Steigende Kosten und Personalmangel

Das bedeutet die neue Pflegereform

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Bessere Bezahlung, attraktiver Beruf und Entlastung für Pflegebedürftige - das waren die Schlagzeilen, mit denen das Bundesgesundheitsministerium die "Pflegereform" bewarb. Jetzt hat der Gesetzesentwurf den Bundestag passiert und wird 2022 in Kraft treten.

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Bezahlung nach Tarifvertrag wird Pflicht

Neu ist, dass Pflegekräfte nach Tarif bezahlt werden müssen. Ansonsten können Pflegeeinrichtungen nicht mit der Pflegekasse abrechnen. Das Problem allerdings ist: Es gibt keinen Tarifvertrag für die rund 600.000 Beschäftigen in der Altenpflege, die nicht in einer kommunalen oder kirchlichen Einrichtung arbeiten. Die Caritas hat im Frühjahr 2021 die Tarifverhandlungen verlassen. Und weil es immer noch keinen Tarifvertrag gibt, schreibt das Gesetz vor, dass die Bezahlung von Pflegekräften sich an "ortsüblichen" Tarifen in der jeweiligen Region orientieren muss.

Das sind "ortsübliche Tarife"

"Ortsübliche" Tarife meint in der Regel den Pflegemindestlohn, der aktuell für eine Pflegefachkraft bei 15 Euro die Stunde liegt. Die Gewerkschaft verdi, die mit am Verhandlungstisch saß und für einen Flächentarifvertrag für Pfleger*innen gekämpft hatte, befürchtet, dass Pflegeeinrichtungen ein leichtes Spiel haben, höhere Bezahlung zu umgehen.

"Es gibt ganze Landstriche, in denen die privaten Pflegeeinrichtungen den "ortsüblichen" Lohn unter sich ausmachen. Und wir befürchten, dass dort Gefälligkeitsverträge gemacht werden."

Entlastung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen

Laut Pflegereform sollen auch die Eigenanteile von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sinken. Heute schon ächzen viele Familien unter der Last der Pflegekosten. Das Gesetz sieht nun vor, dass der Eigenanteil ab dem ersten Jahr mit fünf Prozent von der Pflegekasse bezuschusst wird und anschließend stufenweise

  • im Jahr zwei mit 25 Prozent
  • im Jahr drei mit 45 Prozent
  • im Jahr vier mit 70 Prozent

SWR-Pflegeexperte Gottlob Schober sagt, dass sei Augenwischerei. Denn die meisten Pflegebedürftigen kämen ins Heim, wenn sie schon sehr krank und stark pflegebedürftig seien, sodass viele im vierten Jahr nicht mehr leben.

Die Kosten für Unterbringung im Heim und die Verpflegung müssen nach wie vor von den Betroffenen getragen werden und diese werden nicht bezuschusst. Aktuell zahlen Betroffene im Bundesdurchschnitt rund 2.070 Euro laut Stiftung Patientenschutz, gerade mal 830 Euro davon sind für die reine Pflege.

Pflegereform (Foto: SWR)
Aktuell zahlen Betroffene im Bundesdurchschnitt rund 2.070 Euro laut Stiftung Patientenschutz, gerade mal 830 Euro davon sind für die reine Pflege.

Auch die Finanzierung wird kritisiert

So will der Bund jährlich eine Milliarde Euro den Pflegekassen überweisen. Außerdem soll der Pflegebeitrag für Kinderlose um 0.1 Prozentpunkte steigen. Damit sollen auch 40.000 neue Stellen in der Pflege geschaffen werden, doch es fehlen schon 114.000 Pfleger.

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SWR Fernsehen