Frankreich und Italien haben sie schon längst eingeführt: landesweite Ausgangssperren. Auch bei uns werden die Rufe danach immer lauter – nicht zuletzt, weil eine große Zahl von Unverbesserlichen sich nicht an die Anweisungen und Empfehlungen der Behörden und Virologen hält. Am 20. März hat die Landesregierung die Bewegungsfreiheit der Rheinland-Pfälzer zumindest weiter eingeschränkt.
Unbeschwert sitzen die Menschen in Grüppchen in Parks, Cafés oder treffen sich gar zu Corona-Partys. So das Bild - auch in Rheinland-Pfalz - bis zum 20. März. An diesem Tag verkündet Ministerpräsidentin Malu Dreyer das Verbot für Ansammlungen von mehr als fünf Rheinland-Pfälzern - aber noch keine Ausgangssperre. Über diese wird laut SWR-Informationen am Sonntag zwischen Kanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten beraten. Möglicherweise wird die Bundesregierung sie dann verhängen, wenn sie keine andere Wahl mehr sieht. Juristisch ist das allerdings nicht so einfach.
Darum gibt es keine bundesweite Notstandsgesetzgebung
Eigentlich gibt es keine rechtlichen Grundlagen für landes- oder bundesweite Ausgangssperren. Das würde nämlich gegen Artikel 11 des Grundgesetzes verstoßen, in dem es heißt: "Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im gesamten Bundesgebiet." Die Freizügigkeit des Einzelnen kann jedoch laut Artikel 11 durch das Gesetz zur Seuchenabwehr eingeschränkt werden.
Das regelt wiederum das Infektionsschutzgesetz. Bislang sind dort aber nur Quarantänemaßnahmen für Infizierte und ansteckungsverdächtige Kontaktpersonen festgelegt. Quarantäne oder Ausgangssperre für unverdächtige Gesunde oder gar die gesamte Bevölkerung sind darin nicht geregelt.
Ganz bewusst verzichteten die Verfasser unseres Grundgesetzes nach dem zweiten Weltkrieg auf eine bundesweite Notstandsgesetzgebung, da zuvor Adolf Hitler mit Hilfe einer Notstandsgesetzgebung die Macht ergriffen hatte.
Darauf könnte eine Ausgangssperre rechtlich basieren
Nach Ansicht von Verfassungsrechtlern müsste das Infektionsschutzgesetz erst vom Bundestag geändert werden, wenn es als Grundlage für eine Ausgangssperre herangezogen werden soll.
Selbst wenn der Bundestag das im Schnellverfahren machen sollte, würde das mit Sicherheit einige Tage oder Wochen dauern, bis die Änderung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und damit wirksam wäre.
Um eine explosionsartige Verbreitung des Coronavirus und ein Zusammenbrechen des Gesundheitssystems zu vermeiden, könnten die Bundesländer aber schon jetzt auf das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz zurückgreifen. Im Rahmen der allgemeinen Gefahrenabwehr könnten die Behörden vor Ort Ausgangssperren durchsetzen.
So würde eine Ausgangssperre umgesetzt
Für die Durchsetzung einer Ausgangssperre wären die Bundesländer verantwortlich, genauer die Polizei und Ordnungsbehörden der Städte und Landratsämter. Ob der Bund die Landespolizei mit Beamten der Bundespolizei unterstützen darf, ist fraglich. Ein Einsatz der Bundeswehr als Hilfspolizei ist ausgeschlossen. Die Bundeswehr darf nur im Rahmen der Amtshilfe technische oder logistische Hilfe leisten. Das wird sie sicher auch in dieser Krise machen, zum Beispiel indem sie medizinisches Personal und Material zur Verfügung stellt.
Bei Verstößen gegen eine Ausgangssperre drohen Ordnungsgelder oder sogar Haftstrafen. Bei Verstößen gegen das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten, die meist mit Geldbußen geahndet werden.
Ein Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz ist eine Straftat. Hat die Zuwiderhandlung die Verbreitung einer ansteckenden Krankheit zur Folge, kann das mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden.