Weite Entscheidungswege hin zur Normalität

Kirche in Zeiten von Corona

Stand

Gottesdienste und religiöse Versammlungen in Kirchen, Moscheen und Synagogen dürfen künftig wieder stattfinden - unter strengen Auflagen.

Video herunterladen (11,4 MB | MP4)

Seit dem 16. März 2020 waren Gottesdienste und religiöse Versammlungen im Rahmen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen verboten. Von ersten Lockerungen, die am 16. April 2020 von der Bundesregierung beschlossen wurden, blieben sie weiterhin ausgenommen.

Am 27. April 2020 hat das Corona-Kabinett ein Konzept verabschiedet, wie Gottesdienste und religiöse Versammlungen in Kirchen, Moscheen und Synagogen künftig stattfinden können. Die Vorschläge der Religionsgemeinschaften über konkrete Schutzmaßnahmen sind darin eingeflossen.

Am 30. April 2020 haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten erneut über die Corona-Krise konferiert, in welcher Form Gottesdienste und andere religiöse Versammlungen wieder möglich sind. Die Entscheidung über die genaue Vorgehensweise ist allerdings Ländersache.

Einzelne Landesregierungen wie etwa Sachsen und Thüringen haben bereits erste Gottesdienste mit eingeschränkter Besucherzahl zugelassen. Die rheinlandpfälzischen Kirchenvertreter hatten sich am 17. April 2020 bei einer Telefonkonferenz mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer auf ein Ende der strikten Beschränkungen für Gottesdienste für Ende April geeinigt.

Ab dem 3. Mai 2020 werden Gottesdienste unter strengen Auflagen wieder möglich sein. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Dr. Georg Bätzing betonte, dass der gesundheitliche Schutz der Gläubigen bei der Wiederaufnahme des religiösen Lebens in Gottesdiensten und Seelsorge die zentrale Rolle spielen werde.

Taufzeremonie mit Gästen in einer Kirche (Foto: SWR)
Der Weg zur Normalität bei krchlichen Riten und Zeremonien ist noch weit.

Für Gläubige eine schwierige Zeit

Eine schwierige Zeit für gläubige Menschen seit dem 16. März 2020: keine Gottesdienste, abgesagte Taufen und Hochzeiten, Beerdigungen ohne Trauergäste. Und das in einer Krisenzeit, in der der Halt und die Seelsorge durch religiöse Gemeinschaften von den Gläubigen besonders gebraucht wird.

  • Sogar an Ostern - dem höchsten Fest im christlichen Kirchenjahr - an dem Christen die Auferstehung Jesu Christi feiern, konnten die Gläubigen nur über das Fernsehen oder Internet an Ostergottesdiensten teilnehmen.
  • Spätestens nach den ersten Lockerungen im öffentlichen Leben Mitte April wich das Verständnis für die drastischen Corona-Einschränkungen bei der Ausübung der Religionsfreiheit zunehmender Kritik unter den Gläubigen und Vertretern der Religionsgemeinschaften auch bei uns im Land.

Für Gläubige ist es wichtig, dass Gottesdienste wieder stattfinden

Die gläubigen Menschen haben gerade in Krisenzeiten das Bedürfnis gemeinsam zu beten und persönliche seelsorgerliche Begleitung zu bekommen.

Dies gilt für Gottesdienste aber auch im besonderen für Trauergottesdienste. Die Kirchen bestätigten, dass die stark eingeschränkte Möglichkeit, Kranke und Sterbende zu begleiten oder an der Beerdigung von Freunden und Verwandten teilzunehmen, zu den härtesten Folgen der Corona-Pandemie gehörten.

Auch der evangelische Pfarrer Michael Graebsch aus Nierstein hat in den letzten Wochen etwa durch telefonische Seelsorge erlebt, was seine Gemeindemitglieder bewegt.

  • Die gemeinsamen Gottesdienste besonders an Ostern wurden vermisst, die Menschen suchten nach Beratung und Trost.
  • Hochzeiten wurden abgesagt, weil die Paare nicht alleine feiern wollten,
  • Beerdigungen fanden ohne Trauergäste statt.
  • Und auch die Konfirmation, die normalerweise zwischen Ostern und Christi Himmelfahrt stattfindet, wurde abgesagt. Für seine Konfirmanten war das sehr enttäuschend.

Das sehen die Sicherheitskonzepte der beiden Landeskirchen vor

Normale Gottesdienste, bei denen die Gläubigen eng zusammen sitzen und gemeinsam singen, wird es zunächst nicht geben können. Denn für die Durchführung müssen strenge Hygieneregeln eingehalten werden.

Für die katholische Landeskirche hat das Bistum Trier am 27. April 2020 das Schutzkonzept "Schritt für Schritt" als Grundlage für gemeinschaftlich gefeierte Gottesdienste vorgelegt. Erste Priorität haben die Sonntagsmessen sowie Trauer-Gottesdienste.

Maßgeblich dafür sind die in Rheinland-Pfalz geltenden Bestimmungen für Versammlungen in geschlossenen Räumen, also der Mindestabstand zwischen zwei Personen von 1,50 Metern und maximal eine Person pro 10 Quadratmeter Fläche.

Der jeweils zuständige Pfarrer entscheidet mit den Gremien vor Ort, ob und in welchen Kirchen unter diesen Bedingungen Gottesdienste möglich sind.

  • Da die zulässige Anzahl der Mitfeiernden von der Fläche des Kirchenraumes abhängt, sollen Gläubige nur nach vorheriger Anmeldung im örtlichen Pfarrbüro am Gottesdienst teilnehmen können.
  • Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist Pflicht, zudem sollen Handdesinfektionsmittel bereit gestellt werden.
  • Hinzu kommen Regelungen für das Betreten und Verlassen der Kirche, optische Markierungen bzw. Absperrungen, gute Belüftung und die Desinfektion von Kontaktflächen.
  • Die musikalische Begleitung durch Chor oder Orchester, die Nutzung der Weihwasserbecken und die Mund- und Kelchkommunion bleiben weiterhin verboten.
  • Für die Teilnahme an der Eucharistie, also dem Empfang der Kommunion, gelten strenge Hygienevorgaben.

Auch für die evangelische Landeskirche hat der verantwortungsvolle Umgang mit Risiken und der Schutz von Gesundheit und Leben oberste Priorität bei der Gestaltung der Gottesdienste, so Dr. Christian Schad, Präsident der Evangelischen Kirche der Pfalz. Die Kirchen sollen sowohl den notwendigen Schutzanforderungen als auch dem Grundrecht auf freie Religionsausübung gerecht werden.

Pfarrer Michael Graebsch bereitet seine Niersteiner Kirche dementsprechend vor. Seine Kirche hat drei Eingänge, so dass er eine Einbahnstraße für die Besucher einrichten kann. Die Anzahl der Besucher wird kontrolliert, auch der Mund-Nasen-Schutz.

Zudem gibt es in der Kirche in Nierstein keine Bänke, so dass er die Stühle in einem Mindestabstand von 1,50 Meter aufstellen kann. Dass das gemeinsame Singen weiterhin verboten ist, findet er verständlich, aber schade. Denn Singen ist seiner Meinung nach Balsam für die Seele.

Das christliche Leben in den Gemeinden geht nur langsam los

Für Gottesdienste in Verbindung mit Bestattungen gelten dieselben Regeln wie für Sonntagsgottesdienste. Damit können nun auch Freunde und Bekannte unter Sicherheitsauflagen an den Trauerfeiern teilnehmen.

Normale Feiern von Taufe, Erstkommunion, Firmung, Konfirmation und Trauung sind mit Blick auf die staatlichen Vorgaben zur Versammlung größerer Gruppen bis auf weiteres nicht möglich.

Hier brauchen die Gläubigen weiterhin Geduld, bis weitere Lockerungsmaßnahmen von der Bundesregierung beschlossen werden und Ersatztermine wieder möglich sind. Das gilt auch für die Konfirmanden von Pfarrer Michael Graebsch in Nierstein.

So sieht es bei den anderen Glaubensgemeinschaften aus

Nicht nur Kirchen, sondern auch die Moscheen und Synagogen mussten ab dem 16. März 2020 geschlossen bleiben und haben für die schrittweise Lockerungen Sicherheits-Konzepte erarbeitet.

Die Synagogen im Land hatten während des jüdischen Pessach-Fest vom 8. bis zum 16. April 2020 geschlossen und konnten ihre Gottesdienste ebenfalls nur online zelebrieren.

Der Zentralrat der Juden hat nun ein Hygienekonzept vorgelegt, wie Gottesdienste in Synagogen gestaltet werden, so dass die Gesundheit aller Besucher in den jüdischen Gemeinden bestmöglichst geschützt werden kann.

Für die Muslime hat am 24. April 2020 der Fastenmonat Ramadan begonnen, in dem Gläubige aufgerufen sind, tagsüber zu fasten, um dann am Abend gemeinsam das Fasten zu brechen.

Trotzdem hat der Koordinierungsrat der Muslime beschlossen, dass die Moscheen bis Ende April 2020 geschlossen bleiben, um den Schutz und die Gesundheit jedes Einzelnen ins Zentrum zu stellen.

Imam sitzt vor Laptop und kommuniziert mit seinen Gläugigen online. (Foto: SWR)
Glaube online: Muslime halten den Kontakt zur Gemeinde über social media.

Dies hat auch Yilmaz Yildiz, der Landesvorsitzende von DITIB Rheinland-Pfalz, bestätigt. Einige Moscheen bieten das "Iftar to go" an, also die Lieferung von Essen zum abendlichen Fastenbrechen an die Gläubigen zuhause.

Für ihre Gemeinden entwickeln die muslimischen Verbände und Organisationen Schutzkonzepte, wie Gottesdienste unter Einhaltung der Abstands- und Hygienebestimmungen durchgeführt werden können.

Am 29.4. 2020 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Gottesdienste auch in der Corona-Krise nicht grundsätzlich verboten werden dürfen. Es müsse möglich sein, im Einzelfall und nach gründlicher Prüfung eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen.

Die Richter gaben dem Antrag eines muslimischen Vereins aus Niedersachsen Recht und setzten die Regelung in der dortigen Corona-Verordnung vorläufig außer Kraft. Der Verein wollte im muslimischen Fastenmonat Ramadan das Freitagsgebet in einer Moschee abhalten und hatte Schutzvorkehrungen angeboten.

Fazit

Stand
AUTOR/IN
SWR Fernsehen