten Angebots- und Nachfragebedingungen hat sich der Markt stark verzerrt. Darüber hinaus haben generelle Produktions- und Transportausfälle durch strikte Lockdowns in Asien, die Sperrung von kompletten Frachthäfen in China und Unwetterkatastrophen die Lieferkette zusätzlich behindert. Auch geopolitische Spannungen zwischen China und den USA haben Lieferungen beeinträchtigt oder verhindert.

"Der Punkt ist, jeder wird sich denken, dann bauen wir einfach ein paar Werke mehr, aber das geht nicht so einfach. Solche Werke sind hoch komplex, sie dauern fünf bis zehn Jahre in der Bauzeit und die Wertschöpfungsketten sind sehr global."

Das heißt, auch bestimmte Automodelle, Spielekonsolen oder Smartphones werden weiterhin lange Lieferzeiten haben. Darüber hinaus ist mit einer Preissteigerung zu rechnen.

EU plant enorme Investitionen

Im Februar 2022 hat die EU den Plan vorgelegt, bis 2030 43 Milliarden Euro in die Errichtung von Produktionswerken zu investieren. Damit will sie Europa eine bedeutendere Position im Markt schaffen und unabhängig von Asien machen. Bis diese Fabriken jedoch produzieren können, werden noch einige Jahre vergehen. Viele Jahre, in denen der Nachfragemarkt weiter ansteigen wird und Unternehmen mittelfristig anderweitig ihre Rohstoffversorgung sicherstellen müssen.

Die ausstehenden Lieferungen aus 2020 und 2021 hängen noch immer nach, gleichzeitig gehen immer größere Aufträge bei den Fabrikanten ein. Bis dieses Ungleichgewicht im Markt ausgeglichen ist und größere Produktionskapazitäten geschaffen werden, wird es noch lange dauern.

Experten rechnen mit einer Besserung frühestens 2023, eventuell werden die Unternehmen auch noch 2024 mit verzögerten Lieferungen zu kämpfen haben.

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