Apotheken schlagen Alarm

Warum die Corona-Krise Medikamente noch knapper macht

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Den Apotheken gehen Medikamente aus. Weil vieles aus Asien geliefert wird, fehlt zur Zeit der Nachschub.

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"Haben wir nicht mehr" oder "ist zurzeit nicht lieferbar" – solche Sätze haben Kunden in deutschen Apotheken auch vor Corona schon oft gehört: Solchen Ärger auf Rezept gibt es immer wieder. Nach Aussage von Apotheker Jakob Faller von der "Apotheke in der Med" in Mainz fehlen hunderte Medikamente. Das Problem ist schon seit vielen Jahren bekannt, gelöst wurde es bisher aber nicht.

Durch die Corona-Krise werden die Mängel einer globalisierten Wirtschaft besonders deutlich, die vor allem aus Kostengründen im Ausland produziert. Die Auswirkungen der globalen Wirtschaftsweise auf die Apotheken in Rheinland-Pfalz könnte sich, wenn nicht jetzt gehandelt wird, durch das Corona-Virus noch verschärfen.

Was die Verfügbarkeit von Medikamenten gefährdet

Auf dem Weltmarkt produzieren Indien und China die meisten Arzneimittel und Wirkstoffe. Werden dort die Qualitätsstandards nicht eingehalten, fehlen in deutschen Apotheken wichtige Medikamente.   

Erschwerend kommt jetzt hinzu, dass China weltweit der größte Produzent von Wirkstoffen ist. Indien bezieht 70 Prozent seiner Wirkstoffe von hier. Wegen der Corona-Krise kann China aber nicht mehr liefern. Indische Medikamentenhersteller haben Wirkstoffe deshalb nur noch für ein paar Monate. Welche Auswirkungen die momentane Lieferunfähigkeit der Chinesen letztendlich haben wird, lässt sich noch nicht seriös voraussagen. Die Anfälligkeit des globalen Handels hat auch die Bundesregierung inzwischen erkannt: Sie möchte jetzt größere Transparenz bei Lieferketten und mehr in Deutschland zu produzieren. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn strebt zudem noch eine europäische Lösung an.

Nicht Lieferbar, Medikamente (Foto: SWR)
Bei vielen Medikamenten lesen die Apotheken nur noch "nicht lieferbar". Das ist besonders problematisch bei Medikamenten, die nur von einem Hersteller produziert werden.

Günstige Herstellungskosten bestimmen das Produktionsland

Da die Hersteller billig produzieren müssen, wird die Produktion nach Asien ausgelagert. Der Nachteil dieser Entwicklung ist, dass eine kostendeckende Produktion von Medikamenten in Hochlohnländern wie Deutschland nicht möglich ist. Die Dumpingpreise chinesischer Hersteller hat zum Beispiel dazu geführt, dass in Frankfurt Höchst eine Antibiotika-Fabrik vor drei Jahren schließen musste.  

Für die Krankenkassen und Kunden sind billige Produkte ein Vorteil. Durch sogenannte Rabattverträge können die Kassen zudem jährlich circa 4,5 Milliarden sparen. Durch immer neue Rabattverträge für Generika, also für Nachahmerprodukte, können Patienten durch immer neue Packungen und Namen verwirren. Es kann zu Medikationsfehlern kommen. Die Krankenkassen zahlen in der Regel nur das rabattierte Produkt. Für Originalpräparate müssen Patienten die Mehrkosten selbst übernehmen. Das können Hunderte von Euro sein.

Was man gegen die Medikamentenknappheit tun kann

Die Firma Boehringer in Ingelheim gehört zu den wenigen, die in Deutschland und in Europa produzieren: Sie hat keine Probleme mit Lieferengpässen. Sie tritt ganz entschieden für eine europäische Wirkstoff- und Medikamentenproduktion ein und verlangt, dass die Krankenkassen dies auch bezahlen.

Die Krankenkassen möchten aber auf die Rabattverträge nicht verzichten. Sie gehen auf Nummer sicher und schließen mittlerweile nicht nur mit einem, sondern mit mehreren Herstellern Rabattverträge für ein und dasselbe Medikament ab. Genau wie die Bundesregierung wollen Krankenkassen nun auch mehr Transparenz für Lieferketten und Meldepflichten für Engpässe.

Fazit

 

Arzneimittelknappheit Wenn Medikamente nicht erhältlich sind

Es gibt rund 50.000 Medikamente auf dem deutschen Markt, und häufiger als früher sind phasenweise welche nicht im Handel erhältlich. Im Jahr 2018 waren es 264 Medizinprodukte, die betroffen waren.

Landesschau Rheinland-Pfalz SWR Fernsehen RP

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SWR Fernsehen