Wenn uns online nur das angezeigt wird, was wir sehen wollen

Netzwelt: Darum können Filterblasen gefährlich werden

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Wir alle suchen Informationen im Internet. Dabei sorgen Algorithmen dafür, dass wir möglichst passgenaue Inhalte präsentiert bekommen. Ein Phänomen, das problematisch werden kann.

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Auf unserem Weg durch das Internet hinterlassen wir Nutzer wertvolle Informationen. Suchmaschinen oder Plattformen nutzen diese gezielt, um uns auf unser Nutzerverhalten zugeschnittene Inhalte präsentieren zu können - auch mit dem Ziel, uns möglichst lange auf einer Plattform, in einem sozialen Netzwerk oder bei einem Suchmaschinen-Anbieter halten zu können.

Sogenannte Algorithmen bestimmen dort, was uns gefallen könnte, welche Meinungen wir höchstwahrscheinlich teilen, welchen politischen Parteien wir nahe stehen, was wir gerne in unserer Freizeit machen.

Informationsvielfalt leidet unter Algorithmen

Angesichts dieser Berechnungen werden uns dann im Netz entsprechende Beiträge angezeigt. Eine Art "Infoblase" entsteht. Und: Die Informationsvielfalt, die jeder von uns ja eigentlich bräuchte, um sich eine ausgewogene Meinungen bilden zu können, kommt so oft zu kurz.

Kritisch wird es dann, wenn wir aus so einer Blase nicht mehr ausbrechen können, sagt Kommunikationswissenschaftler Professor Michael Scharkow von der Universität Mainz.

"Im schlimmsten Fall höre ich gar nichts anderes mehr und bekomme nichts mehr mit, was nicht meinen Meinungen oder Wünschen oder Vorstellungen über die Welt entspricht."

Filterblasen sind kein reines Online-Phänomen

Filterblasen entstehen dann, wenn wir nur noch Informationen bekommen, die mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmen oder kompatibel sind. Dass Informationen generell gefiltert werden, ist per se nichts Schlechtes und sogar notwendig.

"Gefiltert wird immer, wir können nie alle Infos aufnehmen, die in der Welt um uns herum existieren."

So können auch Zeitungen oder das Fernsehen nicht alle Ereignisse, die es in der Welt gibt, abbilden. Und auch in unserem privaten Umfeld bewegen wir uns in Filterblasen, sagt Michael Scharkow. Und weiter:

"Die klassische Filterblase ist, dass ich mich meist nur mit Leuten unterhalte, die mir sehr ähnlich sind. Das sind zum Beispiel meine Familienmitglieder, die vielleicht sogar im gleichen Haushalt wohnen oder meine Freunde, die waren vielleicht alle auf der gleichen Schule wie ich. Also auch da ist die Vielfalt an Ideen und Informationen begrenzt."

Wie Algorithmen Filterblasen schaffen können

Der Begriff Filterblase ist so zum ersten Mal 2011 aufgetaucht. Etabliert hat ihn der amerikanische Politaktivist Eli Pariser in seinem Buch "Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden". Ausgelöst wurde sein Interesse für das Thema, als ihm auf Facebook von seinen konservativen Bekannten immer weniger Postings angezeigt wurden.

Im Internet entscheiden Algorithmen, was wir angezeigt bekommen und was nicht. Das gilt sowohl für Soziale Netzwerke als auch für Suchmaschinen. Filterblasen entstehen dort basiert auf den Informationen, die wir der Plattform bewusst oder auch unbewusst über uns preisgeben.

Bei der Suchmaschine Google spielt da vor allem die Standort-Information eine Rolle. Wenn wir diese Information für die Plattform freigegeben haben, wird uns zum Beispiel bei dem Suchwort „Wetter“ automatisch das Wetter von dem Ort angezeigt, in dem wir uns gerade aufhalten.

"Danach kommt dann die Personalisierung, dass in meiner eigenen Suchhistorie geschaut wird nach Dingen, die ich schon mal geschaut habe und die ich prioritär zur Verfügung gestellt bekomme."

Auch Soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram beobachten, wie wir auf welche Inhalte reagieren und spielen uns entsprechend ähnlichen Inhalt (Content) in die Timeline. Wenn wir uns mit Freunden und Bekannten auf der Plattform verbinden, heißt das nicht, dass wir von allen gleich viele Postings angezeigt bekommen, beobachtet auch Michael Scharkow: "Die Leute, mit denen ich am häufigsten in der Form interagiere, werden dann natürlich in den Suchergebnissen oder in der Timeline höher gerankt als Leute, mit denen ich nie etwas zu tun habe."

Gefährliche Filterblasen - nur ein Mythos?

In den Medien werden Filterblasen oft in einem kritischen Zusammenhang erwähnt. Es gibt die Theorie, dass sich immer mehr Menschen online in Filterblasen bewegen und so intoleranter gegenüber anderen Meinungen werden.

Problematisch sei das vor allem, wenn es um politische Themen geht und so etwa Wahlen beeinflusst werden können. Auch gibt es den Vorwurf, dass sich manche Menschen schneller von extremen oder radikalen Meinungen überzeugen lassen, weil sie durch die Algorithmen immer tiefer in diese Themenfelder hineingezogen werden.

Die Logos der Social-Media-Plattformen WhatsApp (l-r), Twitter, TikTok, Microsoft Teams, Clubhouse, Facebook, Instagram, Slack und Telegramm sind auf einem iPhone zu sehen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Christoph Dernbach)
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Ob das jedoch wirklich ein weitreichendes Phänomen ist, sei derzeit nicht hinreichend belegt, sagt Kommunikationswissenschaftler Michael Scharkow:

"Natürlich kann man nicht in Abrede stellen, dass es für einzelne Personen oder auch Personengruppen sowas geben kann, die auch sehr stark ihre eigene Timeline nach diesen Kriterien pflegen und dann radikal zum Beispiel Leute ausblenden, die zum Beispiel nicht mit ihrer Meinung übereinstimmen, aber wir sehen das eigentlich kaum, dass das ein breiteres Phänomen ist."

So können wir aus Filterblasen ausbrechen

Kontrollieren können wir die Algorithmen der Plattformen natürlich nicht. Und doch gibt es die Möglichkeit, aktiv dafür zu sorgen, dass uns das Spektrum an Information angezeigt wird, welches wir gerne hätten. So kann man zum Beispiel auf den Plattformen entsprechend verschiedene Nachrichtenseiten abonnieren.

"Das Wichtigste ist das Bewusstsein für die eigenen Selektionsprozesse. Das heißt, wir sollten öfter mal darauf achten, was ich von den Sachen, die mir angeboten werden, anklicke."

Es gilt: Bewusst nach Informationen suchen und sich nicht ausschließlich von Empfehlungen treiben lassen.

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SWR Fernsehen