Wenn der Knochenstoffwechsel gestört ist

Osteoporose - die unterschätzte Volkskrankheit

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Ein Viertel aller Frauen und sechs Prozent aller Männer über 50 Jahre erkranken an Osteoporose. Bei ihnen ist der Knochenstoffwechsel gestört - die Zellen bauen mehr Knochen ab, als sie aufbauen. In Deutschland gibt es knapp sechs Millionen Betroffene, damit ist der Knochenschwund mittlerweile zur Volkskrankheit geworden. Sechs Millionen - das sind geschätzte Zahlen. Denn oft bleibt die Krankheit unerkannt.

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So entsteht Osteoporose

Der Knochen ist ein lebendiges System, in dem die Balance zwischen den knochenabbauenden und den knochenaufbauenden Zellen stabil ist. Im Alter kann dieses System aus der Balance geraten. Wenn der Knochenstoffwechsel gestört ist, bauen die Zellen mehr Knochen ab, als sie aufbauen. Der Knochenabbau schreitet schneller voran - Osteoporose ist die Folge. Knochensubstanz wird löchrig, die Knochenmasse nimmt ab. Ganze Wirbelkörper können einbrechen.

Über 70 Prozent aller Osteoporose-Patienten sind Frauen

Das liegt an den Östrogenen, den wichtigsten weiblichen Sexualhormonen. Östrogen hemmt bei Frauen den Knochenabbau. In den Wechseljahren sinkt der Östrogen-Spiegel im Körper. Dadurch kann der Knochenabbau beschleunigt werden. Aber auch Männer können Osteoporose bekommen. Experten diagnostizieren die Krankheit meist bei Männern mit weiteren Beschwerden wie beispielsweise Testosteron-Mangel.

Die Rolle von Calcium und Vitamin C

Calcium ist wichtiger Stabilitätsgarant des Skeletts. Fehlt das Mineral, verliert der Knochen Kraft. Damit Calcium über unsere Nahrung aufgenommen und am Ende im Knochen eingelagert werden kann, braucht es Vitamin D. Ein Mangel dieses Sonnenhormons bedingt also auch einen Calcium-Mangel im Knochen.

Vitamin D wird nur teilweise über die Nahrung aufgenommen, vor allem aber wird es durch Sonnenlicht von unserem Körper selbst gebildet. Dafür muss unsere Haut genug Sonneneinstrahlung abbekommen. Im Alter verliert die Haut zunehmend die Fähigkeit, Vitamin D über die Sonneneinstrahlung zu generieren. Das Risiko, an Osteoporose zu erkranken, steigt.

Weitere Risikofaktoren für Osteoporose

Es gibt neben dem Alter und dem weiblichen Geschlecht weitere Risikofaktoren, die eine Erkrankung an Osteoporose wahrscheinlicher machen. Die Veranlagung für Osteoporose kann zum Beispiel vererbt werden. Bestimmte Krankheiten erhöhen ebenfalls das Risiko Osteoporose zu bekommen. Wer regelmäßg bestimmte Medikamente, beispielsweise Cortison, einnimmt, ist gefährdeter. Alkohol- und Nikotinkonsum können zudem Löcher in den Knochen fressen.

Arzt demonstriert Knochenschwund. Intakte Knochesubstanz neben porösem Exponat (Foto: SWR)
Die Folgen gestörten Knochenstoffwechsels: Knochenschwund. Der Substanzverlust gefährdet die Stabilität des Bewegungsapparats.

Diese Anzeichen könnten auf eine Osteoporose hindeuten

Osteoporose tut nicht weh, das ist das Tückische an der Krankheit. Wenn man sie erst bemerkt, weil Knochen brechen, ist es schon zu spät für eine prophylaktische Behandlung. Es gibt aber Anzeichen, die auf eine Osteoprose hinweisen können. Neben den Risikofaktoren sind das beispielsweise chronische Rückenschmerzen - und Haltungsverlust. Ein Rundrücken oder - bei älteren Patientinnen - ein sogenanntes Osteoporose-Bäuchlein sind ebenfalls oft Folge des krankhaft veränderten Skeletts. Wenn die Knochenveränderungen den Brustkorb betreffen, kann auch Luftnot ein Zeichen für Osteoporose sein.

"Wächterbrüche" sind Warnsignal

Typische sogenannte „Wächterbrüche“ weisen ebenfalls auf die Krankheit hin. Das sind beispielsweise Frakturen am Handgelenk. Auch Wirbelbrüche oder ein Bruch des Oberschenkelhalsknochens gehört dazu.

Wer eine Osteoporose bei sich vermutet, sollte sich an eine Praxis mit osteologischem Schwerpunkt wenden. Hier arbeiten zertifizierte Ärztinnen und Ärzte, die sich schwerpunktmäßig um Patienten mit osteologischen Erkrankungen, d.h. um Erkrankungen des Knochens, kümmern.

So wird Osteoporose behandelt

Patienten erhalten in der Regel Medikamente, die den Knochenabbau hemmen. In besonders schweren und fortgeschrittenen Fällen werden auch Präparate zum Knochenaufbau verabreicht. Patienten, die die Präparate regelmäßig und nach ärztlicher Anweisung einnehmen, haben oft schon nach einem Jahr ein um 70 Prozent geringeres Risiko, einen Knochenbruch zu erleiden. Ein außergewöhnliches Ergebnis!

Beim Verdacht auf Osteoporose wird der Arzt im Rahmen der Untersuchung auch ein Blutbild machen. Wenn dabei ein Vitamin D-Mangel nachgewiesen wird, muss der Speicher durch hochdosierte Vitamin D-Präparate aufgefüllt werden. Der Arzt entscheidet über die individuelle Menge und Dauer der Einnahme.

Vitamin D nicht ohne ärztliche Begleitung einnehmen

Experten raten übrigens von der Selbstmedikation mit Nahrungsergänzungsmitteln ab. Freiverkäufliche Vitamin D-Präparate sind oft unterdosiert und helfen nicht. Oder sie greifen negativ in den Stoffwechsel ein und können so die Gesundheit schädigen. Wer also einen Vitamin D-Mangel bei sich vermutet, sollte seinen Wert beim Arzt bestimmen lassen. Dies ist meist kostenpflichtig. Wenn aber ein Mangel festgestellt wird, übernimmt die Kasse in der Regel die Kosten für die Behandlung.

Auch die richtige Ernährung ist wichtiger Bestandteil der Therapie - Patienten wird die Aufnahme von 1000 Milligramm Calcium täglich empfohlen. Etwa über zwei Flaschen calciumhaltiges Mineralwasser pro Tag. Auch Milchprodukte enthalten viel Calcium. Ebenso hilfreich sind frisches Gemüse, vor allem grünes Blattgemüse, oder Obst. Experten raten außerdem zu proteinhaltiger Nahrung. So unterstützt beispielsweise Molke oder auch rotes Fleisch den Muskelaufbau.

Lebensmittel mit viel Kalzium. (Foto: Getty Images, Thinkstock -)

Ein weiterer essenzieller Teil der Osteoporose-Behandlung ist die regelmäßige Bewegung. Denn Muskeln und Knochen bilden im Körper ein sich gegenseitig beeinflussendes System. Wenn der Muskel trainiert wird, unterstützt das auch die Gesundheit des Knochens. Osteoporose-Patienten wird daher häufig Krafttraining empfohlen.

Aber auch regelmäßiges Laufen und sogar gemütliches Spazierengehen - alles am besten an der frischen Luft und im Tageslicht - sind wichtige Bausteine im Kampf gegen die Krankheit. Viele Selbsthilfegruppen bieten außerdem speziellen Osteoporose-Sport an.

Auch um Osteoporose vorzubeugen, hilft regelmäßige Bewegung oder Sport im Freien. Das trainiert das Muskel- und Skelettsystem und regt gleichzeitig die Vitamin D-Produktion an. Dafür reichen oft schon 10 Minuten täglich, allerdings ohne UV-Schutz. Die Sonnencreme also am besten erst nach dem kurzen Sonnenbad auftragen.

Gesundheit Gendermedizin – Frauen sind anders krank

Frauen leiden mehr als Männer unter Osteoporose, Depressionen und Autoimmunkrankheiten. Ihr Herz reagiert bei einem Infarkt anders. Trotzdem leben sie deutlich länger als Männer.

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