Nur Applaus ist viel zu wenig

Weshalb Pflegekräfte mehr Geld verdienen sollten

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Pflegekräfte sind die Corona-Helden. Sie sind systemrelevant, sie riskieren ihre Gesundheit und kümmern sich um die Kranken, die Schwachen und die Alten. Doch ihr Gehalt entspricht nicht ansatzweise dem, was sie leisten, wie groß auch ihre Bedeutung für die Gesamtgesellschaft ist.

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Pflegekräfte verdienen so wenig, dass nur wenige junge Deutsche Pflegeberufe erlernen wollen. 80 Prozent aller Pfleger sind weiblich. Ein typischer Frauenberuf! Pflegeberufe sind sehr belastend: Schichtdienste, körperliche und psychische Belastungen. Hinzu kommt die geringe Anerkennung, nicht nur monetär, sondern auch gesellschaftlich. Deshalb gibt es einen so enormen Personalmangel, dass in der Fachliteratur vom "Pflegenotstand" die Rede ist.

Das war auch schon vor Corona so. Doch die Pandemie hat allen deutlich vor Augen geführt, was diese Berufsklasse leistet und wie wichtig sie für das Funktionieren einer Gesellschaft ist. Doch Applaus alleine reicht nicht.

Darum sind Pflegeberufe so schlecht bezahlt

Im Vergleich zu anderen Branchen gibt es für die Pflegebranche keinen einheitlichen Flächentarifvertrag, der für alle Pflegeberufe, also in Altenheimen, Krankenhäusern, aber auch in der ambulanten Pflege verbindlich wäre. So hat jede Einrichtung und jeder Träger ein eigenes Lohnsystem.

Am prekärsten ist es in der ambulanten Pflege

Pfleger in den ambulanten Diensten werden am schlechtesten bezahlt. In der ambulanten Pflege tummeln sich viele Akteure mit zum Teil undurchsichtigen Geschäftsmodellen. In der Vergangenheit wurden immer wieder Abrechnungsbetrügereien aufgedeckt. Viele Pflegekräfte kommen aus dem EU-Ausland und sprechen oftmals schlecht deutsch. Sie bekommen am wenigsten Gehalt. Allerdings läuft hier aufgrund der Sprachbarrieren die Absprache zwischen Pflegebedürftigen und Pflegepersonal auch nicht immer optimal.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass ambulante Pflegekräfte im Schnitt rund 900 Euro weniger verdienen als etwa Pfleger, die in Krankenhäusern angestellt sind. Auch Pfleger in Altenheimen verdienen vergleichsweise weniger.

Pflegerin wendet sich Patientin zu (Foto: SWR)
Zuwendung, Empathie und Fachkompetenz: Pflege braucht mehr als nur Stress-Resistenz.

Wer in einem Krankenhaus als Pflegekraft angestellt ist, hat es meist besser getroffen. Allerdings gilt auch hier zu unterscheiden: In Städtischen Krankenhäusern ist die Bezahlung besser als beispielsweise in Kliniken, die kirchlich getragen werden. So arbeiten in Bayern die Pflegekräfte in Diakonie-Krankenhäusern über 40 Stunden in der Woche, für die kommunal betriebenen Einrichtungen gilt dagegen die 38-Stunden-Regel.

So will der Gesetzgeber die Pflegeberufe finanziell attraktiver machen

Seit 2013 gibt es für Pflegekräfte einen Mindestlohn, allerdings in unterschiedlichen Ausprägungen:

  • Der Pflegemindestlohn beträgt aktuell 11,35 Euro in Westdeutschland und 10,85 Euro im Osten.
  • In privaten Haushalten gilt allerdings der allgemeine Mindestlohn, dieser leigt seit Januar 2020 bei 9,35 Euro.
  • Der Pflegemindestlohn für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen soll bis April 2022 spürbar auf bis zu 15,40 Euro ansteigen.

Der Pflegemindestlohn gilt dann für jede Einrichtung, egal ob in kirchlicher, städtischer oder privater Hand. Gerade Altenpflegeeinrichtungen sind zunehmend als Kapitalanlage in den Fokus vieler Unternehmen geraten, die ihre Kosten hauptsächlich übers Personal senken. Auch sie müssten den Pflegemindestlohn bezahlen.

Um den Beruf auch für jungen Menschen attraktiver zu machen, hat der Gesetzgeber außerdem die Aus- und Weiterbildung der Pflegeberuf deutlich ausgeweitet.

So soll die Corona-Prämie funktionieren

Als Zeichen der Wertschätzung hatte die Bundesregierung diesen Alltagshelden eine Corona-Prämie versprochen, auch den Pflegerinnen und Pflegern in der Republik: 1.500 Euro Bonuszahlung, steuerfrei. Doch bis heute ist nicht geklärt, woher das Geld kommen soll.

Corona-Kabinett mit Ministerinnen und Ministern in einem Sitzungssaal (Foto: SWR)
Wer übernimmt die Kosten der Prämien für Pflegekräfte? Es besteht Diskussionsbedarf.

Die Krankenkassen jedenfalls weigern sich und auch die Länder und Kommunen sind nicht begeistert davon, selbst in die Taschen zu greifen. Sie sagen lapidar: Der Bund hatte die Idee, also soll er auch dafür geradestehen. Jetzt haben Gesundheits- und Arbeitsministerium vorgeschlagen, zwei Drittel der Kosten sollten die Pflegekassen übernehmen, die Länder und Arbeitgeber das restliche Drittel. Es solle gesetzlich klargestellt werden, dass die Finanzierung dieser Prämien nicht den Eigenanteil der Pflegebedürftigen erhöhen dürfe, heißt es in einem Brief an die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Altenpflege.

Zudem wollen demnach in der zweiten Jahreshälfte 2020 Gesundheits- und Finanzministerium festlegen, in welchem Umfang die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung Zuschüsse des Bundes zur Stabilisierung der Beitragssätze erhält. Dann soll auch geklärt werden, wie die einmalige Prämie gegenfinanziert wird.

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SWR Fernsehen