Trend mit vielen Fragezeichen

Schottergärten - Steinwüste statt Artenvielfalt

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Seit rund sieben Jahren sind Schottergärten in Mode, für Hausbesitzer, die nicht viel Zeit in Grünflächen investieren wollen oder können, eine Alternative zum klassischen Garten.

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Schottergärtner kippen Steine in verschiedenster Form vor die Haustür oder in den Garten. Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen echten Steingärten und künstlichen Steinwüsten:

  • So haben Steingärten eine lange Tradition und sollen unter Verwendung von Kies, Steinen oder Splitt, ein Lebensumfeld für Pflanzen aus der Gebirgsflora bieten oder für Pflanzen, die es trocken mögen.
  • Ein vielfältig gestalteter Steingarten kann durchaus artenreich und sehr schön sein, anders als Schottergärten.

Wann kamen Schottergärten auf?

Vor rund sieben Jahren entstand der Trend zu Schottergärten. Kunden wünschen sich seitdem versiegelte Flächen immer nur aus einem Grund: Es soll pflegeleicht sein.  

Doch das ist oft ein Trugschluss:

  • Nach und nach gelangen Samen durch die Luft in Ritzen und schon sprießt das Unkraut wieder.
  • Auch die Laubbeseitigung ist aufwändig und muss einkalkuliert werden.
  • Es können sich Moose und Algen bilden, wenn sich Wasser staut.

Warum sind Schottergärten klimaschädlich?

Werner Ollig, Gartenexperte Neustadt an der Weinstraße.  (Foto: SWR)
Schottergärten schrecken Insekten und Vögel ab, sagt Werner Ollig, denn die Steine haben für sie weder Nektar oder Pollen.

Werner Ollig macht mit beim Projekt "Entsteint Euch RLP", eine Kooperation des Umweltministeriums Rheinland-Pfalz und der "Deutschen Gartenbaugesellschaft 1822".  Mit einer Wärmebildkamera zeigt er, dass die Temperatur in diesen Steinwüsten oft deutlich höher ist als in begrünten Gärten. Der fehlende Schatten führt oft zu fünf bis sechs Grad höherer Temperatur.

"An richtig heißen Tagen, über 30 Grad, hat man auf solchen Flächen, die man messen kann, bis zu 70 Grad. Das ist sehr sehr heiß. Auf bepflanzten Flächen kommt man da auf die Hälfte, auf etwa 35 Grad."

Ohne Pflanzen kann keine Kühlung erfolgen, denn Pflanzen wirken wie eine Klimaanlage. Sie verdunsten Wasser und sorgen so für Kühlung. Das steigert das Wohlbefinden der Menschen.

Marc Weigel, Oberbürgermeister Neustadt an der Weinstraße (Foto: SWR)
Marc Weigel, Oberbürgermeister von Neustadt an der Weinstraße, kennt die Probleme, die Städte und und Kommunen zunehmend beschäftigen.

Schottergärten sind nicht mit umweltfreundlichen Baumaßnahmen vereinbar, denn auch das Mikroklima muss berücksichtigt werden. Zudem stirbt die Biodiversität. Es gibt kein Bodenleben, kein Tierleben.

In Kaiserslautern möchte die Stadt eigene Flächen stärker entsiegeln und begrünen. Mainz, Speyer, Neustadt an der Weinstraße oder Bad Neuenahr-Ahrweiler haben Schottergärten in ihren Neubaugebieten verboten, überarbeiten ihre Begrünungssatzung und fordern deutlich mehr begrünte Flächen. Bei Neubaugebieten werden die Bebauungspläne entsprechend formuliert, so dass keine Schottergärten möglich sind.

Unter den Schottergärten befindet sich Folie. In Schottergärten ist die Luftfeuchtigkeit über den versiegelten Flächen viel zu gering. Zudem wird kein wichtiger Sauerstoff produziert. Es wird schon gar kein Feinstaub gebunden. Durch diese Versiegelung kann auch Wasser nicht mehr versickern und die Kanalisation ist bei Starkregenfällen sowieso schon ausgelastet.

"Die Oberflächenentwässerung wird zunehmend schwieriger für uns, Starkregenereignisse können wir mit den vorhandenen Kanalkapazitäten schwer handeln. Schottergärten bringen eine zusätzliche Versiegelung mit sich."

Wie leidet die Tierwelt unter Schottergärten?

Gerade Vorgärten und kleine Grünflächen haben eine besondere Bedeutung für die Artenvielfalt und das Klima in der Stadt, denn Insekten und Vögel fliegen bei der Suche nach Nahrung auch kleine Vorgärten an.

Gartenexperte Werner Ollig im Garten (Foto: SWR)
Gartenexperte Werner Ollig im Garten

Wer einen pflegeleichten aber umweltfreundlichen Garten möchte, sollte die richtigen Stauden pflanzen: Robuste Sorten, in einer farbenprächtigen Mischung , die zu unterschiedlichen Zeiten blühen. Salbei, Bleiwurz oder Bartpflanze sind einige von vielen, die man im Gartencenter finden kann. An heißen Orten sollten entsprechende hitzeresistente Pflanzen gesetzt werden. Unkräuter werden durch die Stauden verdrängt. Flächen verändern sich mit der Jahreszeit und sind immer schön anzuschauen, besonders wenn ein Mix gesetzt ist.

Die künstlich angelegten Steinwüsten sind ökologisch wertlos. Bienen, Schmetterlinge und andere Nützlinge haben da keinen Lebensraum. So finden die Vögel dort auch kein Futter.  

Fazit

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SWR Fernsehen