Weiterhin keine Besserung in Sicht

Immer noch zuviel Nitrat im Wasser

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Deutschland schafft es nicht, sein Grundwasser vor zu viel Dünger und Nitrat zu schützen. Verstöße gegen EU-Recht, Umweltbelastungen und Inkaufnahme von Gesundheitsrisiken scheinen politischer Konsens zu sein.

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Im rheinland-pfälzischen Gönnheim ist mit 322 Milligramm pro Liter der bundesweit höchste Nitratwert im Grundwasser gemessen worden. In der EU gilt ein zulässiger Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter.

Auch in Schifferstadt (Rhein-Pfalz-Kreis) war das Grundwasser stark belastet. Der Verein VSR-Gewässerschutz schätzt, dass in der Pfalz etwa 40 Prozent der Messungen einen erhöhten Nitratwert aufweisen.

Demnach nahm der durchschnittliche Nitratgehalt an den 15 Grundwassermessstellen mit den jeweils höchsten Belastungen von 2013 bis 2017 um fast 40 Milligramm pro Liter zu. Wurde 2013 dort laut früherer Regierungsangaben ein Durchschnittswert von 170 Milligramm pro Liter gemessen, waren es 2017 laut der akutellen Regierungsanwort bereits 209 Milligramm.

Weshalb ist zu viel Nitrat im Wasser gefährlich?

Die Weltgesundheitsorganisation warnt schon lange vor den Gefahren durch Nitrat. Im Körper kann es zu Nitrit umgewandelt werden.

  • Das ist besonders für Babys gefährlich, weil es die Sauerstoffaufnahme im Blut hemmt.
  • Hämoglobin ist für den Sauerstofftransport im menschlichen Körper zuständig. Wird es durch Nitrit blockiert, droht dem Säugling eine akute Erstickungsgefahr.
  • Erwachsene sollten ein Zuviel an Nitrat vermeiden. Im Körper können sich krebserregende Nitrosamine bilden.

Wie kommt das Nitrat ins Wasser?

Gülle wird aus Gülletank auf Ackerfläche verspritzt (Foto: SWR)
Nitrat in Gewässern und im Grundwasser stammt meist aus Gülle, die in der Landwirtschaft eingesetzt wird.

Der Stoff ist wichtig für das Pflanzenwachstum. Viele Bauern setzen allerdings mehr Dünger ein als ihre Pflanzen aufnehmen können.

Aus dem überschüssigem Dünger bildet sich Nitrat, das durch tiefere Bodenschichten ins Grundwasser sickert.  In Gönnheim kommt noch eine geologische Besonderheit hinzu, erklärt Christian Staudt von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd:

"Die Gründe liegen insbesondere darin, dass wir hier ein sehr niederschlagsarmes Gebiet haben, mit sehr geringer Grundwasser-Neubildungsrate. Das bedeutet, dass praktisch im Boden verbleibendes Nitrat mit sehr wenig Wasser ausgewaschen wird und in die Grundwasserleiter kommt und damit zu hohen Konzentrationen führt."

Besonders in intensiv bewirtschafteten Regionen ist der Nitratgehalt sehr hoch - dort, wo Obst, Gemüse und Wein angebaut werden. In Rheinland Pfalz gilt das zum Beispiel im Bitburger Land, der Vorderpfalz und in Rheinhessen.

Christian Staudt, Struktur und Genehmigungsdirektion Süd Neustadt  (Foto: SWR)
Christian Staudt von der Struktur und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt kennt die Hintergründe des Nitrat-Problems.

"Das Grundwasser hat ein sehr langes Gedächtnis. Im Gegensatz zu den Fließgewässern, die sich in Tagen oder in kurzen Zeiträumen erneuern, dauert der Erneuerungszyklus beim Grundwasser Jahrzehnte. Und deswegen finden wir noch heute diese Belastungen, die ihre Ursache viele Jahre zurückliegend haben."

Was sagt das EU-Recht zu Nitrat im Grundwasser

Die Brüsseler Behörde setzte der Bundesregierung  eine letzte Frist von zwei Monaten, ehe der Fall erneut vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) landen könnte und Geldstrafen in Millionenhöhe drohen. Das teilten Bundesregierung und Kommission mit. Die Rede ist von Strafen in Höhe von bis zu 850.000 Euro pro Tag.

Die Bauern in der Pfalz und in Rheinhessen wehren sich gegen den Druck der EU zu verschärften Vorgaben beim Düngen ihrer Felder. Der Mahnbrief der EU-Kommission bedeute eine unnötige Belastung im laufenden Abstimmungsprozess für eine neue Düngeverordnung, kritisierte der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt. 

Wie kann Nitrat im Trinkwasser in Grenzen gehalten werden?

Achim Sünzenich, Wassermeister Wachenheim (Foto: SWR)
Für Achim Sünzenich, Wassermeister im pfälzischen Wachenheim, stellt die Nitratbelastung eine zunehmende Herausforderung dar.

Das Grundwasser wird von den Wasserwerken aufbereitet, so dass das Trinkwasser in der Regel die Grenzwerte einhält. Experten fürchten aber, dass es zunehmend teurer werden könnte, das Trinkwasser aufzubereiten.

Das in Gönnheim aus den Leitungen fließende Trinkwasser liegt mit weniger als ein Milligramm pro Liter deutlich unter dem EU-Grenzwert, teilt der Versorger "Friedelsheimer Gruppe" auf Anfrage mit. Der Grund: Das Gönnheimer Trinkwasser stammt aus dem Poppental bei Wachenheim und wird dort aus 120 Metern Tiefe gefördert.

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SWR Fernsehen